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Carst
Level: Jr. Member
Beiträge: 2
Registriert seit: 10.03.2008
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Ist HOAI überhaupt anwendar?
Lieber Forumsmitglieder,
ich stehe vor einem für mich sehr großen Problem und wäre glücklich, wenn ich durch Sie ein paar hilfreiche Hinweise bekommen könnte. Zu meinem Sachverhalt/Problem:
Ich hatte vor vier Jahren einen kleinen Altbau erworben, der umgebaut und erweitert bzw. aufgestockt werden sollte. Da es meine finanziellen Möglichkeiten nicht anders zuließen, sollten die Planungen hierzu und die dann auszuführenden Arbeiten weitgehend in Eigenleistung ausgeführt werden. Ich habe im weitläufigen Verwandtenkreis einen Architekten, der mir, als er von meinem Vorhaben hörte, Hilfe anbot. Da meine Vorstellungen und Vorplanungen zum Umbau zu diesem Zeitpunkt schon weit gediehen waren, waren von ihm nur noch die Pläne in Reinform zu bringen, der Bauantrag zu stellen und ein paar Ausschreibungen/Preisanfragen durchzuführen. Meine Frage nach den Kosten für seine Hilfe/Tätigkeit beantwortete er mit: „Das ist kein Problem, das bleibt im Rahmen, da werden wir uns schon einig.“ - Also ließ ich mir von ihm helfen. (Heute würde ich das auf keinen Fall mehr in dieser Art machen, aber innerhalb der Verwandtschaft ist man ja eher geneigt zu glauben, das geht schon in Ordnung.)
Nachdem die Pläne im Maßstab 1:100 erstellt, die Baugenehmigung erteilt und die ersten fremd vergebenen Handwerkerarbeiten ausgeführt waren, drückte er mir eine Rechnung in Höhe von 15.000 € in die Hand. Mit einem Betrag in dieser Höhe hatte ich zwar nicht gerechnet, da die Arbeiten bis dahin aber gut gelaufen und von ihm auch einige gute Ideen und Tipps zum Umbau beigesteuert worden waren, zahlte ich die Rechnung. Ich ging - ohne konkret mit den Architekten darüber gesprochen zu haben - davon aus, dass damit seine Hilfe abgegolten war. Der Tatsache, dass die Rechnung nach HOAI aufgeschlüsselt war, schenkte ich als Laie zu diesem Zeitpunkt keine Beachtung.
Jetzt kommt das dicke Ende für mich. Bedingt durch einen Arbeitsunfall, der für mich in der Berufsunfähigkeit endete, musste ich den Hausumbau aufgeben und das Objekt als „veredelten Rohbau“ verkaufen. Dass ich beim Verkauf nicht das erzielen konnte, was notwendig gewesen wäre, um einigermaßen aus der „Sache“ herauszukommen, brauche ich wahrscheinlich nicht groß auszumalen - ich bin nur knapp an einem finanziellen Desaster vorbeigeschrammt. Die Erleichterung darüber hielt aber nur so lange, bis nach dem Verkauf eine zweite Architektenrechnung in Höhe von rund 16.000 € bei mir eintrudelte. Ich erklärte daraufhin dem Architekten mündlich, dass ich seine Leistung mit dem bereits bezahlten Betrag als abgegolten und weitere Forderungen - mit dem Verweis auf seine ursprüngliche Einlassung zur Höhe der Bezahlung - als ungerechtfertigt ansähe. Sein Standpunkt war, dass ich ihn - obwohl es keine vertragliche Vereinbarung zwischen uns gibt - auf Basis der HOAI („mündlich“) beauftragt hätte, da dies bei Architekten immer üblich sei und ich dies durch die Bezahlung der ersten gemäß HOAI aufgestellten Rechnung anerkannt hätte. Nun verlangt er durch einen Anwalt die Bezahlung der zweiten Rechnung. Stutzig macht mich dabei, dass er „aus Kulanz“ auf 6.000 € seiner Forderungen verzichten will, wenn ich bis zu einem festgelegten Stichtag bezahle; ansonsten will er den Gesamtbetrag eintreiben.
