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CT1956
Level: Sr. Member
Beiträge: 151
Registriert seit: 17.03.2007
IP: Logged
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Auftrag oder nicht?
Ich brauche mal eine kurze Pause. Deshalb diktiere ich eine kleine Anekdote zur Unterhaltung, die ich vor ein paar Jahren erlebt habe.
In Nordhessen sollte ein Hotelanbau errichtet werden. Es sollte ein Ballsaal mit aufwändiger Entrauchung und allen Drum und Dran gebaut werden. Für die Raumlufttechnik und nur dafür, wurde ein TGA-Planer benötigt. Wir haben, wie es immer so gemacht wird, zunächst einmal angefangen und die Grundlagen erarbeitet. Hierzu gehören unter anderem die Ermittlung der Kühllast zur Festlegung der erforderlichen Luftmenge für die Kühlung über Luft sowie die Erarbeitung eines Entrauchungskonzeptes zusammen mit dem Brandschutzplaner.
Zwischenzeitlich haben wir dem Eigentümer, der uns nach Kassel eingeladen hatte, ein Angebot gemacht. Kurz darauf wurden wir von seiner Sekretärin angerufen. Das Gespräch endete am Telefon mit den Worten: "Also: Hiermit beauftrage ich Sie im Namen des Herrn ..." Ich bestand trotzdem auf einer schriftlichen Bestätigung, Beauftragung oder Bestellung. Bis zum Eintreffen dieses Schreibens haben wir mit halbem Gas weitergearbeitet. Drei Wochen später wurden ohne weitere Abstimmungen und ohne weitere Planungsbesprechungen zunächst ein Entwässerungsbauantrag und dann nachdrücklich Aussparungspläne angefordert.
Als wir wieder auf einer schriftlichen Beauftragung bestanden - schließlich kannten wir den Bauherrn vorher gar nicht - antwortete die Sekretären am Telefon: "Wenn Sie einen Auftrag von uns haben wollen, dann bekommen keinen! Entweder arbeiten Sie ohne schriftlichen Auftrag oder wir beenden das (Spiel)."
Wir haben das damit beendet, dem Auftraggeber alle bis dahin erarbeiteten Unterlagen (Vorentwurfspläne, Kühllastberechnung, Erläuterungsbericht zum Vorentwurf) zugeschickt und nie eine Rechnung gestellt, da das sowieso zwecklos gewesen wäre.
Fazit: Entweder man besteht auf einer schriftlichen Beauftragung und bekommt keinen Auftrag oder man bekommt keinen Auftrag, arbeitet und läuft seinem Geld hinterher.
[Edited by CT1956 on 24.03.2010 at 16:58 Uhr]
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Dipl.-Ing. (FH) Christian Tietje
Energie- und Wärmetechnik
Gießen 1983
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24.03.2010 at 16:45 Uhr |
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bento
Level: Sr. Member
Beiträge: 902
Registriert seit: 25.03.2007
IP: Logged
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Re: Auftrag oder nicht?
Eigentlich hätte ich bei einer Anekdote wenigstens ein belustustigendes Stilelement erwartet, aber das ist ja mehr ein Drama!
Das, was mir aber überhaupt nicht gefällt, ist das Fazit ([url=http://]http://de.wikipedia.org/wiki/Fazit[/url]) und zwar deshalb, weil ein normaler Betrachter daraus folgern könnte, dass es keine normalen Auftragsabwicklungen mehr gibt.
Der beschriebene Fall stellt sicherlich die ganz große Ausnahme dar, denn:
- ich habe noch nicht erlebt, dass sich ein Auftraggeber bei dem Wunsch nach einem schriftlichen Auftrag derart verweigert hat (zumal dem in den meisten Fällen Angebote seitens der Planer vorausgehen).
- ein AG derart im Hintergrund bleiben möchte und nicht einmal ein Interesse daran hat, seine zukünftigen Planer kennenzulernen.
- Planer bei erbrachten Leistungen in diesem Stadium "kampflos" (d.h. ohne eine Rechnung zu stellen) auf ihr Honorar verzichtet haben.
Bei der öffentlichen Hand geht fast alles mit schriftlichem Auftrag und selbst bei privaten Bauherren gibt es nach meiner Erfahrung in der überwiegenden Zahl der Fälle wenigstens ein (unterschriebenes) Angebot als Vertragsbasis.
