fdoell
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Re: Kostenberechnung
So, spasseshalber und um solche Fragen für viele andere Fälle einmal zu beantworten, hier die Herangehensweise.
Das Vorgehen ist so, dass man zunächst einmal zuordnen muss, ob überhaupt und wenn ja nach welchem Leistungsbild eine Planungsleistung zu vergüten ist. Der Trick des Professors ist natürlich, dass er Maßnahmen unsortiert auflistet. Gehen wir mal der Reihe nach:
A.
„Es existieren keinerlei schriftliche Vereinbarungen zwischen den Vertragsparteien.“ Hieraus folgt zum einen nach § 7 Abs. 1 HOAI, dass nur die Mindestsätze in den jeweiligen Honorarzonen abgerechnet werden können, zum anderen, dass die Nebenkosten nach § 14 HOAI nur auf Nachweis zu erstatten sind.
B.
„Der Auftrag umfasste alle Architektenleistungen bis zur Fertigstellung des Gebäudes.“ Ein gewisser Widerspruch zur Aufgabe, auch das Honorar für Tragswerksplanung zu berechnen. Sicherlich ist daraus aber abzuleiten, dass die Leistungsphasen 1-9 nach § 33 HOAI vollständig erbracht und zu honorieren sind.
C.
„Die Kosten der Baukonstruktion betragen in der Kostenberechnung 280.000,00 Euro inkl. MwSt. und in der Kostenfeststellung 320.000,00 Euro inkl. MwSt.“ Nach § 6 Abs. 1 HOAI i.V.m. § 4 Abs. 1 letzter Satz HOAI sind die Nettokosten der Baukonstruktion laut Kostenberechnung maßgeblich, also 280,000 / 1,19 = 235.294 €.
D.
„Sie haben den Bauherren mündlich über 20.000,00 Euro Mehrkosten im Bereich Baukonstruktion informiert.“ Das Ziel der HOAI 2009 ist ausweislich der amtlichen Begründung die Abkoppelung des Honorars von den tatsächlichen Baukosten. Maßgeblich soll daher die Kostenberechnung für die Honorarberechnung sein. Sofern die Baukostensteigerung sich also lediglich aus den angebotenen Preisen der Unternehmer herleitet, ist das für die Honorarberechnung unerheblich – es bleibt bei den Kosten der Kostenberechnung.
Liegt den Mehrkosten dagegen eine Planungsänderung zugrunde, z.B. weil das Erdreich irgendwelche Überraschungen brachte, die nicht vorhersehbar waren und müssen dafür nachträgliche Planungsleistungen erbracht werden (z.B. die Beseitigung alter Gebäudereste, von Altablagerungen oder besondere Gründungsmaßnahmen, weil der Boden doch anders war als im Baugrundgutachten dargestellt), können sich dagegen die Kosten der Kostenberechnung nachträglich erhöhen.
Da solche Angaben nicht gemacht wurden, wird übungshalber davon ausgegangen, dass der erste Fall maßgeblich ist, d.h. dass die Kostenerhöhung keine Auswirkungen auf die Honorarberechnung hat.
E.
„Die Kosten der Gebäudeinstallation betragen 75.000,00 Euro zzgl. MwSt.“ Nach § 32 HOAI sind diese Kosten mit der dort genannten Abminderungsformel anrechenbar. Achtung Falle: hier sind bereits die Nettokosten genannt – im Gegensatz zu den Baukonstruktionskosten incl. MwSt.
F.
„Sie beraten den Bauherren bei der Anschaffung eines Teleskops im Wert von 10.000,00 Euro zzgl. MwSt. und planen hierfür eine Kuppel für 15.000,00 Euro inkl. MwSt. Für beide Kosten wurde die Erweiterung der Kostenberechnung schriftlich vereinbart, wobei das Teleskop in die Kostengruppe 612 nach DIN 276 eingeordnet wurde.“ Wenn die Erweiterung der Kostenberechnung schriftlich vereinbart wurde, ist davon auszugehen, dass sich damit die anrechenbaren Kosten gegenüber den og. Zahlen erhöhen.
Die Kuppelkosten mit 15.000 / 1,19 = 12.605 € gehören zu den Kosten der Baukonstruktion (genau betrachtet, wäre auch zu vermuten, dass da auch Technische Ausrüstung enthalten ist, z.B. für Beleuchtung, Heizung usw., die ebenfalls nur mit der og. Abminderungsformal ansetzbar wären. Da diese aber nicht getrennt ausgewiesen wurden, wird zur Vereinfachung angesetzt, dass es sich nur m Kosten der Baukonstruktion handelt. Im realen Leben müsste das aber hinterfragt werden).
Die Teleskopkosten gehören zu KG 612 Besondere Ausstattung. Nach § 32 Abs. 3 HOAI sind die Kosten jedoch voll anrechenbar, da der Planer zumindest bei der Beschaffung mitwirkt. Im Ergebnis also nochmals anrechenbare Kosten der Gebäudeplanung in Höhe von 10.000 € netto.
G.