Für mich stellt sich die Frage, ob der Architekt überhaupt auf Basis der HOAI abrechnen kann. Wir haben, wie erwähnt, nie einen Architektenvertrag abgeschlossen. Ich habe die Vermutung, dass er mit seiner Forderung rechtlich auf „dünnem Eis steht“ und er hofft, mich durch die „großzügige Kulanzregelung“ gefügig zu machen, um ohne Probleme zu seinem Geld zu kommen.
Mit freundlichen Grüßen
Carst
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10.03.2008 at 11:32 Uhr |
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fdoell
Level: Moderator
Beiträge: 2442
Registriert seit: 10.01.2003
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Re: Ist HOAI überhaupt anwendar?
Guten Tag Carst,
zu Ihrer Überschrift: nach Ihrer Schilderung der geleisteten Tätigkeiten ja, siehe § 1 HOAI. Genau dafür ist sie "eigentlich" gemacht, dass Sie nämlich eine Architekten- oder Ingenieurleistung nach der "Leistungsfähigkeit " (was immer das auch beinhalten mag) vergeben und die Honorarfrage gesetzlich geklärt ist. Etwa so wie bei einem Arzt, zu dem Sie auch gehen, bis Sie zufrieden sind (oder auch nicht mehr, wenn Sie unzufrieden sind) und der berechnet dann das ihm zustehende Honorar. MIt dem Unterschied, dass der Arzt oder Anwalt Dienste schuldet, also seinen Einsatz, der Architekt aber nach Werkvetragsrecht einen Erfolg, z.B. die Genehmgungsfähigkeit oder die mängelfreie Umsetzung der Planung usw.
Zu Ihrem Sachverhalt:
Nach § 8 (1) HOAI ist das Honorar fällig, wenn die Leistung vertragsgemäß erbracht und eine prüffähige Honorarschlußrechnung überreicht worden ist.
Frage 1 ist also: welche Leistung hat der Architekt vertragsgemäß zu erbringen? Das ist sicherlich im Nachhinein schwierig zu sagen, da Sie sich ja wohl offensichtlich über den Umfang der Leistungen vorab nicht genau unterhalten haben. Hilfsweise könnte also z.B. herangezogen werden, was der Architekt tatsächlich für Leistungen erbracht hat und was Sie auch (stillschweigend) entgegengenommen haben. Lesen Sie doch mal § 15 (2) HOAI durch und schauen einmal, ob da Wesentliches fehlt, was der Architekt also nicht erbracht hat. Da die Rechtsprechung nämlich teilweise davon ausgeht, dass das Honorar für eine Leistungsphase fällig wird, wenn das Ergebnis der Lph. erzielt wurde und keine wesentlichen Grundleistungen fehlen, wäre das eine nicht unwesentliche zu klärende Sachfrage als Basis jeglicher Honorarforderung.
Die 2. Frage ist, ob die vorgelegte Honorarrechnung prüffähig ist. Wenn Sie also nur einen Nettobetrag und die MwSt. da stehen haben, ist das gewiß nicht prüffähig. Um prüffähig zu sein, muss die Rechnung
1. die anrechenbaren Kosten für die verschiedenen Leistungsphasen enthalten (vergleichen Sie § 10 (2) und § 10 (3) sowie § 9 HOAI). Bzgl. der Schlussrechnungssummen von Unternehmer-(Handwerker-)Rechnungen sind Sie mitwirkungs-, d.h. auskunftspflichtig.
2. die erbrachten Teilleistungen und die dafür angesetzten Prozentsätze enthalten (siehe § 15 (1)). Wenn wesentliche Grundleistung wie Kostenberechnung fehlen, ist ein Punktabzug gerechtfertigt.
3. Die Honorarzone definieren (siehe Objektliste in § 12 oder alternativ das Bewertungsverfahren nach § 11)
4. Da nichts anderes vereinbart wurde (vgl. § 4 (4)), gelten die Mindestsätze des Grundhonorars in der zutreffenden Honorarzone
5. Die Nebenkosten sind nach § 7 (3) nach Einzelnachweis abzurechnen, da eine pauschale Abrechnung (oder eine in Prozentsätzen vom Honorar) nicht bei Auftragserteilung vereinbart wurde. Natürlich kann der Architekt auch auf eine Nebenkostenerstattung verzichten.