Natürlich ist die Fage, ob es mit der Bezahlung auch immer reibungslos klappt, völlig separat hiervon zu sehen.
Mein Fazit:
Ein schriftlicher Vertrag im Vorfeld ist immer für beide Seiten ideal.
Falls kein schriftlicher Vertrag existiert, ist der Planer eigentlich sogar im Vorteil, denn:
- wenn er Leistungen erbringt, die der AG annimmt, dann hat er auf jeden Fall einen Honoraranspruch, während der AG keine Ansprüche auf Leistungserbringung - und schon gar nicht zu bestimmten Terminen - hat.
- der Planer hat die Möglichkeit, die vollen Prozentsätze der einzelnen Leistungsphasen nach HOAI abzurechnen, ohne dafür alle Grundleistungen erbringen zu müssen. Bei schriftlichen Verträgen sind alle Leistungen, die vertraglich geschuldet sind, zu erbringen oder man muss ggfls. mit Honorarabzug rechnen.
Und jetzt bin ich mal gespannt auf die Antworten!
bento
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24.03.2010 at 19:30 Uhr |
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dresden
Level: Sr. Member
Beiträge: 164
Registriert seit: 06.05.2005
IP: Logged
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Re: Auftrag oder nicht?
Solche "Spielchen" wie sie CT1956 beschreibt, kenne ich auch, kann aber letztlich bento nur zustimmen:
Es kommt immer mal wieder vor, dass der eine oder andere "professionelle" Bauträger und Investor es gezielt darauf anlegt, die Winkel des Werkvertragsrechts für sich nutzen und die Planer und Baufirmen austricksen zu wollen; dabei scheuen diese "Profis" eine Unterschrift auf einem Papier wie der Teufel das Weihwasser, um sich hinterher den Sachverhalt zurechtbiegen zu können. Aber abgesehen davon, dass es doch tatsächlich nicht so häufig vorkommt, wie man denkt, geht gerade im Planungsrecht dieser Schuss fast regelmässig "nach hinten" los. Architekten und Ingenieure haben da nun einmal mit dem gesetzlichen Preisrecht der HOAI eine ausgesprochen komfortable Situation. Wichtig ist nur, dass der Planer von Anfang an nachhaltig an einer "Aktenlage" arbeitet und seinerseits Papier produziert, wenn er merkt, dass es der Auftraggeber offenbar drauf anlegt. Die Schwierigkeiten entstehen eigentlich nur in den Fällen, wo der Planer ausser seinen Plänen nichts Nennenswertes verfaßt hat. Da ist dann die Beweislage, dass seine Planungen wirklich beauftragt und gewollt waren, kompliziert. Ansonsten gilt der altbewährte Spruch: "Wer schreibt, der bleibt." Sprich: jedes entsprechende Telefonat / Gespräch per Notiz schriftlich bestätigen, kein Telefonat/Gespräch alleine führen, wenn irgendwie möglich, bei der Übersendung von Plänen dazu schreiben "entsprechend Ihres Auftrags" usw., außerdem frühzeitig darauf hinweisen, dass es "ab jetzt Geld kostet".
Verständlich ist allerdings, wenn man gar keine Lust dazu hat, so arbeiten zu müssen und es deshalb von vornherein lieber sein läßt. Andernfalls kann man aber sogar "den Spieß umdrehen": in seinen schriftlichen Bestätigungen des mündlichen Auftrags unbedingt angeben, welchen Umfang der Auftrag hat. Wenn dann die erste, möglichst bald zu stellende Abschlagsrechnung trotz Mahnung nicht bezahlt wird, können Sie den Vertrag kündigen - und dann den Anspruch auf das gesamte Honorar für den gesamten Auftrag geltend machen, nur abzüglich der (wenigen) ersparten Aufwendungen. Eine ausgesprochen komfortable Verhandlungsposition für ein hübsches Sümmchen im Rahmen einer vergleichsweisen Erledigung der Angelegenheit.
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Dr. R. Althoff, FA Bau- und ArchitektenR, FA VerwR, Spezialist für die HOAI
www.Bau-und-Immobilie.de - Dresden.Erfurt.Dortmund.Berlin
- gem. d. Nutzungsbed. ist dies eine unverbindl. Meinung, keine Rechtsberatung -
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27.03.2010 at 17:05 Uhr |
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