|
Ankündigungen: Willkommen im Forum von HOAI.de. Für die Teilnahme an diesem Forum gelten unsere Nutzungsbedingungen.
|
statikforyou
Level: Jr. Member
Beiträge: 2
Registriert seit: 18.11.2009
IP: Logged
|
HOAI Missachtung
Hallo,
ich möchte gerne wissen, welche juristischen Folgen denn ein Unterschreiten der Honorarsätze nach HOAI hat? Sowohl für den Auftragnehmer als auch für den Auftraggeber.
Danke für eine Stellungnahme
|
18.11.2009 at 10:17 Uhr |
|
|
dresden
Level: Sr. Member
Beiträge: 164
Registriert seit: 06.05.2005
IP: Logged
|
Re: HOAI Missachtung
Die Frage beantworte ich gern, natürlich nur in rechtlicher Hinsicht:
Erste Vorbemerkung: Betroffen sind nur Leistungen, die zu derjenigen Gruppe der Gebührentatbestände der HOAI gehören, die nach wie vor als verbindlich geregelt sind. Alles, was nicht dazu gehört, insbes. die jetzigen "Beratungsleistungen" und die Besonderen Leistungen, wird von diesem Thema von vornherein nicht erfasst, da insoweit jetzt quasi unbegrenzte Honorarvereinbarungsfreiheit besteht.
Zweite Vorbemerkung: Soweit wir uns also in den verbindlichen Gebührentatbeständen bewegen, hat sich zwischen alter und neuer HOAI zum Thema Ihrer Frage nichts geändert.
Und nun die Antwort:
Eine Vergütungsvereinbarung, die zu einem Honorar führt, das niedriger als der HOAI-Mindestsatz liegt, ist - fast immer - schlichtweg unwirksam. Es gibt davon nur sehr begrenzte Ausnahmen (z.B. Verwandtschaft, sehr enge Freundschaft, besondere Härtefälle usw)
Die Unwirksamkeit beschränkt sich aber immer nur auf den Teil des Vertrages, der das Honorar betrifft. Es wird deshalb nicht der gesamte Planungsvertrag unwirksam.
Rechtsfolge: Der Planer hat einen Anspruch auf ein Honorar entsprechend dem Mindestsatz der HOAI.
Rechte KANN man geltend machen, muss es aber natürlich nicht. Heisst: Bleibt der Planer beim vereinbarten geringeren Honorar, passiert natürlich nichts. Er darf sich aber davon lösen und das HOAI-Mindesthonorar abrechnen. Das ist auch "überraschend" zulässig, also auch dann, wenn z.B. bei einem großen, lange dauernden Projekt in vielen Abschlagsrechnungen immer nach der (unwirksamen) zu niedrigen Vereinbarung abgerechnet wurde, darf dann in der Schlussrechnung "plötzlich" die HOAI-Abrechnung stehen. Selbst dann, wenn der Planer selber mit einem Angebot unterhalb der HOAI-Sätze den Auftrag "geködert" hat, darf er dann am Schluß plötzlich dem Bauherrn die HOAI-Abrechnung präsentieren. Dies mag auf den ersten Blick gegen den Grundsatz von "Treu und Glauben" verstossen. Der BGH wertet aber die markt- und wettbewerbspolitische Bedeutung des verbindlichen Teils der HOAI wesentlich höher als "Treu und Glauben". Deshalb gilt nach ständiger Rechtsprechung eine überraschende HOAI-Abrechnung wiederum nur in sehr eng begrenzten Fallgruppen als treuwidrig.
