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schnaebi
Level: Jr. Member
Beiträge: 4
Registriert seit: 06.03.2010
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Architektenwettbewerb
Hallo liebe Forennutzer,
vielleicht kann mir jemand bei dem folgenden Thema weiterhelfen. Da das Ganze vor ca. 3,5 Jahren angefangen hat, wird die Erklärung etwas länger...
Kurz zu unserer Wohnsituation:
Ich bin Eigentümer der unteren Hälfte (2,5 Zimmer, ca. 60qm Wfl.) eines Zweifamilienhaues und des halben Grundstücks, der Rest gehört meinen Eltern. Haus Baujahr 1938, sanierungsbedürftig.
Ca. September 2006:
Meine damalige Freundin und ich wollten heiraten und haben uns dann natürlich auch über die Familienplanung Gedanken gemacht. Dabei war gleich klar, daß wir unbedingt mehr Wohnraum benötigen werden. -> Anbau, ohne dabei aber Zeitdruck zu haben
Idee Architektenwettbewerb:
Aus dem Bekanntenkreis wurden dann die Kontaktdaten von drei Architekten erfragt, die wir dann auch zeitnah kontaktierten
1. Telefonat:
Hinweis auf Architektenwettbewerb, Vereinbarung von kostenlosen und unverbindlichen Gesprächen zum Informationsaustausch und Kennenlernen. Am Ende wollten wir eine Kostenschätzung haben, um entscheiden zu können, ob sich ein Anbau überhaupt lohnt. D.h. alle Architekten wußten dies und hatten zugestimmt, zumindest aber nicht widersprochen.
1. Treffen (bei uns daheim):
Rahmenbedingungen wurden abgesteckt. Bausumme für Anbau 100.000€, meine detailierten Skizzen von 2003 wurden vorgelegt, Baupläne eines Umbaus von 1978 und es wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, daß wir an dem Punkt, ab dem Kosten anfallen würden, wissen wollen, daß Kosten anfallen.
Die ersten beiden Architekten hatten das verstanden und obwohl wir die Gespräche mit Ihnen eingestellt hatten, war alles wie besprochen abgelaufen.
Bei dem Architekten, den wir als letztes von den Dreien kontaktiert hatten, lief es jedoch entäuschenderweise anders.
Mit ihm fanden insgesamt drei Gespräche statt.
2. Treffen (bei uns daheim):
Die uns vorgelegten Zeichnungen wichen stark von meinen Skizzen und den besprochenen Punkten des ersten Termins ab. Wieder mußten wir alles mit ihm durchgehen. Die meisten guten Ideen kamen nicht von ihm sondern von uns, ist aber sicherlich relativ.
3. Treffen (bei uns daheim):
Wieder waren Abweichungen zu unseren Vorgaben da und wieder mußten wir Anpassungen durchsprechen. Der Architekt meinte dann noch, für die Berechnung der Kosten müsste ein Vermesser beauftragt werden, um bessere Werte zu haben. Gesagt getan, auf Vorschlag des Architekten und nachdem ich selbst noch Angebote bei diversen Vermessern angefragt hatte wurde ein Vermesser beauftragt. Ich dachte mir "Die Daten sind ja nicht verloren, selbst wenn wir uns nicht dazu entscheiden mit diesem Architekten oder generell anzubauen". Im Anschluß an dieses Gespräch und um die Dinge zu beschleunigen, hatte ich dann auch noch alle Skizzen maßstäblich mit Hilfe eines Zeichenprogramms elektronisch aufbereitet und ihm zukommen lassen.
Die weitere Bearbeitung nahm über den Jahreswechsel etwas Zeit in Anspruch, auch wegen des Vermessers, was aber für uns kein Problem war. Der Vermesser wurde übrigens sofort nach Erhalt der Rechnung, die dann über den Architekten kam, obwohl ich ihn persönlich beauftragt hatte, bezahlt.
Im März 2007 kamen dann die Skizzen und eine Kostenübersicht. Na ja, bei den Skizzen handelte es sich bereits um das Baugesuch in Form mehrer Mappen (die wir nie beauftragt hatten) und bei der Betrachtung der Kostenübersicht bekam ich einen Lachanfall, einen krampfhaften zwar aber einen Lachanfall. Die Kosten wurden berechnet auf 250.000€ für einen Anbau an ein sanierungsbedürftiges Haus (natürlich ohne Sanierungskosten!). Das zweieinhalbfache unserer Vorgabe. Ohne auch nur in den vorangegangenen Gesprächen einen Ton darüber zu verlieren. Gut, er hatte auch nie etwas gesagt, daß zukünftig Kosten anfallen würden. Das ging so natürlich nicht, was ich dem Architekten auch telefonisch mitgeteilt hatte.
Danach war dann Funkstille. Kein Wunder aus meiner Sicht. Mit geschätzten Sanierungs- und Anbaukosten wären wir wahrscheinlich am Ende bei ca. 400.000€ und hätten zu zwei Dritteln immer noch einen alten Kasten. Für dieses Geld könnte man bestimmt das alte Haus abreißen und ein stattliches Neues bauen.
