fdoell
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Re: Honorarzone, Mindestsat, Nachlass
Mehrfach wurde durch die Rechtsprechung entschieden, dass die Honorarzone objektiv anhand des Vertragsgegenstands festzulegen und z.B. in einem VOF-Verfahren keine Verhandlungssache ist (z.B. VK Bund, Beschluss vom 22.8.2001 - VK 2 - 24/01 und 26/01 oder BGH Urteil vom 13.11.2003 - VII ZR 362/02). Dabei kommt es auf eine objektive Beurteilung der für die Bewertung maßgeblichen Kriterien an. Soweit allerdings die Parteien im Rahmen des ihnen durch die HOAI eröffneten Bewertungsspielraums eine vertretbare Festlegung der Honorarzone vorgesehen haben, ist dies vom Richter regelmäßig zu berücksichtigen.
Damit ist gemeint, dass bei einer Punktebewertung zur Honorarzonenfestlegung eingeräumt wird, dass ein gewisser subjektiver Beurteilungsspielraum vorliegt, der im Ergebnis zu 1 oder 2 Punkten mehr oder weniger führen kann. Liegt das Ergebnis an einer Grenze zwischen 2 Honorarzonen und wurde ein solcher Beurteilungsspielraum nicht überschritten, ist auch ein Gericht an eine Vereinbarung über eine der beiden Honorarzonen gebunden.
Ansonsten ist die Beurteilung der Honorarzone eine Rechtsfrage (BGH 14.06.2007 - VII ZR 184/06) und letztlich nach dem realisierten Vertragsgegenstand zu bestimmen (BGH 12.07.2007 - VII ZR 138/06). Hieraus ergibt sich, dass die Honorarzone keinesfalls Verhandlungssache ist, sondern sich immer aus der gestellten Aufgabe ergibt.
in Ihrem Fall handelt es sich um eine Tragwerksplanung, die keine Punktebewertung zur Honorarzonenbestimmung kennt. Vielmehr sind gem. § 52 Abs. 2 HOAI nach dem statisch-konstruktiven Schwierigkeitsgrad anhand der in Anlage 14 Nummer 14.2 dargestellten Bewertungsmerkmale zu ermitteln. Die Honorarzone der Tragwerksplanung hat also auch nichts mit dem Planungsentwurf in gebäudeplanerischer Hinsicht und der Honorarzone der Gebäudeplanung zu tun, sondern befasst sich ausschließlich mit dem Schwierigkeitsgrad der Konstruktion, d.h. letztlich dem Umfang der hierfür zu führenden Nachweise.
Da im vorliegenden Fall ein Aufzug ein- oder anzubauen ist, ist vermutlich auch vorhandene Bausubstanz in die Nachweise einzubeziehen, deren Kosten insofern anrechenbar werden. Das bedeutet aber auch, dass sich die Honorarzone aus einer Mischung der neuen Aufzugskonstruktion und der vorhandenen nachzurechnenden Plattenbaukonstruktion ergibt. Hierzu verordnet § 52 Abs. 3 HOAI: "Sind für ein Tragwerk Bewertungsmerkmale aus mehreren Honorarzonen anwendbar und bestehen deswegen Zweifel, welcher Honorarzone das Tragwerk zugeordnet werden kann, so ist für die Zuordnung die Mehrzahl der in den jeweiligen Honorarzonen nach Absatz 2 aufgeführten Bewertungsmerkmale und ihre Bedeutung im Einzelfall maßgebend."
Der Honorarsatz ist (wie auch die Nebenkostenvergütung) frei verhandelbar; ein Umbauzuschlag von 0% kann ebenfalls schriftlich bei Auftragserteilung wirksam vereinbart werden.
In Ihrem Fall ist damit die Frage nach der Honorarzone evtl. nicht allein entscheidend für die Frage des wirtschaftlichsten Angebots. Trotzdem sind natürlich Ihre Fragen berechtigt.
Korrekt wäre, dass ein AG mit der Leistungs- und Honoraranfrage sowohl eine (begründete) Honorarzone als auch vorläufige anrechenbare Kosten für die zu planenden Anlagen und die mitverarbeitete Bausubstanz vorab objektiv ermittelt und die Preisverhandlungen auf die legal variablen Kriterien Honorarsatz, Umbauzuschlag und Nebenkostenvergütung sowie ggf. die Vergütung Besonderer Leistungen konzentriert.
Wenn Sie überzeugt sind, dass die Honorarzone mit II falsch ermittelt wurde, können Sie das formell beim AG rügen und ggf. (falls er der Rüge nicht befriedigend abhilft) der Vergabeprüfstelle des öffentlichen Auftraggebers vortragen. Dazu würde dann ggf. gehören, die Kriterien zur richtigen Honorarzonenbestimmung nach HOAI vorzutragen. Ob das zu einem Auftrag für Sie führt, ist aber damit überhaupt noch nicht gesichert, da wie gesagt die anderen genannten Kritereien beim Preis ebenfalls eine gewichtige Rolle spielen.
Sie können möglicherweise eine Menge tun, um den Auftrag noch zu bekommen. Wenn Sie aber den anderen Bieter mit einer unrichtigen Honorarzone noch unterbieten wollen nur um des Auftrags willen, wofür dann hier die Beschwerde?
Genau dieses Verhalten will die HOAI eigentlich vermeiden, weil es in selbstzerstörerischer Wiese die Wirtschaftlichkeit der Planungsbüros untergräbt. Außerdem ist es auch nicht gut für den AG: wer als Planer wenig Geld erhält, hat auch keine Zeit für Planungsruhe (und hört früher mit dem wirtschaftlichen Denken auf), kein Geld für Fortbildung usw.
Alter Satz von mir an ein Ministerium (auf die Frage, wie man das Bauen in den Gemeinden wirtschaftlicher machen könne): Verbreiten Sie die Erkenntnis, dass 5.000 Mark in "Gehirnschmalz" (Ingenieurleistung) gesteckt, um 50.000 Mark Baukosten zu sparen, eine wirtschaftliche Investition ist! Bekanntlich wird genau diese Überlegung eher weniger verbreitet. Dabei weiß doch der Volksmund schon lange: wer billig plant, baut teuer!
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Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
HOAI-Sachverständiger
www.doellconsult.de
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