„Die Kosten der vom Architekten geplanten und ausgeführten Außenanlagen betragen 7.000,00 Euro inkl. MwSt.“ Nach § 32 Abs. 4 sind Kosten der Außenanlagen bei der Gebäudeplanung mit anrechenbar, wenn sie unter 7.500 € betragen. Dies erhöht also ebenfalls die anrechenbaren Kosten der Gebäudeplanung in Höhe von 7,000 / 1,19 = 5.882 € und führt nicht zu einem separaten Honorar für Freianlagen.
H.
„Die Kosten vom Landschaftsplaner ohne Ihre Mitwirkung erstellten Außenanlagen betragen 25.000,00 zzgl. MwSt.“ Diese Kosten sind nun nicht anrechenbar, da es sich um den Auftrag eines anderen Planers handelt.
I.
„Der Bauherr schafft einen Picasso im Wert von 2.000.000,00 Euro inkl. MwSt. für das Wohnzimmer an.“ Das Gemälde zählt zur Kostengruppe 621 Kunstobjekte. Da hier – im Gegensatz zum Teleskop – keine Mitwirkung des Planers beschrieben wird, sind diese Kosten nicht anrechenbar.
J.
„Berechnen Sie das Honorar des Architekten und das Tragwerksplaners für den Umbau des nachfolgend beschriebenen Einfamilienwohnhauses.“ Dieser Satz beinhaltet 2 Themen.
Zum einen handelt es sich um einen Umbau. Aus § 35 Abs. 1 folgt, dass bei einer Einordnung des Objekts mindestens in Honorarzone II – da keine anderweitige Vereinbarung geschlossen wurde – ein Umbauzuschlag in Höhe von 20% anzusetzen ist. Nach § 49 Abs. 3 gilt § 35 auch für die Tragwerksplanung. Ein Umbau wurde jedoch nur am Gebäude selbst durchgeführt; die Teleskopkuppel und die Außenanlagen erfüllen i.d.R. nicht den Tatbestand des Umbaus. Der Umbauzuschlag wird also nur für einen Teil der Maßnahmen angesetzt.
Zum anderen jedoch ergibt sich eine Lücke in der Aufgabenstellung: zu den Leistungen des Gebäudeplaners wurde eine Aussage getroffen, zu den Leistungen, die der Tragwerksplaner erbracht hat, jedoch keine. Bei der Honorarberechnung ist also offen, für welche Leistungen der Tragwerksplaner zu honorieren ist. Selbst wenn man nur eine vereinfachende Annahme trifft, z.B., dass die Leistungsphase 1-6 der Tragwerksplanung nach § 40 Abs. 1 HOAI bearbeitet wurden, kann sich je nach Art der Konstruktion und des beauftragten Umfangs dabei aber die Teilleistungs-Prozentzahl in Leistungsphase 5 nach § 49 Abs. 2 verringern. Die korrekte Antwort wäre hier also, das Honorar bzgl. der Höhe offen zu lassen, da die Teilleistungen nicht definiert sind.
K.
Was für die Honorarberechnung ebenfalls völlig offen ist, sind die Honorarzonen für die Gebäudeplanung und die Tragwerksplanung.
Bei der Gebäudeplanung kann man möglicherweise die Annahme treffen, dass wer sich einen Picasso anschafft auch ein Gebäude mit überdurchschnittlicher Ausstattung hat; dann ergäbe sich nach Anlage 3.1.4 zur HOAI hieraus die Honorarzone IV.
Bzgl. der Tragwerksplanung sagt das jedoch nichts aus, da sich deren Honorarzone nicht nach der Gebäudeplanung richtet, sondern nach der Komplexität des Tragwerks. Je nach Architektur und Bauart kann das von Honorarzone II bis V gehen.
Handelt es sich um ein Tragwerk der Hz III oder höher, ist auch die Überwachung des Tragwerks auf Übereinstimmung mit den Standsicherheitsnachweis nach Anlage 11 Lph. 8 Buchst. B) HOAI nicht in den Grundleistungen der Objektüberwachung enthalten und wäre separat zu honorieren (frei kalkulierbar).