August 2009:
Bei der Rückkehr aus dem Sommerurlaub finden wir eine Rechnung des dritten Architekten im Briefkasten über sage und schreibe ca. 6000€. Da hatte ich wieder einen Lachanfall, einen krampfhaften. Nach zweieinhalb Jahren ohne auch vorher nur einen Mucks zu machen. Zack einfach mal kurz eine Rechnung geschickt... Verjährungspanik? Schlechte Auftragslage?
Tolles Geschäftsgebaren. Wir erstmal mit unserer Rechtschutzversicherung telefoniert und das Ganze mit einer Anwältin besprochen. Uns wurde empfohlen erst mal gar nicht zu reagieren. Der Architekt müsste beweisen, daß wir ihn beauftragt hätten. Die Beauftragung des Vermessers alleine wäre dafür noch kein Beweis.
So haben wir das dann auch gemacht.
Februar 2010:
Erste Zahlungserinnerung (Mahnung, an einem Freitag) zum 15.2.. Darauf haben wir dann am 12.2. eine kurze mail an den Architekten geschickt mit dem Hinweis auf unsere Verwunderung über das Schreiben und darauf, daß wir ihn nie beauftragt haben, weder mündlich noch schriftlich, kostenpflichtige Leistungen für uns zu erbringen.
März 2010:
Als Antwort erhielten wir dann am 5.3.2010 (wieder an einem Freitag…) ein Schreiben seines Anwalts mit der Aufforderung die Rechnung zu bezahlen + Anwaltskosten versteht sich und mit dem Hinweis auf den beauftragten Vermesser. Die Erwähnung der „…großen Aufwände, die der Architekt gehabt hat und dass das natürlich nicht kostenlos sein könne…“ durfte aus Anwaltssicht natürlich nicht fehlen.
Es sieht also so aus, als ob sich das Ganze erst vor Gericht klären würde.
- Wie stellt sich dieser Sachverhalt für Euch Foristen dar?
- Hat der Architekt in unserem Fall überhaupt das Recht eine Rechnung zu stellen (Beauftragung?) über diese Höhe, bemessen am 2,5 fachen unserer Vorgabe?
- Hätte er als erfahrener Architekt nicht schon beim ersten Treffen darauf hinweisen können und müssen, dass sich das als Skizzen Vorliegende nur mit deutlich!!! mehr als den vorgegebenen 100.000€ realisieren lässt?
- Sind die Leistungen aus 2006 nicht am 31.12.2009 24:00 verjährt?
- Ist das ein Vorgehen wie man es billigen muß?
- Muß ein Architekt nicht vorrangig die Interessen seines Auftraggebers wahrnehmen und schützen?
- Müssen die eher negativen Briefe immer zum Wochenende in der Post sein (Frage nicht ganz ernst gemeint)?
Schließlich haben die beiden anderen Architekten sich wie abgesprochen verhalten. Wenn man das als Laie immer vorher wüsste...
Bei allen, die sich die Mühe gemacht haben, diesen doch sehr langen Text durchzulesen, ihn zu verstehen und dann auch noch eine hoffentlich hilfreiche Antwort erstellt haben, möchte ich mich schon mal herzlichst bedanken.
Hinweis: Wir haben bis heute noch nicht angebaut und planen das auch nicht
[Edited by schnaebi on 06.03.2010 at 10:37 Uhr]
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Unser (Alp-)Traum vom Haus
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06.03.2010 at 10:07 Uhr |
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dresden
Level: Sr. Member
Beiträge: 164
Registriert seit: 06.05.2005
IP: Logged
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Re: Architektenwettbewerb
Der Architekt, der hier einen Anspruch aus einem behaupteten Vertrag geltend macht, trägt in der Tat die Beweislast, dass ein solcher Vertrag überhaupt zustande gekommen ist. Nun bedarf ein solcher Vertrag keiner Schriftform, sondern kann auch durch schlüssiges Handeln abgeschlossen werden (und aus diesem Grund kommt es ja auch immer wieder zu genau diesen Diskussionen wie in Ihrem Fall). Dabei ist davon auszugehen, dass ein Architekt als selbständiger Unternehmer nicht kostenfrei arbeitet, andererseits aber durchaus gewisse Vorleistungen auf eigenes Risiko als Akquisition gerade in diesem Beruf auch nicht unüblich sind. Wo da nun genau die Grenze verläuft, ist immer eine Frage des Einzelfalls.
In Anbetracht Ihrer klaren Absprachen haben Sie da zunächst einmal die Oberhand, jedenfalls in der Theorie. Aber ist das auch noch beweisbar? Vor allem die Absprache "Bevor es etwas kostet wird Bescheid gegeben"? Der Architekt könnte nämlich, wenn er es geschickt angeht, evtl. aufgrund des Umfangs seiner Leistungen den Richter überzeugen, dass das längst keine kostenfreie Werbetätigkeit mehr war. Gelingt ihm das, dann geht die Beweislast auf Sie über, das zu widerlegen. Sind Sie durch entsprechende Dokumente/Zeugen für diesen Fall gerüstet?
