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HOAI.de - Forum : Haftung für Planungs- und Bauüberwachungsfehler : Schriftliche Bestätigung der Mängelbeseitigung durch Architekt?
Beitrag von Nachricht
Bernhard
Level: Jr. Member
Beiträge: 1
Registriert seit: 22.10.2014
IP: Logged
icon Schriftliche Bestätigung der Mängelbeseitigung durch Architekt?

Folgender Fall:
Wir sind mit unserem Architekturbüro bei einem größeren Bauvorhaben mit den Leistungsphasen 1 - 8 beauftragt. Vor kurzem wurde auf der Baustelle das 1. Gewerk von uns in Vertretung und Abwesenheit des Bauherrn abgenommen. Dabei wurden kleinere Mängel festgestellt und im Rahmen des Abnahmeprotokolls festgehalten. Dieses Protokoll wurde dem Bauherrn zur Unterschrift vorgelegt.

Der Bauherr hat jedoch das Abnahmeprotokoll bis heute nicht unterschrieben - Begründung: Die Abnahme wird erst erteilt, wenn die Mängel beseitigt sind.

Zwischenzeitlich wurden alle Mängel beseitigt und vom Unternehmer die Mängelfreiheit schriftlich bestätigt.

Nach wie vor unterschreibt der Bauherr nicht, sondern verlangt von uns eine schriftliche Bestätigung der Mängelfreiheit.
Eine Überprüfung der Mängelbeseitigung war jedoch aufgrund des schnellen Baufortschritts nicht mehr möglich.

Nun meine Fragen:
1. Kann der Bauherr die Abnahme überhaupt verweigern? Eigentlich doch nicht?
2. Bin ich als bauleitender Architekt überhaupt verpflichtet, die Mängelfreiheit schriftlich zu bestätigen?
3. Wenn ja - geht man hierdurch erhöhte Haftungsrisiken ein?

[Edited by Bernhard on 22.10.2014 at 11:02 Uhr]

22.10.2014 at 11:01 Uhr
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C.Zeh
Level: Sr. Member
Beiträge: 378
Registriert seit: 03.12.2004
IP: Logged
icon Re: Schriftliche Bestätigung der Mängelbeseitigung durch Architekt?

Der Bauherr kann die Abnahme verweigern.
Sie können im Rahmen Ihrer Sorgfaltspflicht für die zu überprüfenden Bauteile einen Rückbau in Ihrer Gegenwart veranlassen, um die Mängelfreiheit zu überprüfen, mit einer schriftlichen Stellungnahme müssen Sie sich nicht zufriedengeben. Ziehen Sie den Bauherrn hinzu bei diesem Termin.
Last but no least-stellen Sie den Bau ein, bis eine mängelfreie Vorleistung erreicht ist.
Ansonsten sitzen Sie am Ende auf der Beweislast gegenüber Ihrem Bauherrn und laufen Ihrem Honorar hinterher.....
Meint Corinna Zeh

[Edited by C.Zeh on 22.10.2014 at 13:52 Uhr]

22.10.2014 at 13:52 Uhr
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fdoell
Level: Moderator
Beiträge: 2442
Registriert seit: 10.01.2003
IP: Logged
icon Re: Schriftliche Bestätigung der Mängelbeseitigung durch Architekt?

Eine Leistungsfeststellung, in der Literatur vielfach auch als "Technische Abnahme" bezeichnet, geht der rechtsgeschäftlichen Abnahme i.S.v. § 640 BGB voraus und ist Voraussetzung für letztere.

Der zweigliedrige Abnahmebegriff des § 640 BGB (körperliche Hinnahme der Leistung + Billigung, wobei der Schwerpunkt auf der Billigung liegt) beinhaltet keine Aussage darüber, in welcher Art und Weise die Abnahme vorzunehmen ist. Nach deutschem Recht treten mit ihr folgende Abnahmewirkungen ein:
- Beweislastumkehr
- Fälligkeit der Schlußzahlung
- Billigung der vertragsgemäßen Leistung

Die allgemeine Meinsung sagt, dass ein Planer keine automatische Vollmacht zur Erklärung der rechtsgeschäftlichen Abnahme i.S.v. § 640 BGB hat.

