Guten Tag,

Die Zusammenarbeit mit dem Architekten bewegt sich in Leistungsphase 6. Materiallisten für die Gewerke wurden erstellt, Angebote vom Architekten eingeholt.
Von den Ergebnissen erhielt ich die Preisspiegel, aber nicht die Angebote. Der Umbautermin steht noch nicht exakt fest, das war aber von Anfang an klar.

Ich habe den Architekt nun um die Angebote gebeten, entweder um sie bei mir aufzubewahren oder um Kopien zu machen. Er will sie nicht herausgeben mit der Begründung, dass dies unüblich sei.

Stimmt die Aussage des Architekten, ich kann sie nicht nachvollziehen?
Das Honorar für diese Planungsphase wurde bezahlt. Wir haben gut zusammengearbeitet und wollen es auch weiterhin.

Ist das Verhalten des Architekten korrekt?

Es wäre schön, wenn mir hier jemand weiterhelfen könnte.

Freundlicher Gruß

Sie befinden sich bereits in Leistungsphase 7 (http://www.hoai.de/online/HOAI_2009/HOAI_2009.php#anlage11).

Die von Ihrem Planer vorgesehene Vorgehensweise ist z.B. bei öffentlichen Auftraggebern undenkbar! Dort werden die Angebote eröffnet, nachgerechnet und dann erst bekommt sie der Planer, um sie inhaltlich auszuwerten.

Sie sollten die Angebote auch selbst sehen, um jegliche Mauschelei auszuschließen (z.B. ein günstigeres Angebot wird nach einem "Tippfehler" des Planers zum nicht günstigsten, so dass ein ihm bekanntes oder genehmes Unternehmen den Zuschlag erhält). Schließlich sind die Angebote an Sie gerichtet, da Sie sie ja auch beauftragen sollen. Oder was sollen Sie nach Ansicht des Planers denn beauftragen, wenn nicht ein konkretes Angebot an Sie?

Wenn der Planer die Angebote trotz Ihrer Anfrage nicht herausrücken möchte, würde ich persönlich eher mißtrauisch werden.

Sollte das der einzige Punkt sein, bei dem Sie mit Ihrem Planer nicht zufrieden sind, bitten Sie die angefragten Unternehmen einfach direkt um eine Angebotskopie. Sie sind ja hoffentlich vorher informiert worden, wer angefragt wird oder kennen die Namen spätestens aus den Preisspiegeln... Wenn Sie dort anrufen, können Sie ja auch gleich fragen, ob die schon einmal etwas unter der Bauüberwachung dieses Planers durchgeführt haben, d.h. ihn kennen (wobei das per se ja nichts Verwerfliches und oft ein Vorteil für die reibungslosere Bauabwicklung ist - nur im Kontext der Angebotsauswertung verbunden mit dem nicht herausrücken der Angebote bekommt das ein Geschmäckle).

Ansonsten teilen Sie dem Planer mit, dass er die Angebote in Ihrem Auftrag eingeholt hat (s. Lph. 7) und ein Zurückbehaltungsrecht ihm daran nicht zusteht.

Achten Sie auch darauf, dass die (schriftliche) Kostenkontrolle durch Vergleich des Kostenanschlags (=der zusammengestellten Unternehmerangebote) durchgeführt wird. Dazu sollten möglichst Angebote für mindestens 80% der gesamten Maßnahmen vorliegen, dann verringert sich die "Chance", bei den noch einzuholenden Angeboten nur höhere Summen genannt zu bekommen als in der Kostenberechnung vorgesehen (die meist auch Basis der Finanzierung ist) und damit ggf. das Budget schon bei Auftragserteilung zu überschreiten.

Wenn Sie selbst noch mehr wissen wollen, sollten Sie schauen, ob alle Leistungen der Kostenberechnung (die hoffentlich alle Leistungen mit Mengen ausweist, sonst ist sie nämlich keine) in den Angeboten auftauchen und ob die Mengenangaben zusammenpassen. Bei größeren Abweichungen lassen Sie sich schriftlich vom Planer erklären, warum es den Unterscheid gibt!

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Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
HOAI-Sachverständiger
www.doellconsult.de

Herzlichen Dank für die schnelle und ausführliche Antwort.

Es wurden Angebote für 80 % der Maßnahme eingeholt. Ich bin mit dem Planer zufrieden und nur in dem Punkt Angebotsauswertung gegenteiliger Ansicht.. Die Namen der angefragten Firmen liegen mir vor und einige arbeiten mit dem Planer auch seit langer Zeit zusammen. Die Firmenprofile hat er mir selbst vorgestellt.
Allerdings ist der durchschnittliche m² Preis für den Ausbau sehr hoch, das hat auch der Planer bestätigt. Hier lag meine Verunsicherung auch mitbegründet.

Ihre Antwort gibt mir einen klaren Handlungsspielraum. Dafür nochmals vielen Dank.

Mit besten Grüßen
Emoba

Die Tatsache, dass ein Planer die Firmenangebote sogar auf besonderen Wunsch des Bauherrn nicht herausgeben möchte, ist so unüblich, das es mich stutzig machen würde!

Viele Grüße
bento