fdoell
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Re: Rechnungsprüfung
Liebe Kollegen,
im HOAI-Kommentar Hesse/Korbian/Mantscheff/Vygen ist zu HOAI § 15 unter Rdn. 176 ausgeführt:
... Bei der Rechnungsprüfung muß der Architekt auch Sonderkonditionen berücksichtigen, wie z.B. Preisnachlässe, mit Recht abgezogene bzw. abzuziehende Skonti, usw. Andererseits ist er weder berechtigt noch verpflichtet, Fehler aus Auslassungen in der betreffenden Rechnung des Auftragnehmers zu Lasten des Auftraggebers zu korrigieren, da der Architekt als Sachwalter des Auftraggbers nicht die Interessen des ausführenden Unternehmens wahrzunehmen hat, zumal dieser an seine einmal erteilte Schlußrechnung gebunden sein kann (vgl. hierzu BGH BauR 1978, 145 = NJW 1978, 994; Lenzen BauR 1982, 23 m.w.N.; anders beim VOB-Vertrag, BGH BauR 1988, 217 = NJW 1988, 910). Anders jedoch dann, wenn es sich um eine bloß inhaltliche Korrektur mit gleichbleibendem rechnerischen Endergebnis handelt.... Ferner hat die Rechnungsprüfung nur Wirkung für das Vertragsverhältnis zwischen Bauherr und Architekt, nicht aber für die vertraglichen Beziehungen zwischen dem Bauherrn und dem Unternehmen. Daher bedeutet der Prüfvermerk des Architekten auf den von ihm geprüften Rechnungen, insbesondere der sog. Richtigkeitsvermerk, noch kein Anerkenntnis des vom Architekten festgestellten Rechnungsbetrages im Verhältnis des Auftraggebers zu dem betreffenden Unternehmer ()...
Aus einem Skriptum zum Thema "Privates Bau- und Architektenrecht" des RAs Dr. Michael Sattler, Lehrbeauftragter an der Fachhochschule Dortmund, Fachbereich Architektur ist zu der VOB-Ausnahme zu entnehmen:
"Mit der Schlussrechnung soll die gesamte von einem Unternehmer erbrachte Bauleistung abgerechnet werden. Das heißt jedoch – anders als beim Architektenhonorar - nicht, dass Nachforderungen, außer im Falle des § 16 Nr. 3 (2) VOB/B („vorbehaltlose Annahme der Schlusszahlung“), ausgeschlossen wären."
§ 16 Nr. 3 (2) VOB/B lautet: "Die vorbehaltlose Annahme der Schlußzahlung schließt Nachforderungen aus, wenn der Auftragnehmer über die Schlußzahlung schriftlich unterrichtet und auf die Ausschlußwirkung hingewiesen wurde".
In Konsequenz lautet daher unter Berücksichtigung der og. Kriterien eine Empfehlung im Klartext: ist der vom Architekt (oder Ingenieur) geprüfte Rechnungbetrag höher als der vom Unternehmer in Rechnung gestellte, sollte der Architekt als Sachwalter des Bauherren diesen gem. seinem Treueverhältnis über diesen Sachverhalt informieren, die geprüfte Rechnung zunächst nur an den Bauherren weiterleiten und dieser ggf. dann die geforderte Summe überweisen und ein Schreiben bzg. der vorbehaltlosen Annahme an den Auftragnehmer senden. Sollte dieser bis dahin nicht bemerkt haben, dass seine Rechnung eigentlich zu niedrig war, und er die Schlußzahlung vorbehaltlos annehmen (wenn er denn nicht durch ein solches Schreiben Wind gerochen hat), darf der Bauherr sich mit der Zahlung der geforderten Summe zufrieden gaben. Merkt jedoch der Unternehmer irgendwann, dass sein Rechnungsbetrag eigentlich zu niedrig war, darf er die richtige Summe bei einem VOB-Vertrag nachfordern. In diesem Fall bleibt dem Auftraggeber wohl nichts anderes übrig, als die richtige Summe zu begleichen, um sich nicht am Unternehmer zu bereichern. Man könnte somit auch gleich den höheren Betrag ...
Ob nun - wie in der ursprünglichen Fragestellung dargestellt - der Auftraggeber meint, der Architekt dürfe die Rechnung nicht "höher" prüfen als gefordert, sei dahingestellt. Es wurde ja in den Kommentaren ausgeführt, dass eine solche Rechnungsprüfung keinerlei Bindungswirkung des Auftraggebers gegenüber dem Unternehmer provoziert (ich persönlich würde der Einfachheit halber gleich die Rechnung auf den richtigen Betrag prüfen, da ich glaube, dass ein Unternehmer - wie wir Freiberufler auch - Anspruch auf Vergütung seiner erbrachten Leistungen hat, auch wenn er einmal etwas in einer Rechnung vergessen hat; welchen Betrag dann der AG überweist, ist ja letztendlich seine Entscheidung.). Nur dem Unternehmer mitteilen sollte man diesen Sachverhalt wohl nicht, weil sonst ein Verstoß des Architekten gegen Treu und Glauben seines Auftraggebers vorliegt, mit entsprechenden juristischen Konsequenzen.
Inwieweit bestimmte Vorgehensweisen in diesme Zusammenhang moralisch vertretbar sind, steht sicher auf einem ganz andern Blatt. Aber Recht und Moral sind ja bekanntlich zwei paar Schuhe ...
Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
www.doellconsult.de
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Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
HOAI-Sachverständiger
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