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HOAI.de - Forum : Haftung im Kostenbereich : kostenkalkulation kann nicht eingehalten werden
Beitrag von Nachricht
häuslebauer08
Level: Jr. Member
Beiträge: 2
Registriert seit: 26.10.2008
IP: Logged
icon kostenkalkulation kann nicht eingehalten werden

hallo zusammen,
wir haben vor einigen wochen angefangen unser 2-familienhaus zu bauen, geplant von einem architekten. die rohbaukosten (ohne zimmerer, dachdecker), d.h. nur keller und mauerwerk liegen jetzt schon ca. 20.000 eur über der kostenkalkulation. inwiefern kann man den architekten haftbar machen wenn die gesamtkosten die geplante bausumme überschreiten?
wär schön eine aussagekräftige meinung zu lesen...
gruß
häuslebauer 08
p.s.
1. in unserem architektenvertrag steht die bemerkung " dieser vertrag kommt nur zustande mit einer nachgewiesenen baufinanzierung"
2. der architekt war bei jeder besprechung mit dem finanzberater dabei! er weiß mit welchem budget wir auskommen müssen...

26.10.2008 at 17:00 Uhr
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fdoell
Level: Moderator
Beiträge: 2442
Registriert seit: 10.01.2003
IP: Logged
icon Re: kostenkalkulation kann nicht eingehalten werden

Guten Tag,

Sie stehen also, wenn ich das richtig lese, am Beginn der Realisierung Ihres Bauvorhabens. Das erste vergebene Gewerk "Rohbau" wurde für 20.000 € mehr vergeben als in der Kostenberechnung dafür vorgesehen und Sie fragen sich, ob damit der Gesamtkostenrahmen nicht überschritten wird und ob dafür dann ggf. der Architekt haftbar gemacht werden könnte.

Nun, der Architekt hat an mehreren Stellen des Projektes Kostenermittlungen durchzuführen und diese dann mit dem Stand der vorigen Kostenermitlung zu vergleichen und zu bewerten. In Ihrem Fall gibt es (hoffentlich) als Basis der Finanzierung eine Kostenberechnung nach DIN 276, die zur Entwurfsplanung gehört. Die DIN sagt hierüber aus:

"Die Kostenberechnung dient als Grundlage für eine Entscheidung über die Entwurfsplanung.
Grundlage für die Kostenberechnung sind:
- Planungsunterlagen, z.B. durchgearbeitete, vollständige Vorentwurfs- und/oder Entwurfszeichnungen
- Berechnung der Mengen von Bezugseinheiten der Kostengruppen
- Erläuterungen, z.B. Beschreibung der Einzelheiten in der Systematik der Kostengliederung, die aus den Zeichnungen und den Berechnungsunterlagen nicht zu ersehen sind, aber für die Berechnung und die Beurteilung der Kosten von Bedeutung sind.
In der Kostenberechnung sollen die Gesamtkosten nach Kostengruppen mindestens bis zur 2. Ebene der Kostengliederung ermittelt werden."

Bei den von Ihnen angesprochenen Gewerken müsste die Kostenberechnung z.B. im Bereich 300 - "Bauwerk - Baukonstruktionen" also mindestens wie folgt gegliedert sein:

310 Baugrube
320 Gründung
330 Außenwände
340 Innenwände
350 Decken
360 Dächer
370 Baukonstruktive Einbauten
390 Sonstige Maßnahmen für Baukonstruktionen

Hier könnten Sie also als erstes prüfen, ob die Kostenberechnung als Basis der Finanzierung überhaupt in dem Detaillierungsgrad vorlag, in dem sie nach DIN vorliegen sollte,

Nach der Baugenehmigung und Detailplanung werden dann Unternehmerangebote eingeholt. Nach der Zusammenstellung der Unternehmerangebote wird dann als nächste Kostenermitlung der sog. Kostenanschlag nach DIN 276 erstellt. Hierzu führt die DIN aus:

"Der Kostenanschlag dient als eine Grundlage für die Entscheidung über die Ausführungsplanung und die Vorbereitung der Vergabe. Grundlagen für den Kostenanschlag sind:
- Planungsunterlagen, z.B. endgültige, vollständige Ausführungs-, Detail- und Konstruktionszeichnungen
- Berechnungen, z.B. für Standsicherheit, Wärmeschutz, technische Anlagen
- Berechnung der Mengen vion Bezugseinheiten der Kostengruppen
- Erläuterungen zur Bauausführung, z.B. Leistungsbeschreibungen
- Zusammenstellungen von Angeboten, Aufträgen und bereits entstandenen Kosten
Im Kostenanschlag sollen die Gesamtkosten nach Kostengruppen mindestens bis zur 3. Ebene der Kostengliederung ermittelt werden."

