|
Ankündigungen: Willkommen im Forum von HOAI.de. Für die Teilnahme an diesem Forum gelten unsere Nutzungsbedingungen.
|
BAU-Knecht
Level: Jr. Member
Beiträge: 3
Registriert seit: 18.09.2011
IP: Logged
|
HOAI-Abrechnung auch ohne Auftrag
Hallo,
ich habe immer wieder aufmerksam die Themen diese Forum verfolgt und dabei gedacht, dass passiert dir nie!.
Folgender Sachverhalt:
Ein mir gut bekannter Makler betreut für einen Investor mehrere Projekte. Der Investor ist mir ebenfalls bekannt. Seriöse Außenwirkung, bisher erfolgte aber noch keine Zusammenarbeit. Diese Bestandsimmobilien sollen nach Wünschen der Mieter umgebaut werden. Für die Vermietbarkeit benötigt der handlungsvollmächtigter Makler Grundrissdarstellungen, die gleichermaßen dem Mietvertrag anhängig werden sollen. Ich schätze keine Kosten, sondern ermittel immer die Massen und erstelle eine Kostenberechnung nach marktüblichen Preisen.
Bei einem Projekt (Größe ca.: 18.000 m²) haben wir 10 Varianten gezeichnet. Der letzte Entwurf sollte zur Ausführung kommen und war sozusagen bauantragsreif. Einen Auftrag erhalte ich mündlich über den Makler. Der schriftliche Auftrag soll direkt mit dem Investor abgeschlossen werden, der weilt aber während der Leistungserbringung im Ausland. Als der Inverstor wieder vor Ort ist, wird erklärt, dass ein Auftrag erst mit einem unterschriebenen Mietvertrag erfolgen kann. Das habe ich erstmal geschluckt. Weil es mir anschließend zu lange dauerte, habe ich Abschlagsrechnungen gestellt, die auch gezahlt wurden.
Da der Supergau: sämtliche Projekte platzen wie Seifenblasen, es wurden keine Mietverträge unterzeichnet und somit auch kein Auftrag für mein Büro unterzeichnet. Auf Durchhalteparolen hatte ich nach 18 Monaten keine Lust mehr und stellte die Schlussrechnung nach HOAI (Mindestsatz, Umbauzuschlag 20%, keine Nebenkosten) bis zur LP 2 +3. Der Investor sendete mir die Rechnung zurück. Begründung: weder der Investor noch der Makler haben mir einen Auftrag erteilt.
Hat jemand eine Idee, wie man hier weiter vorgehen muss.
Gruß, BAU-Knecht
|
18.09.2011 at 12:22 Uhr |
|
|
fdoell
Level: Moderator
Beiträge: 2442
Registriert seit: 10.01.2003
IP: Logged
|
Re: HOAI-Abrechnung auch ohne Auftrag
Guten Tag,
das Problem liegt hier wohl nicht in der Frage "Abrechnung nach HOAI oder anders" sondern in der Frage "wie kann ich beweisen, dass ich einen Auftrag erhalten habe". Da hierzu ggf. viele Projektdetails, Besprechungsvermerke, Schriftwechsel, Zeugenaussagen zu mündlichen Aussagen oder Entgegennahme von Unterlagen etc. gesichtet werden müssen und die Frage einer Beauftragung eher eine juristische denn eine honorartechnische ist, empfehle ich die Einschaltung eines fachkundigen Rechtsbeistands.
____________________________
Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
HOAI-Sachverständiger
www.doellconsult.de
|
18.09.2011 at 15:07 Uhr |
|
|
BAU-Knecht
Level: Jr. Member
Beiträge: 3
Registriert seit: 18.09.2011
IP: Logged
|
Re: HOAI-Abrechnung auch ohne Auftrag
Hallo Herr Doell, vielen Dank für die Antwort.
Eine Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes ist sicher der nächste Schritt. In den 20 Jahren meiner Selbstständigkeit habe so eine Dreistigkeit auch noch nicht erlebt.
