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HOAI.de - Forum : Anwendungsbereich der HOAI : HOAI 2009 vs. HOAI 2013 Stufenvertrag
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Ricoche
Level: Sr. Member
Beiträge: 32
Registriert seit: 25.11.2016
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icon HOAI 2009 vs. HOAI 2013 Stufenvertrag

Hallo in die Runde,
wir haben ein Problem mit unserem Stufenvertrag. Dieser wurde 2010 geschlossen. Die Lph. 1 bis 4 sollten sofort ausgeführt werden, die Lph. 5 bis 9 optional. Die optionale Beauftragung erfolgte erst in 2020.
Vom AG wurde festgelegt, dass für die Leistungen und das Honorar der Lph. 5 bis 9 weiterhin die Honorartabellen der HOAI 2009 gelten würde, da keine Mindestsatzunterschreitung im Bezug zur HOAI 2013 vorläge. Dazu wurde vom AG der Mindestsatz gemäß HOAI 2013 ermittelt (mit FBS Faktor und der mitzuverarbeitenden Bausubstanz) und dem Vertragshonorar nach HOAI 2009 gegenübergestellt. Beim Honorar 2009 wurde die besonderen Leistungen, mit denen wir beauftragt sind mit hinzugezogen, beim Mindestsatz nach HOAI 2013 nicht. Da die besonderen Leistungen in unserem Fall viel höher sind als die eigentlichen Grundleistungen, wurde natürlich der Mindestsatz nach 2013 nicht unterschritten, da ja die besondere Leistung bei dieser Berechnung nach HOAI 2013 nicht dazu addiert wurden. Ist das wirklich so? Uns geht dadurch ein Honorar in erheblicher Höhe verloren, da natürlich im direkten Vergleich der Grundleistungen der Honorare, das Honorar nach der HOAI 2013 höher ist.

16.04.2020 at 13:26 Uhr
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fdoell
Level: Moderator
Beiträge: 2442
Registriert seit: 10.01.2003
IP: Logged
icon Re: HOAI 2009 vs. HOAI 2013 Stufenvertrag

Selbst vor dem Urteil des EuGH zur Europarechtswidrigkeit der zwingenden HOAA-Mindestsätze gab es sich widersprechende Meinungen zu dieser Thematik.

Viele Kommentatoren (darunter die "Erfinder" der FBS-Tabellen) meinten, dass eine Honoraranpassung für Grundleistungsbeauftragungen nur dann zwingend wären, wenn - wie bei Pauschalhonorarverträgen - das Gesamthonorar aus dem schriftlichen Vertrag einschl. Besonderen Leistungen und Nebenkosten niedriger sei als das Mindesthonorar (ohne Vergütung für Besondere Leistungen, ohne Nebenkosten und zu Mindestsätzen) nach der HOAI 2009 bzw. für die nach 2009 beauftragten Grundleistungen nach den FBS-Tabellen. Sie bezogen sich dabei auf das Urteil des OLG Rostock vom 25.02.2009 - 2 U 21/07; BGH, Beschluss vom 08.04.2010 - VII ZR 61/09 (NZB z.) mit dem Leitsatz "Die Honorarabrede ist nur dann gemäß § 4 Abs. 1 HOAI (1996/2002) wegen Unterschreitens des Mindestsatzes unwirksam, wenn das gesamte, nach den vertraglichen Regelungen berechnete Honorar niedriger ist als die Vergütung, die sich bei einer fiktiven Honorarberechnung nach den zutreffenden Bemessungsgrundlagen der HOAI ergibt."

2012 verdeutliche der BGH das noch in seinem Urteil vom 9.2.2012 - VII ZR 31/11 mit dem Leitsatz "Eine Mindestsatzunterschreitung liegt vor, wenn das für die vertraglichen Leistungen insgesamt vereinbarte Honorar unterhalb des nach den Mindestsätzen der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure ermittelten Honorars liegt. Eine isolierte Prüfung, ob einzelne in der Honorarordnung vorgesehene Abrechnungseinheiten unterhalb der Mindestsätze honoriert werden, ist nicht zulässig."

Die Anzahl der Autoren in Kommentaren, die das anders sah und die Nichtberücksichtigung der Besonderen Leistungen bei dieser Betrachtung als angemessen ansah, ist sehr gering. Entsprechende Argumente gingen häufig in Richtung Anerkennung des fiktiven Umbau- und Modernisierungszuschlags bei fehlender Vereinbarung. Dem schob jedoch das OLG Köln 2016 einen Riegel vor mit Urteil vom 29.12.2016 - 16 U 49/12 mit dem Leitsatz "Dem Umbauzuschlag nach § 24 Abs. 1 HOAI 1996/2002 (§ 6 Abs. 2 HOAI 2013) kommt kein Mindestsatzcharakter zu."

