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HOAI.de - Forum : Honorarberechnung nach HOAI : Abrechnung eines Großprojektes nach Stunden?
Beitrag von Nachricht
lilo77
Level: Jr. Member
Beiträge: 12
Registriert seit: 04.08.2008
IP: Logged
icon Abrechnung eines Großprojektes nach Stunden?

Hallo liebe Kollegen,
bei einem Projekt mit einer Bausumme von ca. 3 Mio € möchte der Bauherr alle Architektenleistungen nach Aufwand abrechnen. Dafür verlangt er wöchtentliche Stundennachweise. Es sind aber nicht nur Beratungsleistungen zu erbringen sondern alle Leistungsphasen der HOAI § 15. Wir halten das für sehr unüblich und haben einen Honorarvorschlag gem HOAI vorgelegt auf den der Bauherr nicht eingehen will. Welche rechtliche Konsequenzen hat das für uns, auf was müssten wir bei der Vertragsgestaltung achten? Welche Auswirkungen hat das auf eine evtl. Kündigung? Da wir so einen Fall noch nicht hatten, sind wir für Ratschläge oder Meinungen sehr dankbar.
Vielen Dank.

04.08.2008 at 16:13 Uhr
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fdoell
Level: Moderator
Beiträge: 2442
Registriert seit: 10.01.2003
IP: Logged
icon Re: Abrechnung eines Großprojektes nach Stunden?

Guten Tag lilo,

sind denn 3 Mio € ein Großprojekt? Oder handelt es sich dabei um einen Schreibfehler? Wenn die anrechenbaren Kosten nämlich den oberen Tabellenwert in den HOAI-Tabellen übersteigen, kann das Honorar völlig frei verhandelt werden - auch nach Stunden.

Wenn es aber bei 3 Mio € bleibt, sollten Sie dem Bauherren erklären, dass es für die Grundleistungen bei einem Projekt so etwas wie Mindest- und Höchstsätze gibt, die nicht unter- bzw. überschritten werden sollten.

Wenn der Bauherr aber wirklich gute Stundensätze zahlt und zwar so, wie die Stunden tatsächlich angefallen sind, könnte man sich auch auf das Abenteuer einlassen, vorausgesetzt, er zahlt auch bei Überschreitung der Höchstsätze (in der Summe), siehe unten.

Vertragsgemäß könnten Sie ja z.B. vereinbaren, dass das voraussichtliche Honorar auf Stundensatzbasis in Leistungsphase x ca. y € betragen wird (nehmen Sie ruhig den Höchstsatz aus der Tabelle). Und dann machen Sie eine Kündigingsregel wie üblich: bei Kündigung aus Gründen, die Sie nicht zu vertreten haben, gibt es das volle (d.h. hier also das voraussichtliche) Honorar abzgl. der ersparten Aufwendungen, die wie auch immer berechnet oder kalkulatorisch angesetzt werden. Damit dürfte das Kündigungsrisiko nicht höher sein als bei Abrechnung auf Tabellenbasis.

Schreiben Sie auch in den Vertrag rein, dass Sie Besondere Leistugen (X, Y und Z usw.) sowie Beratungsleistungen verschiedener Art (z.B. Information des Bauherrn über grundsätzliche bautechnische Regeln und Randbedingungen = Ausbildung des Bauherrn zum Baufachmann, auch wenn man das nicht so schreibt) erbringen, die einerseits nicht mit dem Grundhonorar abgedeckt sind und andererseits auch nicht sauber von anderen Leistungen abgegrenzt werden können und dass deshalb auf ausdrücklichen Wunsch des Bauherren die Abrechnung auf Stundenbasis gewählt wird. Schreiben Sie auch rein, dass die Höchstwerte der HOAI-Tabellen deswegen bzgl. des Gesamthonorars irrelevant sind, da Sie ja Besondere und Zusätzliche Leistungen mit erbringen, welche das Honorarvolumen gegenüber den Tabellenhöchstwerten erhöhen, deren Umfang jedoch derzeit noch gar nicht abzusehen ist. Das lassen Sie dann unterschreiben, damit sich der Bauherr nicht eines Tages auf die HOAI besinnt und ihre Höchstsatzregelungen...

Weiteres kann man allgemein kaum sagen, da müsste man den Vertragsentwurf mit seinen Details in Händen halten...

Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
HOAI-Sachverständiger
www.doellconsult.de

____________________________
Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
HOAI-Sachverständiger
www.doellconsult.de

04.08.2008 at 23:52 Uhr
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Miky
Level: Sr. Member
Beiträge: 138
Registriert seit: 04.03.2002
IP: Logged
icon Re: Re: Abrechnung eines Großprojektes nach Stunden?