Ich bezahle doch keinem Architekten auf eine Projekt Abschlagszahlungen und sende die Schlussrechnung mit der Behauptung zurück, dass gar kein Auftrag für erteilt wurde!?! Auch hatte immer den Satz im Hinterkopf, wenn nichts gilt, dann gilt immer die HOAI.
Im Internet habe ich dazu folgenden Text gefunden: Werden Leistungen, für die eine Honorarvereinbarung möglich ist, beauftragt, ohne dass die Parteien ein Honorar der Höhe nach festgelegt haben, sind diese grundsätzlich vergütungspflichtig. Nach herrschender Rechtsprechung schließt jeder, der die Dienste eines Architekten in Anspruch nimmt, regelmäßig – zumindest stillschweigend – einen Architektenvertrag ab und muss demgemäß mit der Verpflichtung zur Zahlung einer Vergütung rechnen. Werden daher Beratungsleistungen, vom Auftraggeber mündlich, schriftlich oder nur durch konkludentes Verhalten beauftragt, sind diese zu vergüten. Kann ich mich auf so eine Aussage stützen.
Das Problem ist, wie soll ich ein gescheites Mahnverfahren in Gang setzen, wenn die Rechnung gar nicht erst in die Hände des AG gelangt, weil er sie gleich zurück sendet.
Der AG hat sich fast bei jedem Termin von seinem Makler vertreten lassen, selbst ist er gar nicht in Erscheinung getreten. Der AG wurde im Grunde nur im Mail-Verkehr auf CC gesetzt und über die Vorgänge informiert. Ich verfüge als Beweismittel über Zeugen, hunderte Seiten Mail-Verkehr und Planungzeichnungen. Kann ich eigentlich nach Leistungsphasen abrechnen, wenn gar kein Auftrag vorliegt. Ich hatte bereits erwähnt, dass wir diverse Vorplanungen und Entwurfsplanungen geleistet haben. Ist es ggf. ratsam, einfach auf Stundenbasis abzurechnen? Was glauben Sie, wie sollte man da vorgehen?
Gruß, BAU-Knecht.
|
18.09.2011 at 16:26 Uhr |
|
|
dresden
Level: Sr. Member
Beiträge: 164
Registriert seit: 06.05.2005
IP: Logged
|
Re: HOAI-Abrechnung auch ohne Auftrag
Lieber BAU-Knecht,
Herr Doell hat bereits auf den Knackpunkt hingewiesen: die alles entscheidende Frage ist, ob ein Vertrag zustande gekommen ist , und: mit welchem Inhalt/Umfang.
Bitte unterscheiden Sie unbedingt immer zwei Stufen, nämlich das OB und das WIE:
1. Stufe: der Vertragsschluss (Ihr Zahlungsanspruch DEM GRUNDE NACH)
Dies beurteilt sich ausschliesslich nach BGB. Die HOAI hat hier überhaupt noch nichts zu suchen. Es geht allein darum, ob es in dem großen dicken Wollknäuel der bisherigen Geschehnisse und Abläufe irgendwo zu einem bestimmten Zeitpunkt zwei übereinstimmende Willenserklärungen gibt: ein Angebot und eine Annahme. Dann - und nur dann - haben Sie einen Vertrag. Und dann - und nur dann - bekommen Sie Geld.
2. Stufe: Die Berechnung (Ihr Anspruch DER HÖHE NACH)
Wenn wir über die Hürde der Stufe 1, OB es überhaupt einen Vertrag gibt, erfolgreich hinweg kommen, dann müssen/dürfen wir uns mit der Frage befassen, wie Ihr Zahlungsanspruch richtig berechnet wird, nämlich z.B.nach HOAI, oder nach individueller Vereinbarung usw.