Nach dem EuGH-Urteil ist jedoch selbst für den erstgenannten Fall ein Mindesthonorar nach einer gültigen HOAI mit der Begründung einer Mindestsatzunterschreitung derzeit gerichtlich nicht durchsetzbar. Wie mit diesen Themen höchstrichterlich umgegangen wird, soll im Mai 2020 entschieden werden (so Corona diesem Datum keinen Strich durch die Rechnung macht).

Die wesentliche Frage an Sie bleibt: mit welcher Begründung soll denn für die 2020 abgerufenen Leistungen die HOAI 2013 angesetzt werden?

Hier ist zum einen zu klären, welche Grundleistungen erbracht werden sollen - die der HOAI 2009 oder die der HOAI 2013. Für die Grundleistungen der HOAI 2009 kommt selbst bei Ansatz Ihrer Argumentation nicht das volle Honorar der HOAI 2013 in Betracht, sondern nur das nach den FBS-Tabellen. Die Grundleistungen nach der HOAI 2013 - die auch entsprechendes HOAI-2013 -Tabellenhonorar nach sich ziehen könnten - beruhen teilweise auf vorher erbrachten Grundleistungen, die nach der HOAI 2009 nicht geschuldet waren und deshalb (gegen Mehrvergütung) nachgeholt werden müssten.

Eine zusätzliche Problematik besteht in der Anwendung der Kostenberechnung aus Lph. 3, die schon einige Jahre alt ist und nicht aktuelle Baupreise wiedergibt.

Hier hilft nur, den Vertrag Wort für Wort durchzuarbeiten, genau zu interpretieren und zu versuchen, mit dem Auftraggeber bei den Themen zu verhandeln, bei denen er verhandlungsbereit ist.

Eine häufige Regelung in solchen Stufenverträgen - und möglicherweise derzeit der einzige Ansatzpunkt für ein anderes Honorar als es der AG vorsieht - ist eine Zeitklausel, welche die Annahme weiterer Grundleistungen nur bis zu 36 Monaten nach Stellen der Schlussrechnung für die bereits erstellten Grundleistungen fordert. Bei späterer Beauftragung weiterer Grundleistungen gelten die Konditionen des Stufenvertrags dann nicht mehr, so dass Sie neu verhandeln können.

____________________________
Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
HOAI-Sachverständiger
www.doellconsult.de

17.04.2020 at 08:59 Uhr
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Ricoche
Level: Sr. Member
Beiträge: 32
Registriert seit: 25.11.2016
IP: Logged
icon Re: HOAI 2009 vs. HOAI 2013 Stufenvertrag

Sehr geehrter Herr Doell,
vielen Dank für Ihre umfangreiche Antwort. Zu Ihrer Rückfrage, es sollen wirklich nur die Grundleistung der HOAI 2009 erbracht werden. Wenn man dann die Honorartabellen der HOAI 2013, selbst unter Berücksichtigung der FBS Werte, heranzieht, ergibt sich trotzdem ein deutlich höheres Honorar als nach der alten HOAI 2009. Das erschien uns logisch, denn zwischen dem Abschluss des Stufenvertrages und der Beauftragung der optionalen Leistungsphasen sind immerhin10 Jahre vergangen, wobei wir an dieser Verzögerung keinerlei Schuld tragen, denn das Projekt lag lange auf Eis. Im Übrigen ist selbst die Kostenberechnung noch nicht endgültig abgestimmt. Manche Projekte in Deutschland dauern eben wirklich eine Ewigkeit. Man sollte daher vorsichtig bei Stufenverträgen ohne fester Laufzeit sein, denn dass sich die Regelung mit einer Zeitklausel wirklich aus der Position des AN durchsetzen lässt, wage ich zu bezweifeln.

[Edited by Ricoche on 20.04.2020 at 08:26 Uhr]

20.04.2020 at 08:25 Uhr
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fdoell
Level: Moderator
Beiträge: 2442
Registriert seit: 10.01.2003
IP: Logged
icon Re: HOAI 2009 vs. HOAI 2013 Stufenvertrag

Zur "Zeitklausel": schauen Sie einfach in den Vertrag. Wenn Sie nur bis zu 36 Monaten nach Abschluss der alten Arbeiten zur Übernahme weiterer Lph. verpflichtet sind, brauchen Sie nichts durchzusetzen, weil der Neuauftrag nicht auf Basis des alten kommt! Es gelten dann die Regeln für einen ganz neuen Auftrag!

Eine "abgestimmte" Kostenberechnung braucht es zum Abschluss Ihrer Leistungen doch nicht, oder? Wenn Sie Ihre KB mit dem Entwurf abgegeben haben und diese nicht falsch ist, ist die Lph. 3 beendet.

Sollten Sie Zweifel haben, ob Ihre Leistungen abgenommen wurden (je nachdem was der Vertrag dazu sagt), kontaktieren Sie am besten einen Fachanwalt für Planungsrecht.

____________________________
Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
HOAI-Sachverständiger
www.doellconsult.de

20.04.2020 at 10:52 Uhr
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HOAI.de - Forum : Anwendungsbereich der HOAI : HOAI 2009 vs. HOAI 2013 Stufenvertrag
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