6. Die Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) ist für in sich abgeschlossene Leistungsphasen mit dem zum Zeitpunkt der jeweiligen Leistungserbringung (das ist i.d.R. der Abschluss einer Leistungsphase) geltenden Mehrwertsteuersatz gesondert zu berechnen. Je nach Zeitpunkt der Leistungserbringung können also auch einzelne Leistungsophasen ggf. nur mit 16% MwSt. oder gar noch weniger (kommt auf das Jahr an) belegt sein.
7. die geleisteten Abschlagszahlungen sind ggf. auszuweisen.
Sie können die Rechnung also, wenn diese Erfordernisse nicht erfüllt sind, mit dem Vermerk "nicht prüffähig nach § 8 HOAI" ) zurücksenden, ggf. auch mehrfach (dann sollten Sie aber schon mal schreiben, was alles aus Ihrer Sicht zur Prüffähigkeit fehlt).
Sollten Sie eine einigermaßen diesen Forderungen entsprechende Rechnung auf dem Tisch haben, können Sie den Inhalt ja nochmals hier posten und zu Sachverhalten nachfragen. Oder Sie wenden sich - wenn das ganze z.B. zu sehr ins Detail oder ins Persönliche gehen sollte - an einen der Experten hier im Forum direkt.
Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
HOAI-Sachverständiger
www.doellconsult.de
____________________________
Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
HOAI-Sachverständiger
www.doellconsult.de
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10.03.2008 at 17:16 Uhr |
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Christian Wolz
Level: Sr. Member
Beiträge: 271
Registriert seit: 04.07.2002
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Re: Re: Ist HOAI überhaupt anwendar?
quote: fdoell wrote:
6. Die Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) ist für in sich abgeschlossene Leistungsphasen mit dem zum Zeitpunkt der jeweiligen Leistungserbringung (das ist i.d.R. der Abschluss einer Leistungsphase) geltenden Mehrwertsteuersatz gesondert zu berechnen. Je nach Zeitpunkt der Leistungserbringung können also auch einzelne Leistungsophasen ggf. nur mit 16% MwSt. oder gar noch weniger (kommt auf das Jahr an) belegt sein.
Hallo Herr Doell,
hier bin ich etwas anderer Meinung:
Der Architektenvertrag ist als Werkvertrag zu qualifizieren. Deshalb gilt für die Berechnung der Mehrwertsteuer derjenige Steuersatz, der im Zeitpunkt der Vertragsbeendigung gültig ist, gleich, ob die Vertragsbeendigung durch vollständige Erfüllung, d. h. Eintritt des Werkerfolges, Aufhebung oder Kündigung herbeigeführt worden ist.
Sonst kann ich mich Ihren Ausführungen anschließen...
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Dipl.-Ing. (FH) Christian Wolz
Architekt, Baubiologe IBN
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10.03.2008 at 19:51 Uhr |
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bento
Level: Sr. Member
Beiträge: 902
Registriert seit: 25.03.2007
IP: Logged
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Re: Ist HOAI überhaupt anwendar?
Liebe Kollegen,
bzgl. der Mehrwertsteuerproblematik ist es tatsächlich so, dass die Erbringung bestimmter Leistungsphasen steuerlich als abgeschlossene Leistung angesehen werden kann, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Hierzu gehört u.a. eine separate schriftliche Vereinbarung über die Erbringung dieser Leistungsphasen als Teilleistung, die separate Abnahme dieser Leistungen und die separate Abrechnung hierüber. Alle drei Bedingungen müssen erfüllt sein!
Da dies jedoch für den vorliegenden Fall nicht zutreffen dürfte, wird die gesamte Schlussrechnung einem einzigen Mehrwertsteuersatz unterliegen, nämlich 16 %, falls die Leistungen bis zum 31.12.2006 erbracht waren und 19 %, falls sie danach fertiggestellt wurden.
@ Carst:
Bzgl. der "Prüffähigkeit der Honorarschlussrechnung" ist zu beachten, dass ein evtl. Einwand zur Nichtprüffähigkeit dieser Rechnung spätestens innerhalb von 2 Monaten nach Zugang der Rechnung erfolgt sein muss.
Danach kann die Honorarschlussrechnung nicht mehr wegen Nichtprüffähigkeit zurückgewiesen werden, auch wenn sie faktisch nicht prüffähig ist.
Da Ihr "entfernter Verwandter" bereits einen Anwalt eingeschaltet hat, befürchte ich, dass die 2-Monatsfrist schon verstrichen ist.
