fdoell
07.08.2006 at 07:59 Uhr
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Re: Honorar trotz Fehler bzw. Versäumnisse?
Guten Tag Tom,
Meinem Vorschreiber kann ich mich inhaltlich nur anschließen. Da scheint ja einiges schief gelaufen zu sein!
Aus HOAI-Sicht möchte ich noch folgendes ergänzen:
zu 1. Vorbereitung der Vergabe: selbstverständlich gehört eine richtige Massenermittlung zu den HOAI-Grundleistungen. Sollten diese nicht bei jeder Position im LV auftauchen (prüfen!), setzen Sie den Architekten schriftlich davon in Kenntnis, dass er wegen aller im Zusammenhang mit dieser ungenügenden Leistung auftauchenden Mehraufwendungen (auch bei Ihnen im Hause!) in Regreß genommen wird. Empfehlung: schauen Sie IMMER Unterlagen durch, die ein Planer für Sie fertigt, bevor Sie sie an Dritte weitergeben - schließlich ist es Ihr guter Name, der da als Bauherr in der Öffentlichkeit zuschanden gemacht werden kann!
Zu 2.+3. Planung der Technischen Ausrüstung: zu den Grundleistungen in Leistungsphase 1 HOAI Grundlagenermittlung gehört "Beraten zum gesamten Leistungsbedarf" und "Formulieren von Entscheidungshilfen für die Auswahl anderer an der Planung fachlich Beteiligter". Der Architekt hätte Sie also nicht nur spätestens bei der Bearbeitung der Lph. 1 darauf hinweisen müssen, dass er die Technische Ausrüstung (hier die Abwasserplanung) nicht selbst durchführen kann; er hätte ihnen auch bei mehreren Fachplanern helfen müssen den für Sie Richtigen herauszufinden! Diese Information des Architekten erst während der Bauausführung zu erhalten, ist sicherlich ein starkes Stück.
Allerdings steht da auch die Frage an Sie als Bauherrn (der ja sicherlich von vornherein auch Abwasserleitungen in seinem Haus haben wollte) im Raum, wie denn diese Leistungen geplant und vergeben werden sollten. Denn wenn es der Architekt nicht kann und will, muss es ja jemand anders machen. Und wann sollte der beauftragt werden bzw. die entsprechenden Leistungen an ausführende Firmen vergeben werden (denn wenn der Architekt sagt, er wüsste nichts über die Sanitäreinrichtungen etc., stellt sich schon die Frage, wer denn etwas darüber weiß - Sie als Bauherr evtl.)? Zusatzfrage: wie steht das denn mit der gesamten übrigen Technischen Ausrüstung (Wasser, Heizung, Elektro, ggf. Lüftung etc.)?
Für diesen Komplex empfehle ich ebenfalls dringend eine baujuristische Beratung, da auch Sie als Bauherr hier evtl. Pflichten versäumt haben!
Zu 4. falscher Kellergrundriss: auch hier gilt, den Architekten davon in Kenntnis setzen, dass er für alle Folgeschäden bzgl. des falschen Kellerplanes in Regreß genommen wird.
Die Regreßankündgung gibt dem Architeken die Möglichkeit, seine Planungshaftpflichtversicherung frühzeitig darüber zu informieren (er hat doch hoffentlich eine?) Sie sollten ihm auch empfehlen, dies zu tun. Da zu den Aufgaben einer solchen Versicherung die gesamte Schadensabklärung und -regulierung gehört, bekomen Sie evtl. auch vernünftigere Ansprechpartner als Ihren Architekten, wenn die Versicherung sich einschaltet.
Zu 5. architektonisches Konzept: der Architekt hat keinen Anspruch darauf, dass ein von ihm konzipiertes architektonisches Konzept auch genau so realisiert wird. (Falls der Architekt dies weiterhin meint, fragen Sie ihn, in welchem Gesetz oder welcher Vereordnung das steht.) Wenn Sie als Bauherr zwingende fachliche und/oder wirtschaftliche Gründe für eine Planänderung haben, muss der Architekt das akzeptieren und Ihre Wünsche in seinen Plänen berücksichtigen. Ob er dafür eine Vergütung bekommt oder nicht, hängt vom Sachverhalt ab (fachlicher Mangel oder "nur" neuer Bauherrenwunsch). Das ist in meinen Augen kein zulässiger Grund zu einer Kündigung! Hier sieht es so aus, als ob sich der Architekt angesichts der zutage tretenden Mängel seiner Planung gerne aus dem Staub machen möchte. Das sollten Sie ihm auf keinen Fall erlauben!
Fazit (nicht nur für Sie, sondern auch für alle anderen, die dese Seiten lesen): Wenn man den Aufwand sieht, den mancher vor einer Investition in eine neue Stereoanlage oder ein neues Auto steckt, sollte im Verhältnis der Investsumme bei einem Häuserbau der Aufwand vor Beauftragung der ersten Externen eigentlich noch viel höher sein - tatsächlich scheint aber in vielen Fällen genau dies nicht zu passieren. Dass die Aufgabe, sich als Bauherr um etwas zu kümmern, das einen evtl. Jahrzehnte finanziell bindet und für die eigene Lebensumgebung und Gesundheit enorm wichtig ist und vieles mehr, ein ungeheuerer Kraftakt ist, wissen die am Bau Beteiligten aus ihrer täglichen Praxis. Hier den richtigen Planer zu finden, der einem einen Großteil seiner Sorgen durch fachmännische Arbeit und gute Beratung abnimmt, scheint immer noch das A und O der Bauherrenschaft zu sein. Wer hier an den Falschen gerät, hat wirklich ein Problem. Drum prüfe, wer sich in so wichtigen Dingen bindet...
Viel Glück auf Ihrem Klärungsweg!
Freidhelm Doell
Beratender Ingenieur
www.doellconsult.de
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Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
HOAI-Sachverständiger
www.doellconsult.de
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