Für die Kostengliederung des Kostenanschlags sollten Sie also beispielsweise folgende Aufschlüsselung erhalten haben:

330 Außenwände untergliedert in:

331 Tragende Außenwände
332 Nichttragende Außenwände
333 Außenstützen
334 Außentüren und -fenster
335 Außenwandbekleidungen außen
336 Außenwandbekleidungen innen
337 Elementierte Außenwände
338 Somnnenschutz
339 Außenwände, sonstiges


Nach § 15 HOAI gehört in Lph. 7 "Vorbereitung der Vergabe" zur Grundleistung des Planers der "Kostenanschlag nach DIN 276 aus Einheits- oder Pauschalpreisen der Angebote" und die "Kostenkontrolle durch Vergleich des Kostenanschlags mit der Kostenberechnung". Unter "Vergleich" wäre hier bei Abweichungen, wie Sie sie beschrieben haben, z.B. eine Erläuterung zu verstehen, wieso der Rohbau nun teurer wird als in der Kostenberchnung angesetzt. Die Ursachen dafür können vielfältig sein und müssen nicht unbedingt beim Planer liegen, denn "eine Preis ist etwas, das sich am Markt bildet".

Nach Vorliegen des Kostenanschlags, der immer möglichst viele Gewerke bereits mit Unternehmerangeboten unterlegen sollte (anzustreben: für über 80% der Kosten aus der Kostenberechnung liegen Untenehmerangebote vor, die diese Ansätze bestätigen oder auch nicht), steht die letztendliche Entscheidung des Bauherrn an, angesichts der am Markt angebotenen Preise das Vorhaben zu realisieren oder ggf. noch etwas zu ändern (ja sogar notfalls das ganze Bauvorhaben zu stoppen). Änderungen können z.B. in niedrigeren Ausbaustandards, im derzeitigen Weglassen von später zu realisiernden Leistungen oder durch nochmalige Verringerung des Bauvolumens liegen (letzteres kostet natürlich auch Zeit durch Umplanungen, Genehmigung der Tektur usw.).

Bis zu diesem Zeitpunkt sind "nur" Planungskosten angefallen. Nach der Vergabe von Ausführungsleistungen steht jedoch dem Unternehmer bei plötzlichem Abbruch oder Auftragsstornierung ein Schadensersatz in Höhe des entgangenen Gewinns zu. Deshalb ist nun gut zu überlkegen, ob die Aufträge zu den vorliegenden Angeboten erteilt werden sollen oder nicht. Die Entscheidung darüber fällt der Bauherr, der sich dabei natürlich von seinem Planer intensiv beraten lassen muss, wenn die bisherige Finanzierung nicht ausreicht.

Fällt der Bauherr die Entscheidung, auch bei höheren Baukosten als in der Finanzierung bis dahin vorgesehen Aufträge zu vergeben, kann er für die höheren Baukosten schlecht jemand anderes verantwortlich machen. Kostet jedoch die Nachfinanzierung prozentual mehr als die ursprüngliche Finanzierung, kann man dies ggf. als Schaden ansehen, der durch eine falsche Kostenberechnung entstanden ist. Für so einen Schaden müsste der Planer haften (aber auch nur für so einen, nicht für die sog. Sowiesokosten, die der Bauherr bei gleich "richtiger" Kostenberechnung sowieso gehabt hätte, hier also die höhreren Baukosten). Wenn der Planer eine gute Planungshaftpflichtversicherung hat, deckt diese auch Schäden aus falscher Kostenberechnung ab, so dass er "nur" mit seinem Selbstbehalt (=Eigenanteil) dafür aufkommen müsste, den Rest würde die Planungshaftpflichtversicherung übernehmen.

In Ihrem Fall würde ich zunächst einmal prüfen, was Sie genau vorgelegt bekommen haben an Kostenberechnung, Kostenanschlag und Vergleich der beiden nebst Erläuterungen des Planers zu möglicherweise insgesamt höheren Baukosten. Dann würde ich mit dem Planer sprechen, wo denn seiner fachlichen Meinung nach die Gesamtkosten landen werden und was er vorschlägt zur Finanzierung. Und dann müssen Sie ggf. zur Bank und nachfinanzieren, wobei der Architekt dann auch mitgehen sollte, um seine Begründungen zu den aus heutiger Sicht zu erwartenden Gesamtkosten vorzutragen. Sollte die Nachfinanzierung nicht gelingen, müsste Ihr Planer Ihnen auch Alternativen zur Kostenersparnis aufzeigen, wie oben beschrieben.

Entscheiden müssen aber letztendlich Sie als Bauherr. Und dafür selbst auch geradestehen.

Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
HOAI-Sachverständiger
www.doellconsult.de

____________________________
Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
HOAI-Sachverständiger
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27.10.2008 at 08:53 Uhr
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häuslebauer08
Level: Jr. Member
Beiträge: 2
Registriert seit: 26.10.2008
IP: Logged
icon Re: kostenkalkulation kann nicht eingehalten werden

hallo herr doell,
vielen lieben dank für ihre ausführliche information.
die kostenermittlung nach DIN 276 kann ich nicht nachvollziehen. unser architekt hatte anfangs eine sehr grobe kostenkalkulation erstellt, die nicht mal ansatzweise ihren ausführungen, wie z.B. "berechnung der mengen von bezugseinheiten der kostengruppen" o.ä. entspricht. unser architekt hatte lediglich alle kosten in groben zügen umrissen. d.h. z.B. (ich habe jetzt leider keine unterlagen zur hand)
- kosten für grundstück,
- baunebenkosten
- kosten für architekt LP1-8, statiker, etc.
- rohbau ..... eur
- ausbau ... eur
etc.
so dass wir am kalkulationsende unseren finanzierungsbedarf sahen.
eine genaue kostenberechnung haben wir nie gesehen, obwohl wir zum x-ten male eine überarbeitung angefordert hatten. als meinung meinte man nur, es würde jetzt noch nichts bringen, solange man noch keine genaueren zahlen als anhaltspunkt hat.
ist die berechnung nach DIN eigentlich vorschrift?