Aufgrund der etwas komplizierteren Materie (Umbau/Erweiterung/Aufstockung) wird eine neutrale Klärung wohl nur über einen Honorar-Sachverständigen führen.
Dieser könnte Ihnen relativ schnell ein Gefühl dafür geben, ob die angebotene Gesamthonorarsumme von 25.000,- € in Ordnung ist oder nicht.
Viele Grüße
bento
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10.03.2008 at 21:28 Uhr |
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fdoell
Level: Moderator
Beiträge: 2442
Registriert seit: 10.01.2003
IP: Logged
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Re: Ist HOAI überhaupt anwendar?
Hallo zusammen,
Aus Sicht eines Planers sind die gegebenen Ratschläge m.E. sicherlich sinnvoll, aber nicht unbedingt notwendig. Wenn der Bauherr darüber hinaus vorsteuerabzugsberechtigt ist, ist die Abrechnung mit nur einem MwSt-Satz auch für beide Seiten am einfachsten, da es sich buchhalterisch ja nur um einen Durchlaufposten handelt. Ist der Bauherr dagegen nicht vorsteuerabzugsberechtigt, kann sich der niedrigere MwSt-Satz bei größeren Bauvorhaben durchaus lohnen. In diesem Fall reden wir von einem Anteil X von ca. 25.000 * (19% - 16%) = 750 €. Ist auch Geld.
@Carst: Die absolute Höhe des Honorars ist aber sicherlich diejenige Zahl, auf die man wesentlich mehr Aufmerksamkeit legen sollte!
Die UStR Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Ausführung des UStG (Umsatzsteuer-Richtlinien 2005) führt zu § 13 UStG aus:
"180. Teilleistungen
1 Teilleistungen setzen voraus, dass eine nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise teilbare Leistung nicht als Ganzes, sondern in Teilen geschuldet und bewirkt wird. 2 Eine Leistung ist in Teilen geschuldet, wenn für bestimmte Teile das Entgelt gesondert vereinbart wird (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 3 UStG). 3 Vereinbarungen dieser Art werden im Allgemeinen anzunehmen sein, wenn für einzelne Leistungsteile gesonderte Entgeltsabrechnungen durchgeführt werden."
Die Abrechnung einzelner Leistungsphasen der HOAI-Grundleistungen mit jeweils einem Prozentsatz (und gar bei verschiedenen anrechenbaren Kosten und Grundhonoraren, z.B. für Lph. 1-4 und 5-7)) kann man m.W. ohne weiteres als "gesonderte Vereinbarung des Entgelts für bestimmte Teile" von Gesetzes (HOAI) wegen ansehen.
Eine separate schriftliche Vereinbarung über die Erbringung dieser Leistungsphasen als Teilleistung braucht es dazu m.W. nicht, obwohl sie natürlich bei einer Betriebsprüfung des Rechnungsausstellers leichter dazu führt, dass der HOAI-unkundige Prüfer den geringeren MwSt-Satz anerkennt und nicht verlangt, dass vom Bruttoentgelt insgesamt ein höherer MwSt -Satz herausgerechnet und ans Finanzamt abgeführt wird.
Eine Abnahme von Architekten- und Ingenieurleistungen wird in den seltensten Fällen als solche schriftich festgehalten. Eine Abnahme durch stillschweigendes Hinnehmen der erbrachten Leistung ohne Mängelrüge dürfte normalerweise als Abnahmebeleg ausreichen, auch für einen Betriebsprüfer. Bei Bedarf wird eben durch den Bauherren nachträglich (bzw. in diesem Fall, falls der Architekt darauf besteht, vor Ausstellung der Schlussrechnung) schriftlich erklärt, dass eine Teilleistung zum Zeitpunkt X abgenommen war (da es dem Bauherrn als nicht Vorsteuerabzugsberechtigtem ja durch den dafür geringeren MwSt-Satz kostenmäßig zugute kommt).
Die separate Abrechnung ist insofern selbstverständlich, als natürlich der Architekt für die einzelnen Teilleistungsphasen, deren Honorar mit einem MwSt-Satz belegt werden, einschl. der evtl. Nebenkosten eine Zwischensumme bilden muss. Auch gehört dazu, dass er den tatsächlich von der Abschlagszahlung abgeführten MwSt-Satz richtig anführt. Alles im Sinne einer Betriebsprüfung des Architekten gedacht!