Wenn denn Ihrem Gegenüber der Beweis eines VErtrages gelingt, dann stellt sich allerdings die nächste Frage, ob überhaupt vertragsgemäß geleistet wurde. Daran bestehen hier sehr deutliche Zweifel. Wird etwas geplant, das so nicht beauftragt war und vom Auftraggeber nicht verwendet werden kann, dann ist trotz Vertrages nichts zu bezahlen.
Das Thema Verjährung hilft Ihnen allerdings nicht. Die Verjährung der Honorare aus dem Bereich der HOAI beginnt erst mit Ablauf des Jahres, in dem die Rechnung geschrieben wird. Verjährung würde also - wenn es denn einen Honoraranspruch gäbe - erst Ende 2012 eintreten.
Insgesamt stehen Sie also wohl recht gut da. Zu den angesprochenen Fragen gibt es eine Fülle an Rechtsprechung, die Ihrem Anwalt/Ihrer Anwältin ausreichend Stoff zur Verfügung stellt.
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Dr. R. Althoff, FA Bau- und ArchitektenR, FA VerwR, Spezialist für die HOAI
www.Bau-und-Immobilie.de - Dresden.Erfurt.Dortmund.Berlin
- gem. d. Nutzungsbed. ist dies eine unverbindl. Meinung, keine Rechtsberatung -
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08.03.2010 at 15:49 Uhr |
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schnaebi
Level: Jr. Member
Beiträge: 4
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Re: Architektenwettbewerb
Hallo Dresden,
vielen Dank erst mal für die Informationen. Im Großen und Ganzen spiegelt das meine Auffassung der Angelegenheit wider.
Letzendlich hängt aber natürlich viel von den Anwälten und dem bzw. den Richtern ab.
Unstrittig dürfte aber sein, daß hier an den Anforderungen vorbeigeplant wurde und es somit selbst bei Feststellung einer Beauftragung meinerseits zu einer deutlich geringeren Zahlung kommen sollte.
Wir werden sehen.
Bei dem Punkt mit der Verjährung bin ich etwas skeptisch. Bei genauerer Betrachtung würde dies ja bedeuten, daß für den Fall er hätte die Rechnung erst 2016 geschrieben, die Verjährung erst 2020 eingetreten wäre. Soweit ich mich im Internet schlau gemacht habe beginnt die Verjährung mit der Ausführung der Arbeiten und endet nach Ablauf des dritten darauf folgenden Kalenderjahres.
Grüße
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Unser (Alp-)Traum vom Haus
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08.03.2010 at 16:24 Uhr |
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schnaebi
Level: Jr. Member
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Re: Architektenwettbewerb
Hallo nochmal,
noch ein Nachschlag.
Sie können mir doch bestimmt einen Tipp geben, wie ich bei mir im Umkreis an einen (guten) Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht komme.
Gibt es außer den gelben Seiten eine gute Möglichkeit das im Internet zu recherchieren?
Bisher ist die Idee, dies über unsere Rechschutzversicherung zu erfragen.
Danke im Voraus.
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Unser (Alp-)Traum vom Haus
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08.03.2010 at 16:30 Uhr |
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dresden
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Re: Architektenwettbewerb
Verjährung:
So ist es - wenn Rechnung erst in 2016, dann Verjährungsbeginn erst in 2016. Allerdings könnte die Forderung bis dahin "verwirkt" sein (konkludenter Verzicht). Das ist aber ein anderes Thema. Eine Verwirkung ist übrigens auch in Ihrem Fall zumindest möglich, wenn auch nicht sehr wahrscheinlich.
Was Sie zur Verjährung gelesen haben, stimmt auch, gilt aber nur für den "normalen" Werkvertrag mit den reinen BGB-Abrechnungsvorschriften. Wenn Sie hingegen einen Bauausführungsvertrag unter Einbeziehung der VOB/B haben oder einen Architekten- oder Ingenieurvertrag, auf den die HOAI anzuwenden ist, dann gilt ZUSÄTZLICH eine Sondervorschrift (hier: § 8 HOAI a.F.; bei der VOB/B § 16), und deshalb beginnt die Verjährung ausnahmsweise erst mit Ablauf des Jahres der Rechnungslegung. Der Grund: bei diesen beiden Ausnahmefällen wird der Werklohn- bzw. Honoraranspruch erst mit Vorlage einer prüfbaren (!) Rechnung fällig, und Verjährungsbeginn setzt Fälligkeit voraus. Beim reinen BGB-Werkvertrag wird der Zahlungsanspruch hingegen schon mit Abnahme fällig, auch ohne Rechnung.
Anwaltssuche:
Internet und/oder örtliche Anwaltskammer sind da sicher behilflich. Es gibt eine Vielzahl von Anwaltssuchportalen.
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Dr. R. Althoff, FA Bau- und ArchitektenR, FA VerwR, Spezialist für die HOAI
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08.03.2010 at 18:44 Uhr |
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schnaebi
Level: Jr. Member
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Re: Architektenwettbewerb
Hallo Dresden,
vielen Dank für Informationen. Das kann ja noch heiter werden!
Grüße.
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Unser (Alp-)Traum vom Haus
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10.03.2010 at 17:23 Uhr |
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