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zottelcv
Level: Jr. Member
Beiträge: 2
Registriert seit: 18.12.2008
IP: Logged
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Architektenhonorar bei Kostensteigerung
Verehrte Forumsteilnehmer,
ich habe den Wiederaufbau eines Wohn- und Geschäftshauses nach einem Brand buchstäblich "geerbt". Ein schriftlicher Architektenvertrag existiert leider nicht. Die Kostenschätzung im Bauantrag und auf den ersten Abschlagrechnungen des Architekten betrug 500 Tsd EUR netto. Nachdem nun die Angebote der meisten Gewerke eingeholt sind, habe ich den Architekten auf die erhebliche, für die Wirtschaftlichkeit bedrohliche Erhöhung der Kosten hingewiesen. Als einzige Reaktion beträgt die Kostenschätzung auf der jüngsten Abschlagrechnung nunmehr 750 Tsd EUR netto, was natürlich zu einer entsprechenden Erhöhung des Architektenhonorars führt.
Ich habe hierzu zwei Fragen:
1. Dürfen die bereits erledigten Bauphasen 1-4 auch mit den erhöhten Kosten beaufschlagt werden (nachträgliche Erhöhung)?
2. Ist der Ansatz des Mittelsatzes bei fehlendem schriftlichen Vertrag zulässig und habe ich den Mittelsatz durch die Zahlung der früheren Abschläge bereits anerkannt?
Herzlichen Dank für die Beantwortung.
[Edited by zottelcv on 18.12.2008 at 12:40 Uhr]
[Edited by zottelcv on 18.12.2008 at 17:21 Uhr]
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18.12.2008 at 12:16 Uhr |
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dresden
Level: Sr. Member
Beiträge: 164
Registriert seit: 06.05.2005
IP: Logged
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Re: Architektenhonorar bei Kostensteigerung
Frage 1:
Das Honorar für die LPh 1-4 ist zu errechnen nach den anrechenbaren Kosten der Kostenberechnung. Diese ist zu erstellen im Rahmen der Entwurfsplanung (LPh 3). Neue Erkenntnisse ergeben sich aus den Angeboten im Rahmen der Ausschreibung (LPh 7). Diese Erkenntnisse gehen ein in den Kostenanschlag, der die Grundlage für das Honroar der LPh 5-7 ist.
In diesen jeweiligen Kostenermittlungen wird ein statischer Zustand wiedergegeben, bei der Kostenberechnung derjenige im Zeitpunkt der Beendigung der Entwurfsplanung. Die Kostenberechnung wird deshalb nicht fortgeschrieben. Sie bleibt als Grundlage der Honorarberechnung für die Phasen 1-4 maßgebend, auch wenn sich das Honorar dann bei Fortsetzung der Planung nach oben oder unten entwickelt.
Nur in Fällen SCHULDHAFT erheblich zu HOHER Kostenberechnung wird diskutiert, ob ein Anspruch des Bauherrn auf nachträgliche Herabsetzung der Kostenberechnung besteht. Ein Recht des Architekten auf nachträgliche Erhöhung der Kostenberechnung, weil aufgrund der konkreten Angebote der Kostenanschlag höher ausfällt, besteht aber nicht.
Frage 2:
Ohne schriftliche Honorarvereinbarung, die zudem bereits bei Auftragserteilung geschlossen werden muß, kann der Architekt nur nach den Mindestsätzen abrechnen, nicht nach den Mittelsätzen (§ 4 Abs. 4 HOAI).
Die Bezahlung einer Abschlagsrechnung ist rechtlich niemals ein Anerkenntnis. Eine Abschlagszahlung ist keine "vertragsrechtliche Erklärung durch schlüssiges Handeln", sondern einfach nur ein faktisch-technischer Vorgang. Maßgeblich ist insofern immer allenfalls die Schlußrechnung und Schlußzahlung. Durch die Bezahlung der Abschlagsrechnungen mit Mittelsatz haben Sie sich also nicht vergeben, darauf zu bestehen, daß ab sofort (auf alle Leistungen rückwirkend von Beginn an) nur der Mindestsatz zur Anwendung kommt.
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Dr. R. Althoff, FA Bau- und ArchitektenR, FA VerwR, Spezialist für die HOAI
www.Bau-und-Immobilie.de - Dresden.Erfurt.Dortmund.Berlin
- gem. d. Nutzungsbed. ist dies eine unverbindl. Meinung, keine Rechtsberatung -
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18.12.2008 at 18:14 Uhr |
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bento
Level: Sr. Member
Beiträge: 902
Registriert seit: 25.03.2007
IP: Logged
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Re: Architektenhonorar bei Kostensteigerung
Hallo zottelcv,
gleiche Antworten wie von dresden auch von mir:
zu Frage 1: Nein!
zu Frage 2: Nein!
Das Ganze hört sich ohnehin so an, als wenn du nicht einmal eine der bisher angefallenen drei Kostenermittlungsarten erhalten hast. Hierbei handelt es sich um spezielle Kostenermittlungen, die im Verlaufe des Planungsfortschritts immer detaillierter und genauer sein sollten, mit den teils irreführenden Bezeichnungen:
1) Kostenschätzung (nach Vorentwurf)
2) Kostenberechnung (nach Entwurf)
3) Kostenanschlag (nach Vorliegen der Angebote)
Zu beachten ist hierbei, dass die anrechenbaren Kosten zur Ermittlung des Honorars nicht den vorgenannten Kostenermittlungen entsprechen, sondern lediglich hieraus ermittelt werden. Dies geschieht auf Grundlage des § 10 HOAI, des wohl kompliziertesten Paragraphen der HOAI, insbesondere für Laien.
Viele Grüße
bento
P.S.:
Wohl dem, der nicht nur die Brandruine, sondern auch die entsprechenden Entschädigungen aus der Gebäude- und Hausratversicherung geerbt hat.
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18.12.2008 at 19:33 Uhr |
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zottelcv
Level: Jr. Member
Beiträge: 2
Registriert seit: 18.12.2008
IP: Logged
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Re: Architektenhonorar bei Kostensteigerung
Ich danke dresden und bento für die erschöpfende Antworten. Das hilft mir in meiner Argumentation sehr. Bis auf die Kostenentwicklung und die in der Tat unzureichende Kostenplanung bin ich mit der Leistung des Architekten durchaus zufrieden und will das Verhältnis nicht belasten, ohne mir meiner Sache sicher zu sein.
Nur zur Info: bento hat Recht mit seiner Vermutung, dass die Kostenplanng nur rudimentär erfolgt ist. Es wurde einmalig im Bauantrag der umbaute Raum mit einem Faktor multipliziert,die Altbausubstanz bewertet und die besagten 500 Tsd errechnet. Die Excel-Tabelle mit den Angeboten habe ich im eigenen Interesse selbst aufgestellt und den Architekten mit der Summe konfrontiert. Eine Gebäudeversicherung existierte natürlich, aber wie das so ist, haben sich die Gutachter auf ca. 50 % der jetzt tatsächlich anfallenden Kosten geeinigt. Wenn man kein Interesse an jahrelangen Prozessen mit ungewissem Ausgang hat, dann ärgert man sich nicht lange über solche Gutachten.
Das ist ein sehr informatives Forum!
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18.12.2008 at 20:36 Uhr |
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