@ Kollege bento: kennen Sie denn - ausser der Empfehlung diverser Kammern und Verbände, sich als Planer den Beweis der Teilleistungserbringung zu erleichtern, indem man das alles schriftlich vereinbart, wie von Ihnen beschrieben - irgendwelche Vorgaben des Bundesministeriums der Finanzen (Fundstelle?), dass die Finanzämter bzw. Betriebsprüfer bestimmte schriftliche Vereinbarungen vorliegen haben müssen, um bei Betriebsprüfungen den geringeren MwSt-Satz für vor dem Wechsel des MwSt-Satzes fertiggestellten Teilleistungen anzuerkennen?
Übrigens interessant, welche Themen manchmal am Rande eines Threads auftauchen. Aber nochmal, Carst: klären Sie hauptsächlich die Höhe des Gesamthonorars, da steckt evtl. deutlich mehr Geld für Sie "drin" als bei der MwSt-Frage (obwohl evtl. die gesparte MwSt gut in einen HOAI-Sachverständigen investiert wäre...).
Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
HOAI-Sachverständiger
www.doellconsult.de
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Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
HOAI-Sachverständiger
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11.03.2008 at 08:47 Uhr |
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Carst
Level: Jr. Member
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Registriert seit: 10.03.2008
IP: Logged
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Re: Ist HOAI überhaupt anwendbar?
Zuerst möchte ich mich für die eingegangenen Rückmeldungen bedanken! Sie helfen mir, den Sachverhalt langsam zu durchschauen.
Habe ich Ihre Antworten richtig verstanden? – Wenn ich einen Architekten beauftrage, dann ist automatisch die HOAI Grundlage für eine spätere Vergütung, obwohl im Vorfeld nichts Dahingehendes vereinbart oder schriftlich festgelegt wurde?
Ich habe mir zwischenzeitlich eine HOAI gesorgt. Wenn ich in den § 4 schaue, verstehe ich das so, dass das Honorar sich immer nach einer vorherigen „schriftlichen Vereinbarung“ (die die HOAI zur Grundlage hat) richtet. Ergo, wenn zuvor nichts schriftlich vereinbart wurde, kann auch nicht auf Basis der HOAI abgerechnet werden. So meine laienhafte Auffassung.
Mein Architekt hatte weder bei der Besprechung des Umfangs seiner Hilfe noch später erwähnt, dass er auf Basis der Honorarordnung abrechnen will – dann hätte ich gleich gefragt, was das kosteten wird. Vielmehr hat er den Eindruck erweckt, dass wir uns nach getaner Arbeit „im verwandtschaftlichen Rahmen“ zusammensetzen und darüber sprechen, wie ich ihm seine Hilfe vergüte. Die HOAI kam erstmals bei der ersten Rechnung ins Spiel.
Wie ist die fehlende schriftliche Beauftragungsgrundlage zu werten?
Viele Grüße
Carst
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11.03.2008 at 16:09 Uhr |
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Christian Wolz
Level: Sr. Member
Beiträge: 271
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IP: Logged
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Re: Ist HOAI überhaupt anwendar?
§ 4 Satz 4:
"Sofern nicht bei Auftragserteilung etwas anderes schriftlich vereinbart worden ist, gelten die jeweiligen Mindestsätze als vereinbart."
Die HOAI gilt immer, Schriftform hin oder her. Aber wenn nichts anderes (schriftlich) vereinbart wurde, dürfen nur die Mindestsätze abgerechnet werden.
____________________________
Dipl.-Ing. (FH) Christian Wolz
Architekt, Baubiologe IBN
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11.03.2008 at 16:28 Uhr |
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bento
Level: Sr. Member
Beiträge: 902
Registriert seit: 25.03.2007
IP: Logged
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Re: Ist HOAI überhaupt anwendar?
Hallo Carst,
bei der HOAI (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure) handelt es sich um eine preisrechtliche Vorschrift, die in (fast) jedem Fall einzuhalten ist. Man kann sie mit der Gebührenordnung der Ärzte oder der Rechtsanwälte vergleichen.
Honorarmäßig wird dort eine Preisspanne vorgegeben, bei der der unterste Wert nicht unterschritten und der oberste Wert nicht überschritten werden darf.
Wirksame Honorarvereinbarungen (Verträge) bewegen sich also zwischen dem Mindestwert und dem Höchstwert der HOAI. Letztendlich hängt dies vom Verhandlungsgeschick und von der Überzeugungskraft der Vertragsparteien ab.