momentan liegen noch ein paar wenige angebote für fenster, zimmereiarbeiten, dachdecker- dachklempner bereit.
wird dann für jedes gewerk eine separate kostenberechnung bzw. kostenanschlag gemacht?

wenn ich sie richtig verstehe, stehen wir doch eigentlich in LP7, oder? dann steht uns doch auch ein kostenanschlag nach DIN 276 und kostenkontrolle zu, oder?

wir haben bereits mehrere gespräche mit dem architekten gehabt, in denen wir besprochen haben, welche einsparungen man vornehmen kann. wir planen kein riesenprunkhaus, nur ein haus für 2 parteien ohne schnickschnack. mehr einsparungen geht nicht. und doch scheint die "kostenkalkulation" nicht zu funktionieren. der architekt bestätigte uns immer wieder, dass es mal sein kann, dass man seine kalkulation nicht ganz einhalten kann. es würde sich dann hierbei jedoch nur um 5.000 eur handeln. dieses wäre ja auch OK. aber diese summe ist nicht mal annähernd zu erreichen. bei jedem telefonat beschwichtigt uns unser architekt und meint, wie sollten uns nicht so viele gedanken machen. wir würden das schon hinbekommen. aber wahrscheinlich nur mit dem hintergedanken, dass der architekt sein geld schon bekommen hat und wir dann auf höheren raten jeden monat durch die nachfinanzierung sitzen bleiben.
bei dem rohbau, fenster und dachdeckerarbeiten hätten wir bereits unseren kreditrahmen erreicht. ist denn eine nachfinanzierung mit 50.000 eur und mehr zumutbar, wenn der planer bereits bei der kalkulation gepfuscht hat?

langsam wissen wir einfach nicht mehr weiter.

27.10.2008 at 12:47 Uhr
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fdoell
Level: Moderator
Beiträge: 2442
Registriert seit: 10.01.2003
IP: Logged
icon Re: kostenkalkulation kann nicht eingehalten werden

Wenn Sie einen HOAI-Auftrag an den Planer erteilt haben, muss dieser die Kostenermittlungen nach DIN 276 machen, siehe http://www.hoai.de/online/HOAI-Text/teil_2.php#15 (zur Beschreibung der Grundleistungen nach unten scrollen).

Die Kostenermittlung, die Sie beschreiben, klingt mehr nach einer Kostenschätzung am Ende der Vorplanung. Zur Kostenschätzung sagt die Rechtsprechung, dass die Abweichung von der Kostenfeststellung unter 30% sein soll (Planerziel: unter 20% Abweichung), die Kostenberechnung soll unter 20% abweichen (Planerziel 10%) und der Kostenanschlag soll unter 10% abweichen (Planerziel 5%). Eine Reserve muss man da immer berücksichtigen, das sollte sowohl ein Architekt als auch ein Finanzierer wissen, der sich mit Baufinanzierungen auskennt und den Investbedarf anhand der vorgelegten Unterlagen genehmigen muss.

Die Kostenermittlungen werden immer für das Gesamtprojekt gemacht. Mehrkosten in einem Gewerk können ja durch Minderkosten in anderen aufgefangen werden, das muss man jeweils insgesamt betrachten. Bitte besorgen Sie sich unbedingt ein Büchlein zur DIN 276 (eine Suche im Internet bringt sofort Dutzende von Titeln) und machen Sie sich als Bauherr schlau.

Verlangen sie schriftlich vom Architekten die Leistungen "Kostenberechnung nach DIN 276", "Kostenanschlag nach DIN 276" und "Vergleich mit der Kostenberechnung". Sie können den Architekten auch gerne darauf hinweisen, dass nach der Rechtsprechung eine fehlende Kostenberechnung zum Abzug von 30% der Bewertungspunkte für die Entwurfsplanung (d.h. entsprechende Honorarminderung) führen kann. Lassen Sie sich nicht vertrösten ader abwimmeln; Kostenermittlungen sind zentrale Gundleistungen einer Planung! Sollte er nicht darauf eingehen, empfehle ich die Einschaltung eines Fachanwaltes für Bau- und Architektenrecht, der sich anhand der Ihnen vorliegenden Unterlagen ein genaueres Bild vom Planungsstand machen kann.

Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
HOAI-Sachverständiger
www.doellconsult.de

____________________________
Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
HOAI-Sachverständiger
www.doellconsult.de

27.10.2008 at 14:27 Uhr
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