Nun, Ihr Problem liegt hier ja ganz offenkundig im Bereich der Stufe 1. Es handelt sich um eine Fallvariante aus dem allseits bekannten Themenkreis "Noch Akquisition (kein Geld) oder schon Vertrag (Geld!)" Wenn Sie nun die Historie Ihres Falls danach absuchen, wo die beiden notwendigen Willenserklärungen (Angebot und Annahme) stecken, dann müssen Sie nciht unbedingt nach einem ausdrücklichen Auftrag suchen. Das haben Sie selbst instinktiv auch schon richtig angedeutet. Ein Vertrag kann auch zustande kommen durch schlüssiges Verhalten, und dabei ist es durchaus auch möglich, dass dieses schlüssige, zu einem Vertragsschluss führende Verhalten nicht einmal in der Person des Auftraggebers selber passierte, sondern durch einen Bevollmächtigten oder mit Wissen des Auftraggebers entsprechend handelnden Dritten (hier: der Makler).
Ein schlüssiges Verhalten sind aber - natürlich - gerade auch die Überweisungen auf Ihre Abschlagsrechnungen. Damit haben Sie ein ganz dickes Plus in der Tasche. Aber Achtung: die Überweisungen der Abschlagsrechnungen können durchaus auch NUR beweisen, dass die bis dahin erbrachten Planungsleistungen im Nachhinein genehmigt und akzeptiert wurden, während es tatsächlich keinerlei Auftrag für weitergehende Leistungen gibt, die jetzt Gegenstand Ihrer Schlussrechnung sind. Das hängt sehr von den Details des Falles ab.
Juristisch ist das ein weites Feld. Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte ist dabei z.T. sehr unterschiedlich; einige OLG sind durchaus planerfreundlicher und kommen schnell zu einem Vertragsschluss, andere legen sehr strenge Maßstäbe an. Insgesamt muss man leider sagen, dass die Planer hier eher einen schweren Stand haben, zumal der Planer die Beweislast trägt; er muss darlegen und beweisen, dass der mutmaßliche Auftraggeber tatsächlich mit ihm einen Vertrag abgeschlossen hat, sich also rechtsgeschäftlich zu einer Vergütungspflicht binden wollte.
Ihr Zitat aus dem Internet ist zwar richtig, aber eben nur EIN Aspekt. Lesen Sie z.B. mal die Leitsätze des OLG Hamburg vom 10.02.2011, hier ein kurzer Ausschnitt: "Bei der Annahme eines Vertragsschlusses ist zu berücksichtigen, dass nicht schon der Entfaltung der Tätigkeit als solcher vertragliche Indizwirkung zukommt (Übersetzung ins Normaldeutsch: die Erbringung auch umfangreicher Planungen ist noch kein Hinweis und erst recht kein Beweis für einen vergütungspflichtigen Auftrag), weil gerade bei Großprojekten Planungsleistungen häufig im vorvertraglichen Stadium in der Erwartung erbracht werden, sich im Realisierungsfall einen interessanten Auftrag zu sichern." Und ähnliche Urteile gibt es inzwischen wie Sand am Meer.
Um Ihren Anspruch gerichtlich durchzusetzen wird es sehr wichtig sein, die gesamten Geschehnisse genau zu analysieren und die Aspekte, die für einen rechtsgeschäftlichen Bindungswillen des Auftraggebers sprechen (und zwar konkret in Bezug auf den Umfang aller von Ihnen abgerechneten Leistungen!!), so genau und überzeugend darzulegen, dass sich die Beweislast umkehrt, dass nämlich der Auftraggeber im Prozess nicht mehr einfach nur einen Vertrag bestreiten darf, sondern seinerseits darlegen und beweisen muss, dass entgegen aller Indizien ausnahmsweise doch kein Vertrag zustande kam. Dann haben Sie eine sehr gute Erfolgsaussicht.
Übrigens: dass Ihr Gegenüber die Rechnung wieder zurückgeschickt hat, ist juristisch völlig irrelevant; entscheidend ist allein, dass er sie hatte.
Toi toi toi!
