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Marco60
Level: Jr. Member
Beiträge: 3
Registriert seit: 25.08.2015
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Falsche Honorarabrechnungsgrundlagen!?
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Folgende Situation:
Sanierungsmaßnahme, Beauftragung eines Planungsbüros gem. HOAI 2013, §41,
LPH 2, 3, 5, 6, 7, 8, Mindestsatz, Honorarzone III, Umbauzuschlag, örtliche Bauüberwachung, X% von anrechenbaren Kosten ,
geschätzte anrechenbare Kosten xxx.xxx,xx € (bei der Auftragsvergabe, ermittelt auf der Basis eines Gutachtens, welches der Auftraggeber selbst im Auftrag gegeben hatte).
Nach dem Abschluss der Sanierungsmaßnahme legt das Planungsbüro seiner Honorarschlussrechnung die tatsächliche Bausumme als anrechenbare Kosten zugrunde. Eine Vereinbarung, dass eine Honorarabrechnung nach tatsächlicher Bausumme zu erfolgen hat, gibt es werde im Honorarangebot des Planungsbüros noch im Auftrag des Aufraggebers.
Nach §6 Abs. 1 Nr. 1 HOAI 2013 richtet sich das Honorar nach den anrechenbaren Kosten des Objektes auf Grundlage der Kostenberechnung oder, sofern keine Kostenberechnung vorliegt, auf der Grundlage der Kostenschätzung. Die Ermittlung der Kostenberechnung erfolgt nach der Definition in §2 Abs. 11 HOAI auf der Grundlage der Entwurfsplanung in der LPH 3. Eine Kostenberechnung in der LPH 3 wurde von dem Planungsbüro nicht vorgenommen! Auch eine Kostenschätzung in der LPH 2 gibt es nicht!
Erst zum Ende der LPH 6 erstellte das Planungsbüro ein Leistungsverzeichnis, bepreiste dieses und reichte es als LV-Kostenberechnung dem Auftraggeber ein. Die LV-Kostenberechnung liegt ziemlich genau zwischen Kostenschätzung bei der Auftragsvergabe und der tatsächlichen Baukosten nach Abschluss der Arbeiten.
Welche Kosten darf nun das Planungsbüro seiner Honorarschlussrechnung Ihrer Meinung nach zugrunde legen?
Für die Antwort danke ich im Voraus.
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25.08.2015 at 10:26 Uhr |
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fdoell
Level: Moderator
Beiträge: 2442
Registriert seit: 10.01.2003
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Re: Falsche Honorarabrechnungsgrundlagen!?
Nach der Rechtsprechung ist diejenige für die Honorarermittlung maßgeblich, welche dem Wissensstand zu dem Zeitpunkt entsprach, an dem die zutreffende Kostenermittlung geschuldet war. Also diejenige Kostenermittlung, die zum Stand Ende Entwurfsplanung dem Bauherrn bekannt war. Wenn die einzige Kostenermittlung zu diesem Zeitpunkt die vorläufige Kostenannahme war, muss es wohl diese sein.
Bezug: KG, Urt. v. 16.03.2010 - 7 U 53/08 (bzgl. anderer Asepkte des Urteils nachfolgend BGH, 28.07.2011 und 06.12.2012 - VII ZR 65/10). Danach sind nachträgliche Kostenberechnungen nicht maßgeblich, zumindest wenn keine wesentlichen Änderungen und Ergänzungen zwischen Vor- und Entwurfsplanung erfolgt sind (im vorliegenden Urteil lag eine Kostenschätzung vom Ende der Vorplanung vor), das könnte (!) analog darauf übertragen werden, ob wesentliche Änderungen zwischen dem Gutachten und dem Entwurf vorgenommen wurden. Wurde aber in dieser Konsequenz (vorläufige Kostenannahme statt Kostenberechnung als Honorargrundlage) m.W. noch nicht gerichtlich entscheiden.
Was allerdings völlig unverständlich bleibt, ist die Tatsache, dass der Bauherr Planungen ohne Kostenermittlungen entgegengenommen hat. Auch, dass der Planer angesichts des Auftrags über (u.a.9) Lph. 2 und 3 ohne Einschränkungen diese Kostenermittlungen nicht selbst erstellt hat.
Im übrigen hat der BGH schon 2005 entscheiden, dass selbst Abschlagsrechnungen ohne Angabe anrechenbarer Kosten nicht prüfbar sind (Urt. v. 16.03.2005 - XII ZR 269/01; BauR 2005, 1951). Auf welcher Basis wurde denn hier bezahlt?
[Edited by fdoell on 09.11.2015 at 11:58 Uhr]
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Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
HOAI-Sachverständiger
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26.08.2015 at 09:49 Uhr |
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Marco60
Level: Jr. Member
Beiträge: 3
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Re: Falsche Honorarabrechnungsgrundlagen!?
Guten Tag Herr Doell,
zunächst vielen Dank für Ihre Ausführungen. Ich muss mich in einem Punkt korrigieren. Entgegen meiner Ausführung hat der Planer im Rahmen der LPH 2 und 3, zusammengefasst, grobe Kostenschätzungen für verschiedene Varianten der Bauausführung ermittelt, die im Schnitt weit über die vorläufige Kostenannahme des Bauherrn zum Zeitpunkt der Beauftragung lagen. Nachdem der Bauherr sich für die preisgünstigste Ausführungsvariante entschieden hat, hat der Planer dann diese Variante in der LHP 6 ausgeschrieben. Eine Kostenberechnung als Teilleistung der LPH 3 wurde jedoch nicht ermittelt. Wie geschrieben hat der Planer erst in der LPH 6 eine LV-Kostenberechnung aufgestellt.