Normalerweise liegt der ungünstigste Fall für den Architekten vor, wenn es keine schriftliche Vereinbarung gibt. Denn dann muss er nach den Mindestwerten der HOAI abrechnen. Weiterhin muss er seine Nebenkosten nachweisen und kann sie nicht relativ einfach als festen Prozentsatz des Honorars abrechnen.
Und wenn Sie sich mal die 12 Jahre alten Mindestsätze des Zeithonorars in § 6 HOAI ansehen http://www.hoai.de/online/HOAI-Text/teil_1.php#6, dann werden Sie feststellen, dass eine Facharbeiterstunde im Baugewerbe heute teurer ist.
Fakt ist: Auch ohne schriftlichen Vertrag muss nach HOAI abgerechnet werden, aber dann verpflichtend nach den Mindestsätzen.
Abgesehen davon, dass der § 4 (4) HOAI eindeutig ist, gibt es hierzu jede Menge Urteile.
So sehr ich Ihren Frust wegen des nicht mit offen Karten spielenden "entfernten Verwandten" nachvollziehen kann, so sehr befinden Sie sich mit der Ansicht "Kein Vertrag, kein Geld" auf dem Holzweg.
Viele Grüße
bento
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11.03.2008 at 20:57 Uhr |
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Habu
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Beiträge: 1
Registriert seit: 13.03.2008
IP: Logged
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Re: Re: Ist HOAI überhaupt anwendar?
Hallo,
ich schließe mich meinen "Vorrednern" weitgehend an - der Vertrag wird auch ohne Schriftform gültig.
Gerade in diesem Fall wird sich auch der Mindestsatz der HOAI kaum umgehen lassen. Entscheidender Hinweis ist aber ober die Leistungsphasen vollständig erbracht sind. Denn als Teil der zu erbringenden Leistung gehören auch Kostenschätzungen /-Berechnungen nach DIN 276. Ein Punkt - Kostengruppe 730 -benennt die Architekten- und Ingenieurskosten. Da hätte bereits in einem sehr frühen Stadium der echte Wert stehen müssen (der einen evtl. zum Grübeln bringt...).
Gerade auch der Wert wieviel % von welcher Leistungsphase erbracht ist, bedarf im aktuellen Fall sicher der Diskussion!
Noch eine Anmerkung :
Auch wenn nicht nach Gesetz ist... der Markt gibt leider schon seit langen Jahren nicht immer die HOAI her.... Aber da muß man vorher drüber reden - leider.
quote: bento wrote:
....
Honorarmäßig wird dort eine Preisspanne vorgegeben, bei der der unterste Wert nicht unterschritten und der oberste Wert nicht überschritten werden darf.
Wirksame Honorarvereinbarungen (Verträge) bewegen sich also zwischen dem Mindestwert und dem Höchstwert der HOAI. Letztendlich hängt dies vom Verhandlungsgeschick und von der Überzeugungskraft der Vertragsparteien ab.
Normalerweise liegt der ungünstigste Fall für den Architekten vor, wenn es keine schriftliche Vereinbarung gibt. Denn dann muss er nach den Mindestwerten der HOAI abrechnen. Weiterhin muss er seine Nebenkosten nachweisen und kann sie nicht relativ einfach als festen Prozentsatz des Honorars abrechnen.
Und wenn Sie sich mal die 12 Jahre alten Mindestsätze des Zeithonorars in § 6 HOAI ansehen http://www.hoai.de/online/HOAI-Text/teil_1.php#6, dann werden Sie feststellen, dass eine Facharbeiterstunde im Baugewerbe heute teurer ist.
Fakt ist: Auch ohne schriftlichen Vertrag muss nach HOAI abgerechnet werden, aber dann verpflichtend nach den Mindestsätzen.
Abgesehen davon, dass der § 4 (4) HOAI eindeutig ist, gibt es hierzu jede Menge Urteile.
So sehr ich Ihren Frust wegen des nicht mit offen Karten spielenden "entfernten Verwandten" nachvollziehen kann, so sehr befinden Sie sich mit der Ansicht "Kein Vertrag, kein Geld" auf dem Holzweg.
Viele Grüße
bento
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13.03.2008 at 13:30 Uhr |
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