fdoell
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Re: Prozente für Teilleistungen
Guten Tag zusammen,
es erscheint sinnvoll, diese Zusammenhänge nochmals zu verdeutlichen:
1. In dem zitierten Fall http://www.hoai.de/forum/viewtopic.php?TopicID=1884&page=0#6950 ging es darum, dass in der Lph. 8 bei der Gebäudeplanung die Überwachung des Tragwerks auf Übereinstimmung mit der statischen Berechnung nach dem Text der HOAI nur dann Teil der Grundleistungen in Lph. 8 ist, wenn das Tragwerk der Honorarzone 1 oder 2 angehört, während bei Tragwerken der Honorarzonen 3-5 diese Überwachung in jedem Fall eine Besondere Leistung darstellt (i.d.R. vom Tragwerksplaner durchgeführt).
In diesem Fall gibt also die HOAI selbst her, was zu den Grundleistungen gehört und was nicht. Das war damit gemeint, dass eine Teilleistung nicht in jedem Fall erbracht sein muss, um das volle Honorar für eine Leistungsphase zu verdienen. Gehört in diesem Fall also das Tragwerk in Hz 1 oder 2, müssen die 31% des Honorars auf alle Grundleistungen einschließlich dieser Tragwerksüberprüfung aufgeteilt werden; bei Tragwerken in Hz 3-5 werden die 31% auf die übrigen Grundleistungen in Lph. 8 aufgeteilt und die Tragwerksüberwachung - so sie denn zu erbringen ist - ist als Besondere Leistung zusätzlich zu vergüten.
2. Ein ganz anderer Fall ist es, wenn die HOAI eine Grundleistung als zu erbringen benennt, um das volle Honorar der Leistungsphase zu verdienen, jedoch der konkrete Vertrag bestimmt, dass eine bestimmte dieser Leistungen nicht zu erbringen ist. Der BGH hat am 22.3.2012 - VII ZR 6/11 nochmals klargestellt, dass das Honorar für eine Leistungsphase um vollständig nicht übertragene Leistungen zu kürzen ist, korrespondierend mit dem (dem Urteil zugrunde liegenden) § 5 Abs. 2 Satz 1 HOAI a.F. Das gilt unabhängig vom Grund der Nichtübertragung und auch, wenn es wesentliche Leistungen sind, die da entfallen. Satz 2 des og. § kommt nur dann zur Anwendung, wenn wesentliche Teile einer Grundleistung (d.h. Teile der Teilleistung einer Lph.) nicht übertragen werden.
In dem von Ihnen genannten Fall b) haben Sie Recht, wobei die Frage der Aufteilung einer Grundleistung in Anteile, die vom AN durchzuführen sind und in solche, die nicht vm AN durchzuführen sind, auf der Leistungsseite klar formuliert werden müssen, damit auf der Honorarseite der richtige Honoraranteil ermittelt werden kann - was die alte HOAI bereits regelte (vgl. § 5 Abs. 2 Satz 2 HOAI a.F.).
In dem von Ihnen genannten Fall a) kommt es darauf an, ob der Vertrag im Einzelnen die zu erbringenden Leistungen regelt oder lediglich das Ziel einer Leistungsphase benennt und dafür das Honorar definiert. Beide Lösungen haben ihre Vor- und Nachteile:
- Werden die Leistungen im Einzelnen als Teilleistungen der HOAI definiert, erhält der AN von vornherein für nicht übertragene Leistungen kein Honorar (zur Höhe siehe unten). Werden später zunächst herausgenommene Leistungen wieder hinzugenommen, ist hierfür wieder das HOAI-Honorar fällig. Werden Leistungen erforderlich, die nicht explizit in der HOAI stehen, kann dafür ein Honorar für Besondere Leistungen vereinbart werden. - Im Ergebnis gibt es für jede klar definierte und zu erbringende Teilleistung ein Geld und für Nicht-HOAI-Leistungen ebenfalls.