Erkennt der Architekt bei der Technischen Abnahme einer Bauwerksleistung vorhandene Mängel nicht und verweigert er dehalb nicht die Technische Abnahme, liegt ein Mangel des Architektenwerks vor und er haftet hierfür dem Bauherrn auf Schadenersatz (OLG Dresden 11.8.2009 - 10 U 148/09).

Im Rahmen der Technischen Abnahme ist der Architekt zur Organisation der Abnahme, somit zur Koordinierung und Abstimmung aller Einzelgewerke in einem geordneten Bauablauf verpflichtet. Dazu gehört auch eine schriftliche Feststellung sämtlicher Ergebnisse. Das Ergebnis muss zuverlässig für den Auftraggeber feststellbar sein. Der Architekt muss in technischer Hinsicht über die Bedeutung eines Mangels und die etwaigen grob geschätzten Mängelbeseitigungskosten aufklären. (Locher/Koeble/Frik, Kommentar zur HOAI 2013, 12. Auflage, § 34 Rdnr. 231 ff. m.w.N.)

Soweit Auszüge aus einem aktuellen Vortrag von RA Prof. Thierau zum Thema: Die "Technische Abnahme".

---

Ihre "Abnahme" eines Einzelgewerkes dürfte - falls keine explizite Vollmacht hierzu besteht - keine rechtsgeschäftliche Abnahme für den Auftraggaber i.S.v. § 640 BGB gewesen sein, sondern allenfalls eine Leistungsfeststellung oder "Technische Abnahme".

Im übrigen gilt jedoch für die rechtsgeschäftliche Abnahme nach § 640 BGB "(1) Der Besteller ist verpflichtet, das vertragsmäßig hergestellte Werk abzunehmen, sofern nicht nach der Beschaffenheit des Werkes die Abnahme ausgeschlossen ist. Wegen unwesentlicher Mängel kann die Abnahme nicht verweigert werden. Der Abnahme steht es gleich, wenn der Besteller das Werk nicht innerhalb einer ihm vom Unternehmer bestimmten angemessenen Frist abnimmt, obwohl er dazu verpflichtet ist."

Im Einzelfall ist also entscheidend, ob die noch vorhandenen Mängel als wesentlich oder als unwesentlich einzustufen sind. Das ist jeweils eine Rechtsfrage, die ggf. nur ein Gericht klären kann.

Hat der Auftraggeber mit dem ausführenden Unternehmen die VOB/B vereinbart, gilt dazu § 12 VOB/B. Auch hier wird (in Absatz 3) die Wesentlichkeit verbliebender Mängel als Voraussetzung für die Abnahmeverweigerung bis zur Mangelbeseitigung benannt.

Das Verlangen einer (schriftlichen Bestätigung der) Mangelfreiheit ist danach bei unwesentlichen Mängeln wohl keine ausreichende Voraussetzung zur Abnahmeverweigerung; allerdings muss der bauüberwachende Planer im Rahmen seiner Leistungspflichten in Lph. 8 ohnehin alle Mängel beseitigen lassen und dies überwachen. Insofern ist eine schriftliche Auskunft über die Art der Mängel wohl geschuldet, auch wenn es unwesentliche sind, da hierüber eine Auskunftspflicht gegenüber dem AG besteht (siehe Kommentar oben).

Die einzige Bedingung, unter denen die Abnahme aus Sicht des Unternehmers wohl erfolgen muss, ist bei als unwesentlich festgestellten Mängeln, deren Beseitigungskosten und -maßnahmen der Bauleiter dem Auftraggeber mitgeteilt hat. Das gilt aber nur aus Sicht des Unternehmers und ein Architekt ist Sachwalter des Auftraggebers und muss dessen Interessen vertreten. Was spricht also dagegen, die Mängel beseitigen zu lassen? Und wenn sie beseitigt sind, dies dem AG schriftlich zu besttigen? Dass Sie dazu wenig Zeit haben, mag zutreffen, entbindet Sie aber nicht von Ihren (von mir vermuteten) Leistungspflichten.

[Edited by fdoell on 23.10.2014 at 22:21 Uhr]

____________________________
Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
HOAI-Sachverständiger
www.doellconsult.de

23.10.2014 at 22:18 Uhr
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