Fälle zu diesem Thema liegen mir ständig auf dem Tisch. In der Regel wird das Thema dabei immer dann aktuell, wenn es im Laufe der Vertragsabwicklung oder bei der Schlusszahlung zu Streit kommt. Dabei sind gerade Fälle mit öffentlichem Auftraggeber, der den Planer über direkte oder indirekte Niedrighonorare (z.B. Ausschluss der mitverarbeiteten Bausubstanz nach alter HOAI, oder kein Umbauzuschlag usw.) zu knebeln versuchte, durchaus häufig. Einer besonders krasser Fall: ein Planer möchte nach Sanierung einer Schule noch ein Resthonorar von 30.000 EUR haben, brav abgerechnet genau nach den vertraglichen Vereinbarungen. Der öffentliche Auftraggeber verweigert mit sehr fadenscheinigen Argumenten jede weitere Zahlung. Ich mache den Planer dann darauf aufmerksam, wo überall ein Verstoß gegen HOAI gegeben ist und bitte ihn, einmal nach meinen Hinweisen abzurechnen. Ergebnis: statt 30.000 EUR Rest-Honorar stehen da plötzlich 120.000 EUR (wohl gemerkt: nur als "letzte Rate"). Inzwischen sind wir zusätzlich noch mit einem Sachverständigen dran und es wird wahrscheinlich sogar nochmal deutlich mehr. Der Richter konnte sich in der Verhandlung die sehr süffisante Bemerkung an den Auftraggeber nicht verkneifen, dass er sich mit der verweigerten Zahlung wohl ein "echtes Schnäppchen" entgehen lassen habe...
____________________________
Dr. R. Althoff, FA Bau- und ArchitektenR, FA VerwR, Spezialist für die HOAI
www.Bau-und-Immobilie.de - Dresden.Erfurt.Dortmund.Berlin
- gem. d. Nutzungsbed. ist dies eine unverbindl. Meinung, keine Rechtsberatung -
|
18.11.2009 at 19:36 Uhr |
|
|
statikforyou
Level: Jr. Member
Beiträge: 2
Registriert seit: 18.11.2009
IP: Logged
|
Re: HOAI Missachtung
Vielen Dank für die aufschlussreiche Antwort. Eine Frage bleibt. Inwieweit kann ein Architekt oder Ingenieur (kostenpflichtig) abgemahnt werden, wenn er gegen die HOAI verstößt. Sind bei Verdacht auf Verstoß Anzeigen möglich? Auf Online-Auftragsbörsen findet man z.B. derlei offensichtlich.
Vielen Dank für eine Stellungnahme
|
19.11.2009 at 15:15 Uhr |
|
|
dresden
Level: Sr. Member
Beiträge: 164
Registriert seit: 06.05.2005
IP: Logged
|
Re: HOAI Missachtung
Die berufsrechtlichen Vorschriften des jeweiligen Bundeslandes (Landesarchitekten-/-ingenieurgesetz, Landes-Berufsordnung oder wie auch immer) schreiben ausdrücklich vor, dass entsprechend den gültigen Honorarvorschriften abgerechnet werden muss, bedeutet: nicht unterhalb der Mindestsätze (und natürlich auch nicht oberhalb der Höchstsätze, aber das ist hier ja wohl eher nicht das Problem). Wer sich daran nicht hält, begeht einen Verstoß gegen das zwingende Berufsrecht und kann dafür von der Aufsichtsbehörde, der jeweiligen Kammer, geahndet werden mit dem üblichen Instrumentarium von der Rüge über die Abmahnung und die Unterlassungsverpflichtungserklärung bis hin - im Extrem- und nachhaltigen Wiederholungsfall - zum Entzug der Zulassung (jedenfalls theoretisch).
Im Verhältnis der Planer untereinander kann der Verstoß gegen Preis- und Berufsrecht u.U. zugleich auch unlauterer Wettbewerb sein. Siehe dazu § 4 UWG: "Unlauter handelt insbesondere, ...(Nr.10:) wer Mitbewerber gezielt behindert, (Nr. 11:)wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln". Jeder Mitbewerber ist dann berechtigt, dagegen vorzugehen.
____________________________
Dr. R. Althoff, FA Bau- und ArchitektenR, FA VerwR, Spezialist für die HOAI
www.Bau-und-Immobilie.de - Dresden.Erfurt.Dortmund.Berlin
- gem. d. Nutzungsbed. ist dies eine unverbindl. Meinung, keine Rechtsberatung -
|
20.11.2009 at 10:08 Uhr |
|
|
Forum Eigenschaften:
Wer kann neue Beiträge erstellen ? Administrator, Moderator, Sr. Member, Member, Jr. Member
Wer kann auf Beiträge antworten ? Administrator, Moderator, Sr. Member, Member, Jr. Member
Wer kann Beiträge lesen ? Administrator, Moderator, Sr. Member, Member, Jr. Member, Gast
HTML An ? no
UBBC An ? yes
Wortfilter ? no
|
|
|
|