Zu Ihrer Frage, auf welcher Basis die Abschlagsrechnungen bezahlt wurden, ist zu sagen, dass diese auf der Basis der ursprünglichen Kostenschätzung des Bauherrn bezahlt wurden, wie der Planer auch selbst diese seinen Abschlagsrechnungen zugrunde gelegt hatte.
Darf nun der Planer diese einzige von ihm grob ermittelte Kostenschätzung als Berechnungsgrundlage zu seiner Honorarschlussrechnung nehmen? Wenn nicht, was könnte als Berechnungsgrundlage in Betracht gezogen werden? die LV-Kostenberechnung? Eine Honorarabrechnung nach der Bausumme wurde nicht vereinbart.
Mit freundlichen Grüßen
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26.08.2015 at 13:13 Uhr |
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fdoell
Level: Moderator
Beiträge: 2442
Registriert seit: 10.01.2003
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Re: Falsche Honorarabrechnungsgrundlagen!?
Dann gilt das in og. Urteil Festgelegte: die zu dem Zeitpunkt, als die Kostenberechnung hätte erstellt werden müssen, also zum Ende der Entwurfsplanung, vorliegende Kostenermittlung für die vorgesehene Ausführung ist die maßgebliche, hier also die Kostenschätzung derjenigen Vorplanungsvariante, die zur Entwurfsplanung führte.
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Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
HOAI-Sachverständiger
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26.08.2015 at 20:55 Uhr |
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Marco60
Level: Jr. Member
Beiträge: 3
Registriert seit: 25.08.2015
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Re: Falsche Honorarabrechnungsgrundlagen!?
Guten Tag Herr Doell,
wie gesagt, gibt es nach der Beauftragung lediglich eine Kostenschätzung, die der Planer nach den zusammengefassten LP 2+3 ermittelt hat. Ab LP 3 ist für die spätere Honorarberechnung die Kostenberechnung maßgebend, die der Planer in LP 3 hätte erstellen müssen. In dem vorliegenden Fall ist aufgrund der fehlenden Kostenberechnung kein Vergleich bzw. Überprüfung der Kostenschätzung des Planers möglich. Ich frage mich ernsthaft, ob nun eine so grobe Kostenschätzung mit „ein paar Positionen“ als Honorargrundlage für die weiteren LPs (5,6,7, genommen werden kann. Wenn der Planer beispielsweise für die LPs 1 bis einschließlich 3 beauftragt wäre, dann wäre es vorstellbar, dass seine Kostenschätzung nach der LP 2 maßgebend wäre für Honorarberechnung, auch für die LP 3.
Wie sieht mit der Pflicht des Planers aus, nach der LP 3 eine Kostenberechnung aufstellen zu müssen. Kann sein Honorar aufgrund der in diesem Punkt nicht erbrachten Leistung reduziert werden? Welche Reduzierung könnte angemessen sein? Ist das LV-Kostenberechnung des Planers nach LP 6 nicht aussagefähiger als seine Kostenschätzung nach LP 2?
Es stellen sich nun viele Fragen. Vielleicht könnten Sie bitte auf eine oder die andere Frage eingehen.
Besten Dank im Voraus.
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27.08.2015 at 11:50 Uhr |
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fdoell
Level: Moderator
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Re: Falsche Honorarabrechnungsgrundlagen!?
Unterscheiden Sie bitte 2 Funktionen der Kostenermittlungen:
1. Finanzierung des Vorhabens, zunehmende Klarheit des Bauherrn über die zu erwartenden und am Ende die tatsächlichen Kosten. Da ist nachtürlich der Kostenanschlag genauer als eine Kostenberechnung oder gar Kostenschätzung, da er auf aktuellen Angeboten beruht.
2. Honorarermittlung. Die HOAI 2013 gibt in § 6 für alle Leistungsphasen (!) vor:
"(1) Das Honorar für Grundleistungen nach dieser Verordnung richtet sich 1. ... für die Leistungsbilder der Teile 3 und 4 nach den anrechenbaren Kosten des Objekts auf der Grundlage der Kostenberechnung oder, sofern keine Kostenberechnung vorliegt, auf der Grundlage der Kostenschätzung,"
So grob die Kostenschätzung auch sein mag, hat es das Gericht in og. Urteil erläutert, dass der Planer nicht eine Kostenberechnung nachträgclich (nach Fertigstellung) erstellen darf, um zu einem höheren Honorar zu gelangen. Das ist nämlich auch die Intention des Verordnungsgebers gewesen: der Planer soll in der Entwurfsplanung sowohl konstruktiv als auch terminlich und damit insgesamt kostenmäßig alles benennen, was auf den Bauherrn an Kosten zukommt. Und er wird dazu ermuntert durch den Fakt, dass sein Honorar für alle Leistungsphasen auf dieser Basis errechnet wird.
Wenn die Kostenberechnung nicht erbracht wurde, steht dem Bauherrn möglicherweise ein Honorarminderungsanspruch zu. Die Rechtsprechung hat dazu aber formale Hürden benannt, siehe http://www.hoai.de/forum/viewtopic.php?TopicID=2114&page=0#8138. Im genannten Fall kann das Interesse an einer KB entfallen sein, weil ja die tatsächlichen Kosten bereits bekannt sind.
Die Honorarminderung für Gebäudeplanungen beträgt dabei je nach Autor bei SIEMON 1-2% des Grundhonorars, bei SIMMENDINGER 1,5%, bei WINGSCH 1,8% und ich selbst setze ebenfalls 1-2% je nach Einzefall bzw. Bewertung der übrigen Grundleistungen an.
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Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
HOAI-Sachverständiger
www.doellconsult.de
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28.08.2015 at 15:06 Uhr |
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