- Bei einer Definition des Leistungsziels einer Lph. als vertraglich zu erbringende Leistung gibt es zunächst bei nicht erforderlichen Teilleistungen keinen Punktabzug, andererseits gibt es bei zusätzlich erforderlichen Leistungen, die nicht explizit in der HOAI stehen, evtl. kein Zusatzhonorar. Denn die Teilleistungen in der HOAI sind nur diejenigen, die im allgemeinen zur Erfüllung der Planungsaufgabe erforderlich sind; ihre Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Zur Höhe des Punktabzugs bei entfallenden Leistungen gibt es unterschiedliche Modelle. Verbreitet sind Tabellen, die jede Teilleistung individuell bewerten; es gibt auch Modelle, die jede Teilleistung mit gleichem Prozentsatz belegen. Seifert hat einmal einen Aufsatz geschrieben, in dem er belegt, dass die Verteilung der Prozentpunkte eigentlich bei jedem Projekt individuell zu ermitteln ist http://www.seifert-sv.de/files/ulrich_werner.pdf.
Nimmt man ersatzweise Tabellen, ergibt sich z.B. bei den Verkehrsanlagen in Lph. 4 folgendes Bild (links Siemon, rechts Simmendinger):
4.1 Erarbeiten der für die öffentlich-rechtlichen Verfahren erforderlichen Unterlagen einschließlich der Anträge auf Ausnahmen und Befreiung, Aufstellen des Bauwerksverzeichnisses unter Verwendung der Beiträge anderer an der Planung fachlich Beteiligter 3,5-4,0% ... 1,5-3,5%
4.2 Einreichen dieser Unterlagen 0,0-0,1% ... 0,0-0,5%
4.3 Grunderwerbsplan und Grunderwerbsverzeichnis 0,0-0,3% ... 0,0-0,5%
4.4 nur bei Verkehrsanlagen
4.5 Verhandlungen mit Behörden 0,1-0,5% ... 0,0-0,5%
4.6 Vervollständigen und Anpassen der Planungsunterlagen, Beschreibungen und Berechnungen unter Verwendung der Beiträge anderer an der Planung fachlich Beteiligter 0,3-1,0% ... 0,0-1,0%
4.7 Mitwirken beim Erläutern gegenüber Bürgern 0,0-0,5% ... 0,0-1,0%
4.8 Mitwirken im Planungsfeststellungsverfahren einschließlich der Teilnahme an Erörterungsterminen sowie Mitwirken bei der Abfassung der Stellungnahmen zu Bedenken und Anregungen 0,0-0,5% ... 0,0-1,0%
Was hierbei zu beachten ist, ist bei der durch die jeweiligen Autoren als üblicherweise vorkommend benannten Spannen die Bewertung von Teilleistungen auch mit 0% möglich ist. Ebenfalls zu beachten ist, dass eine projektweise Bewertung innerhalb dieser Spannen auf jeden Fall erforderlich ist, denn die reine Addition der og. Prozentsätze ergäbe ja 3,9-6,9% ... 1,5-8,0%, die Summe muss jedoch in jedem Fall genau 5,0% ergeben.
Es könnte also in Ihrem Fall gut möglich sein, dass auch wenn kein Planfeststellungsverfahren mit Erörterungstermin erforderlich ist, das Honorar für die Lph. 4 voll verdienbar ist. Ersatzweise kann ja auch die Mitwirkung in einem anderen Genehmigungsverfahren erforderlich werden – wie gesagt, die Auflistung in der HOAI ist ja nur beispielhaft für die typischen Aufgaben und nicht abgeschlossen. Besteht der AG auf Herausnahme eines Honoraranteils für 4.8, müssen Sie klarstellen, dass Sie z.B. bei Fragen zur Planung durch betroffene Dritte an deren Beantwortung nicht mitwirken, da solche Leistungen nicht übertragen wurden. Der AG müsste sich in diesem Fall schon überlegen, ob er das so will.
Auch der entfallende Grunderwerbsplan und das entfallende Grunderwerbsverzeichnis muss nicht unbedingt eine große Honorarminderung bedeuten. Stellen Sie sich einfach vor, die 1 oder 3 Grundstücke, auf denen das Ingenieurbauwerl liegt, müssten erworben werden. Der Aufwand für die genannten Unterlagen beträgt dann vielleicht 1, 2 oder 3 Stunden, die Prozentzahl wäre also ohnehin sehr niedrig anzusetzen. Hier mehr abzuziehen als es dem tatsächlichen Aufwand bei Übertragung der Leistung entspräche, wäre unbillig und nicht zu vertreten.
Die konkrete Frage der Honorierung von Teilleistungen ist und bleibt also eine spannende Sache. Fairness auf beiden Seiten dürfte hier wie meist zu einer ausgewogenen Bewertung führen, mit der alle Beteiligten gut leben können.
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Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
HOAI-Sachverständiger
www.doellconsult.de
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