fdoell
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Re: Software Honorarabrechnung
Guten Tag,
grundsätzlich kann man die Zeiterfassung von der Honorarabrechnung getrennt sehen, vor allem, wenn nicht auf Zeithonorarbasis, sondern nach anderen Rechenmodellen (HOAI, Pauschalen usw.) abgerechnet wird.
Etwas anderes wäre es, wenn man eine Auswertung möchte, d.h. die Einnahmen den Ausgaben eines Projekts gegenüberstellen. Dazu gibt es käufliche Software, die jedoch bei so genannten Spezialanwendungen für Bauplanungsbüros manchmal mit dem "Makel" behaftet ist, bei den erfassten Tätigkeiten viel zu wenig Textzeichen aufnehmen zu können (z.B. nur 2x30 Zeichen; ich durfte bei einem Großprojekt mit einer Stundenerfassung dieser Art einmal über 70 Nachträge begründen und fand wegen der Textbegrenzung immer nur wieder "Planbearbeitung" - da wird kein Auftraggaber und auch kein Planer nachträglich zusätzliche Leistungen von Grundleistungen unterscheiden können) . Das könnte man aber dadurch vermeiden, dass man keine Spezialsoftware für Bauplanungshonorare anschafft, sondern die Honorarberechnung auf andere Weise durchführt (siehe unten) und dann eine der vielen allgemein anwendbaren Softwarelösungen zur wirtschaftlichen Auswertung von Projekten benutzt. In jedem Fall: vor der Anschaffung mal mit einer Demo-Lösung spielen, um ein Gefühl für das "Handling" zu bekommen!
Auch ist es ein Unterschied, ob man alleine arbeitet, mit Angestellten oder mit externen Mitarbeitern, die wiederum entweder nach Stunden oder nach anderen Rechenregeln abrechnen und auf eine Erfassungssoftware entweder bürointern oder von extern zugreifen müssten.
Einige Büros, die ich kenne, arbeiten mit selbstgestrickten Excel-Tabellen (hier einmal als Quasi-Synonym für Tabellenkalkulationsprogramme verwendet), die hinreichend genaue Erfassungen für die verschiedensten Zwecke liefern:
- Tätigkeiten / Projekttagebuch chronologisch sortiert,
- Auswertungen über einfache Auswahlfilter (Zeitraum, Projekt, ggf. Projektteil) oder Formeln (addiere alle Stunden des Projekts X mit der LV-Kennzeichnung Y im Zeitraum Z1 bis Z2)
- reine Stundenerfassung je Monat und Projekt in einer Art Matrix, Jahreszusammenfassung aller Monate, für übersichtliche Gesamtstundenbetrachtungen
u.a.m.
Für die Honorarabrechnung tun es vielfach auch Excel-Tabellen, die man sowohl für eine Stundenerfassung (bei Zeithonoraren), für Massenzusammenstellungen (z.B. für Labor- und Analytikleistungen, je nach Tätigkeit des Büros) oder für Zusammenstellungen nach beauftragten Positionen verwenden kann - wohl gemerkt nicht eine Tabelle für alles, sondern verschiedene Dateien für unterschiedliche Zwecke. So behält man auch leichter die Übersicht, vor allem wenn die Dateien sprechende Namen erhalten.
Auch für HOAI-Berechnungen kann man Excel-Tabellen verwenden; die gibt es z.B. auf CD in Loseblattsammlungen zur HOAI (Siehe auch http://www.hoai.de/forum/viewtopic.php?TopicID=30). Dabei habe ich die Erfahrung gemacht, dass es eine "eierlegende Wollmilchsau" nicht gibt, sondern die Excel-Blätter sind
- entweder so allgemein gehalten, dass man damit grundsätzlich alles abdeckt und in der Arbeitskopie für das jeweilige Projekt alles herauslöschen muss, was hier nicht vorkommt
- oder so simpel, dass sie nur wenige Standardfälle abdecken und damit für viele etwas komplexere Projekte nur Teillösungen bieten.
Besonders bei Projekten mit HOAI-Leistungen aus mehreren Leistungsbereichen, besonderen Leistungen usw. wird es mit käuflichen Lösungen evtl. eng, weil man doch vieles außerhalb des Programms erst einmal definieren muss, z. B.
- die Ermittlung anrechenbarer Kosten nach § 4 (2) HOAI und unter Berücksichtigung mitverarbeiteter Bausubstanz oder mit Spezialregelungen wie in §§ 46 oder 51 HOAI
- die begründete Herleitung einer Honorarzone
- die prozentuale Bewertung erbrachter Teilleistungen, wenn nicht ganze Leistungsphasen bearbeitet wurden, oder die korrekte Abminderung nach § 51 (2)-(4) HOAI
- die Honorarermittlung technischer Ausrüstung mit mehreren Anlagen einer Anlagengruppe, die jedoch verschiedenen Honorarzonen zuzuordnen sind, nach § 56 (4) HOAI
- die Nebenkostenzusammenstellung auf Nachweis
usw.
Wer jedoch überlegt, seine Abrechnung auf Excel-Basis durchzuführen, sollte den Grundsatz erinnern: "Man kann nur mit der EDV, was man auch (zumindest in kleinen Mengen) von Hand kann." Ein erfahrener Umgang mit einem Tabellenkalkulationsprogramm ersetzt daher kein Know-how der Abrechnungsmodalitäten. Eine gute Schulung (zunächst ohne Software) zur HOAI usw. ist daher Voraussetzung, um auch gute und prüfbare (und damit fällig werdende) Rechnungen zu erstellen. Eine gewisse Hilfe bieten da wie gesagt ausführliche Tabellenkalkulationsanwendungen, die man aber auch verstehen muss, um zu wissen, was wie anzuwenden ist und was was bedeutet.
Man sollte auch den Zeitaufwand zur Einarbeitung und Angebots- bzw. Rechnungsbearbeitung in Relation zum Kaufpreis einer wie immer gearteten Softwarelösung sehen. Selbst mit moderaten internen Verrechnungssätzen ist die monatliche Rechnungsstellung meist teurer als die einmalige Anschaffung einer Software. Wichtiger für die optimale Rechnungsgestaltung ist daher m.E. das Know-how zur Abrechnung als eine Software, von der man nicht weiß, ob sie wirklich alles beinhaltet, was möglich und nötig ist, um in jedem Anwendungsfall komplett prüfbare Rechnungen zu erstellen.
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Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
HOAI-Sachverständiger
www.doellconsult.de
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