Soweit also zur Erläuterung für Sie und alle anderen LeserInnen dieses Beitrags. Eine konkrete Herleitung des Honorars, soweit es nach der Aufgabenstellung überhaupt berechenbar ist, könnte also wie folgt lauten:
1. Anrechenbare Kosten
1.1 Gebäudeplanung (§ 32 HOAI)
Kosten der Baukonstruktion 235.294 €
Kosten der zusätzlichen Baukonstruktion Teleskopkuppel 12.605 €
Anrechenbare Kosten der Ausstattung 10.000 €
Bei der Gebäudeplanung anrechenbare Kosten der Außenanlagen 5.882 €
Summe der „sonstigen anrechenbaren Kosten“ nach § 32 Abs. 1 = 263.781 €
Kosten der technischen Ausrüstung: 75.000 €
Anrechenbar nach § 32 Abs. 1:
- Sonstigen anrechenbaren Kosten: 263.781 €
- Kosten der technischen Ausstattung bis 25% = 263.781*0,25 = 65.945 € voll anrechenbar
- Darüber hinaus gehende Kosten der technischen Ausstattung = 75.000-65.945 = 9.055 € sind nur hälftig anrechenbar, also mit 9.055/2 = 4.527 €
Anrechenbare Kosten der Gebäudeplanung insgesamt: 263.781 + 65.945 + 4.527 = 334.253 €
1.2 Tragwerksplanung (§ 48 Abs. 1 HOAI)
55% der Baukonstruktionskosten: (235.294 + 12.605) * 0,55 = 136.344 €
10% der Technischen Anlagen: 75.000 * 0,10 = 7.500 €
Anrechenbare Kosten der Tragwerksplanung: 136.344 + 7.500 = 143.844 €
2. Erbrachte Teilleistungen
2.1 Gebäudeplanung
Lph. 1-9, bewertet mit 100% des Grundhonorars
2.2 Tragwerksplanung
Keine Angaben zum Leistungsumfang, nicht bewertbar.
Übungshalber angesetzt: Lph. 1-6 ohne Abminderungen nach § 49 Abs. 2 HOAI, bewertet mit 100% des Grundhonorars
3. Honorarzonen und Honorarsätze
3.1 Gebäudeplanung
Keine Angaben zur Honorarzone, übungshalber angesetzt: HZ IV Mindestsatz
3.2 Tragwerksplanung
Keine Angaben zur Honorarzone, übungshalber angesetzt: HZ III Mindestsatz
4. Honorar einschließlich Umbauzuschlägen
4.1 Gebäudeplanung
Grundhonorar in HZ IV für anrechenbare Kosten 334.253 € nach § 34 Abs. 1 HOAI: 36.662 €
Honorar: 36.662 * 100 % = 36.662 €
Umbauzuschlag auf umgebaute Gebäudekonstruktion:
- Anrechenbare Kosten bei ausschließlicher Umbauplanung:
- Baukonstruktion 235.294 €
- Technische Ausrüstung 75.000 €, bis 25% von 235.294 = 235.294 * 0,25 = 58.823 € voll anrechenbar, darüber hinaus = 75.000 – 58.823 = 16.177 hälftig, also mit 8.088 €
- in Summe somit 235.294 + 58.823 + 8.088 = 302.205 €
Dies entspricht einem Anteil von 302.205 / 334.253 * 100 % = 90,41 % der anrechenbaren Kosten der Gebäudeplanung.
Umbauzuschlag nach § 32: 20% auf die umgebauten Objekte.
Umbauzuschlag: 36.662 * 20 % * 0,9041 = 6.629 €
4.2 Tragwerksplanung
Grundhonorar in Hz III für anrechenbare Kosten 143.844 € nach § 50 Abs. 1 = 18.167 €
Die Umbauzuschlag auf die umgebaute Gebäudekonstruktion bezieht sich auch hier nur auf das umgebaute Objekt und nicht auf den Teleskopkuppelneubau.
- Anrechenbare Kosten bei ausschließlicher Umbauplanung:
- Baukonstruktion 235.294 € * 55 % = 129.412 €
- Technische Ausrüstung 75.000 € * 10 % = 7.500 €
- in Summe somit 129.412 + 7.500 = 136.912 €
Dies entspricht einem Anteil von 136.912 / 143.844 * 100 % = 95,18 % der anrechenbaren Kosten der Gebäudeplanung.
Umbauzuschlag: 18.167 * 20 % * 0,9518 = 3.458 €
5. Nebenkosten
Auf Nachweis, keine Angaben vorliegend. Übungshalber angesetzt: auf die Erstattung von Nebenkosten wird verzichtet.
6. Gesamtsummen
6.1 Honorar Gebäudeplanung
Honorar für Grundleistungen 36.662 €
Umbauzuschlag für umgebaute Objekte 6.629 €
6.2 Tragwerksplanung
Honorar für Grundleistungen 18.167 €
Umbauzuschlag für umgebaute Objekte 3.458 €
6.3 Summe netto
Nettobetrag: 36.662 + 6.629 + 18.167 + 3.458 = 64.916 €
6.4 Summe brutto
Falls der Planer vorsteuerabzugsberechtigt ist, wird auf das Honorar die gesetzliche MwSt. aufgeschlagen, derzeit 19% = 64.916 * 0,19 = 12.301,17
Betrag brutto dann: 64.743,00 + 12.334,04 = 77.077,04 €
So, nun können Sie das abschreiben oder – was sicherlich einen besseren Eindruck beim Prof. macht – die offenen Fragen klären, d.h.
aus D:
- Grund für die Baukostenerhöhung um 20.000 €
aus F:
- Technikanteil bei den Kosten der Teleskopkuppel
aus J:
- Honorarzonen Gebäudeplanung und Tragwerksplanung
- Leistungen Tragwerksplanung, ggf. Abzüge nach § 49 Abs. 2
- Besondere Leistungen Tragwerksplanung bei HZ III oder höher
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Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
HOAI-Sachverständiger
www.doellconsult.de
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