____________________________
Dr. R. Althoff, FA Bau- und ArchitektenR, FA VerwR, Spezialist für die HOAI
www.Bau-und-Immobilie.de - Dresden.Erfurt.Dortmund.Berlin
- gem. d. Nutzungsbed. ist dies eine unverbindl. Meinung, keine Rechtsberatung -
|
18.09.2011 at 17:59 Uhr |
|
|
BAU-Knecht
Level: Jr. Member
Beiträge: 3
Registriert seit: 18.09.2011
IP: Logged
|
Re: HOAI-Abrechnung auch ohne Auftrag
Sehr geehrter Herr Dr. Althoff, herzlichen Dank für die Information, dass war am Sonntagabend allerdings eine echt schwere Kost!
Das muss ich erst mal verdauen. Ich bin mir sehr wohl bewusst, dass ich mich auf einem ganz schmalen Grad bewege. Aber genau den von Ihnen beschriebenen Weg bereite ich gerade vor, den da sehe ich auch meinen Vorteil. Aufgrund unserer gut geführten Aktenlage werde ich sicher in der Lage sein, die entsprechenden Indizien darzustellen.
Es ist ja nicht so, dass wir grundsätzlich ohne Auftrag arbeiten. Dabei unterscheide ich bewusst, ob wir uns noch in der Akquise befinden (und kein Honorar verlangen) oder ob die Planungen schon so weit fortgeschritten sind, dass ein Auftrag zustande kommen muss.
Mein Fehler war, dass ich mich darauf eingelassen habe aus der Akquise heraus ohne Auftrag das Projekt weiterzuführen und weiterhin nicht für eine Willenserklärung des AG zu sorgen. Als der AG wieder in Deutschland war, hatten wir unsere Leistung zu 80% (LP 2-3) erledigt. Da ist man schon am Überlegen, ob man Druck ausübt und auf den Auftrag besteht, zumal die Abschlagsrechnungen anstandslos bezahlt wurden und man das Projekt weiterführen will. Dass das Projekt wie eine Seifenblase geplatzt ist, ahnte selbst der AG nicht.
Ich nehme Ihr toi, toi, toi mit auf dem Weg und werde beizeiten im Forum über den Fortschritt berichten.
Gruß, BAU-Knecht.
|
18.09.2011 at 21:44 Uhr |
|
|
Ariadne
Level: Jr. Member
Beiträge: 2
Registriert seit: 15.03.2016
IP: Logged
|
Re: HOAI-Abrechnung auch ohne Auftrag
Ein Hallo in die Runde,
ich habe diesen Beitrag noch einmal aus der Versenkung heraufgeholt, und ich hoffe, dass für den Kollegen die Sache glimpflich ausgegangen ist. Ein Thema, das auch heute an Aktualität nicht verliert.
Meine Frage: Wie verhält sich eigentlich die Schnittstelle HOAI zum BGB-Vertrag, bezogen auf Gewährleistung gem. HOAI, nach Stellung der Schlussrechnung, wann auch immer die gestellt wird?
Als Leserin in diesem Forum bedanke ich mich für die vielen klugen und ausführlichen Beiträge.
Gruß
Ariadne
|
24.03.2016 at 17:09 Uhr |
|
|
fdoell
Level: Moderator
Beiträge: 2442
Registriert seit: 10.01.2003
IP: Logged
|
Re: HOAI-Abrechnung auch ohne Auftrag
Welche Schnittstelle meinen Sie denn genau? im BGB sind Regeln zur Auftragserteilung und Vergütungspflicht enthalten, die HOAI benennt dagegen lediglich für einige häufig vorkommende Planungsleistungen in gewissen Grenzen zulässige Honorare.
____________________________
Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
HOAI-Sachverständiger
www.doellconsult.de
|
26.03.2016 at 10:06 Uhr |
|
|
Forum Eigenschaften:
Wer kann neue Beiträge erstellen ? Administrator, Moderator, Sr. Member, Member, Jr. Member
Wer kann auf Beiträge antworten ? Administrator, Moderator, Sr. Member, Member, Jr. Member
Wer kann Beiträge lesen ? Administrator, Moderator, Sr. Member, Member, Jr. Member, Gast
HTML An ? no
UBBC An ? yes
Wortfilter ? no
|
|
|
|