Hallo Lilo,
guten Morgen Herr Doell,

mal den ärgerlichen Fall einer Kündigung angenommen: Vereinbart ist eine Vergütung der tatsächlich angefallenen Arbeitszeit. Wie wollen Sie da eine Abrechnung der Kündigungsbedingt nicht erbrachten Leistung (§ 649 BGB) realisieren? Wollen Sie schätzen, wieviel Arbeitszeit ohne die Kündigung noch angefallen wäre? - Das geht bei keinem Gericht der Welt durch.

Sollten Sie, Lilo, ein Zeithonorar bei einer Bausumme von 3 Mio € vereinbaren, können Sie im Streit nur nach den Mindestsätzen abrechnen. Eine Vereinbarung, dass im Streit die Höchstsätze gelten sollen, lässt sich praktisch nicht durchsetzen.

Der Hinweis auf eine zulässige Höchstsatzüberschreitung, weil ja auch Besondere Leistungen erbracht werden, überzeugt nicht: Besondere Leistungen müssen exakt benannt und mit einer konkreten Vergütung belegt werden. Daran fehlt es, wenn diese Leistungen nicht im Vertrag oder in Nachträgen zum Vertrag eindeutig fixiert sind.

Ihre Sichtweise ist - leider - in der Praxis üblich: der Bauherr will das so, also machen wir das so. Ich halte es für sinnvoll, den Bauherrn über das Preisrecht - MIndest- und Höchstsatz - aufzuklären. Dann können Sie zumindest die Mindestsätze abrechnen, auch wenn etwas anderes vereinbart wurde.

MfG Miky


[Edited by Miky on 05.08.2008 at 07:21 Uhr]

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Miky

05.08.2008 at 07:21 Uhr
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lilo77
Level: Jr. Member
Beiträge: 12
Registriert seit: 04.08.2008
IP: Logged
icon Re: Abrechnung eines Großprojektes nach Stunden?

Erstmal vielen Dank für die Antworten!
Es handelt sich tatsächlich um ca. 3 mio Euro. Momentan zumindest, denn die Projektgröße steigt fast täglich. Die Tabellenwerte werden also nicht unterschritten (<25.000) oder überschritten > 25 Mio.
Und da sich der Leistungsumfang bzw. die bearbeiteten Projektteile ständig ändern, habe wir bisher (ca. 2 Monate) auf Stundenbasis gearbeitet.

Die Bauherrschaft will aber einzig und allein aus dem Grund nach Stunden zahlen, weil sie meint, dann billiger weg zu kommen. Ein vorausgeschätztes Honoarar auf Basis des Höchstsatzes ist also ausgeschlossen. Denn schon der Mittelsatz (bereits vorgelegt) hat schon einen mittleren Herzinfarkt verursacht. Die Kündigungsregel, bei der bei Unverschulden das (fast) gesamte Honorar fällig wird, fällt demnach auch flach. Ich sehe das so wie Miky. Die Abrechnung der kündigungsbedingt nicht erbrachten Leistung ist auf Stundenvertragsbasis nicht möglich weil eine Vorausschätzung nicht möglich ist.
Ich sehe die Architektenleistunge nicht als Beratungs - bzw. Besondere Leistungen, da sie eindeutig in die Leisungsbeschreibung der HOAI passen. Es werden höchstens zusätzliche Beratungsleistungen außerhalb des Leistungsbildes erbracht.
Hierfür wurden bereits Stundensätze von 60,00 (AN) bzw. 45 &#8364; (MA) vereinbart. Von Höchstsätzen kann also hier ebenfalls nicht die Rede sein.
Heute habe ich den Bauherrn darüber aufgeklärt, dass die Abrechnung der Mindestsätze in den jeweiligen Honorazonen auf jeden Fall möglich ist. Egal was vereinbart wurde. Dies wurde mit Stirnrunzeln aufgenommen und damit komentiert, dass alle anderen Architekten bisher auf Stundenbasis gearbeitet haben.
Ist es denn grundsätzlich zulässig, Leistung aus den HOAI Grundleistungen nach Stunden abzurechnen?
Da die zu erbringende Leistung bisher auch nicht beschrieben wurde (wir haben dem Bauherrn eigentlich gesagt, was er braucht), handelt es sich doch um einen Dienstvertrag, oder? Ein Werkvertrag ist noch nicht zustande gekommen. Wie sieht es dann mit der Haftung aus? Ein Erfolg wird ja demnach nicht geschuldet, oder?
Dank und Viele Grüße
Lilo

05.08.2008 at 15:35 Uhr
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fdoell
Level: Moderator
Beiträge: 2442
Registriert seit: 10.01.2003
IP: Logged
icon Re: Abrechnung eines Großprojektes nach Stunden?

Nochmal: ich würde dem Bauherren sagen: entweder wir rechnen nach HOAI ab oder nach Stunden. Aber wenn nach Stunden, dann alle, die anfallen, unabhängig von der Höhe. Er muss sich darüber im klaren werden, das er sich nicht nur die Rosinen rauspicken kann. Bei der Abrechnung nach HOAI trägt der Planer das wirtschaftliche Risiko, mit dem Geld auszukommen. Bei der Abrechnung nach Stunden trät der Bauherr das Risiko, evtl. nehr zu bezahlen als nach HOAI, evtl. auch weniger. So einfach ist das.

Der Bauher will aber nur billig. Dazu gibt es 3 wesentliche Aspekte:

1. was ist HOAI-konform? Mindestens der Mindestsatz.

2. was ist wirtschaftlich? Wenn der Stundensatz auskömmlich ist, verdienen Sie an jeder Stunde was.

3. was ist rechtlich zulässig? Offiziell (und vor Gericht) die HOAI. Ansonsten: wo kein Kläger, da kein Richter.

Die Frage ist also, wollen Sie nach HOAI abrechnen oder nicht? Da der Bauherr nicht will, bleibt die Frage: wollen sie den Auftrag oder nicht?

Das Werk müssen Sie wohl so oder so vollenden (genehmigungsfähige Planung, mängelfreies Haus). Dienste würden Sie nur bei reinen Beratungsleistungen schulden (ohne Zwang zum Erfolg, etwa so wie ein Arzt oder Anwalt, obwohl er da natürlich auch gewünscht ist, aber eine Nachbesserung kostet da immer noch mal extra).

Alternativ bieten Sie dem Bauherrn an, bei Ablauf der vereinbarten Stundenzahl die Arbeit einzustellen. Dann dürfte er (wenn er ein bißchen logisch denken kann) einsehen, dass die HOAI vielleicht doch ihr Gutes hat.

Nochmal zur Kündigung: auch wenn der Bauherr es nicht gerne hört: Kündigung ist Kündigung. Wenn Sie sich darauf eingestellt haben, die Arbeit zu machen und er das Projekt plötzlich einstellt oder jemand anders beauftragt, stehen Sie ohne Arbeit/Geld da. Dafür gibt es die Kündigungsregelungen, um jemand vor einseitiger Willkür zu schützen. Oder was würde der Bauherr davon halten, wenn Sie jederzeit ohne Grund kündigen können?

Fazit: Ihr Bauherr möchte eine definierbare Leistung haben (auch wenns noch nicht schriftlich dasteht: Sie und der Bauherr wissen doch, woran Sie arbeiten, oder?) ohne ein definierbares Honorar dafür zu bezahlen. Das geht nur dann, wenn er bereit ist, ein entsprechendes Risiko einzugehen. Sagen Sie ihm ruhig, dass die Rechtsprechung die HOAI als Mischkalkulation sieht. bei einem Projekt verdient man mal was, beim nächsten legt man was drauf. Wenn er das Projekt mit dem Mehraufwand hat (was man vorher nicht weiß) und nach Stunden abrechen will, kann der Schuss halt nach hinten losgehen. Wenn er das Risiko nicht eingehen will, soll er sich halt an die gängigen Regeln wie HOAI halten, die ja noch eine gesetzliche Grundlage sind und für jedermann gelten. Oder handelt Ihr Bauherr auch mit dem Bäcker über die Brötchenpreise?

Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
HOAI-Sachverständiger
www.doellconsult.de

____________________________
Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
HOAI-Sachverständiger
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05.08.2008 at 19:45 Uhr
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lilo77
Level: Jr. Member
Beiträge: 12
Registriert seit: 04.08.2008
IP: Logged
icon Re: Abrechnung eines Projektes nach Stunden?

Vielen Dank an Herrn Doell für die ausführliche Beantwortung meiner Frage.
Dem Bauherrn klarzumachen, dass er auf jeden Fall, den Mindestsatz zu zahlen hat, ist eine gute Lösung.
Falls er nach Stunden zahlen will und das den Mindestsatz übersteigt, liegt das Risiko bei ihm. Das sieht jeder ein, denke ich. Das Argument mit der Mischkalkulation leuchtet mir auch ein.
Vielen Dank nochmal.

06.08.2008 at 11:01 Uhr
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