fdoell
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Re: Architektenpflichten
Guten Tag UK,
die Aufbewahrungspflichten des Architekten oder Ingenieurs betreffen dessen interne Dokumentation. Wenn er Ihnen Unterlagen gibt, anstelle sie wegzuwerfen (so Sie denn erfahren, dass er beabsichtigt, dies zu tun), ist das seine Sache, aber einen Anspruch darauf haben sie nicht.
Wenn Sie als Bauherr Unterlagen zur Dokumentation benötigen (und das tun sie eigentlich immer), bieten Ihnen die HOAI und die allgemein anerkannten Gepflogenheiten in dem Geschäft folgende Möglichkeiten:
1. Übergabe von Plänen, Schriftverkehr, Ausschreibungen: Ihnen steht als Bauherr mindestens ein Belegexemplar aller gefertigten Pläne und sonstigen Ausarbeitungen (Berichte, Berechnungen, Leistungsverzeichnisse, Protokolle etc.) zu. Wenn Sie Bedarf an mehr Exemplaren haben, empfiehlt sich heutzutage ggf. auch die Übergabe als PDF- oder Plotdateien, die Sie dann selbst vervielfältigen können, so oft Sie wollen. Die Kosten der Erstellung Ihrer Belegexemplare gehören zu den Nebenkosten.
2. Änderungen gegenüber der Genehmigungsplanung: sie sind in der Ausführungsplanung bzw. als der "Fortschreibung der Ausführungsplanung während der Objektausführung" als Grundleistung in Lph. 5 zu erbringen. Selbstverständlich dürfen Sie auch bei Fortschreibungen der Planung erwarten, dass Ihnen jeweils (mindestens) ein Exemplar der aktuellen Ausführungspläne für Ihre Zwecke übergeben wird.
Einen Plan mit der geänderten Verlegung von Abwasserrohren müsste Ihnen der Planer der Technischem Ausrüstung auch übergeben können, für den gleiches in analoger Weise gilt.
Vereinbaren Sie dazu (am besten gleich bei Vertragsabschluss) mit Ihren Planern, Ihnen alle Änderungen in geänderte Ausführungspläne einzutragen und vorzulegen. Sonst kann es wie häufig passierenm, dass der Planer Änderungen nur mündlich auf der Baustelle bekannt gibt und falls dann keine Bestandspläne in Auftrag gegeben worden sind oder keine ausführlichen schriftlichen Protokolle vorliegen, ist die Änderung nicht immer im Plan dokumentiert.
Alternativ lassen Sie die Anfertigung von Bestandsplänen durch das ausführende Unternehmen oder einen Dritten anbieten (gleich mit ins LV, dann wird's i.d.R. am günstigsten). Dieses/dieser trägt dann in Pläne oder Dateien des Planers (die der ihm übergeben sollte, vereinbaren Sie dies auch vorher) die tatsächliche Ausführung, mit allen Material- und Höhenangaben etc. ein. Definieren Sie im LV, was genau der Unternehmer liefern soll (Meßmethoden, Detaillierungsgrad, Papier- oder EDV-Form etc.) und vereinbaren Sie die Vorlage dieser Bestandspläne vor der Abnahme, das macht Druck zu ihrer Erstellung, weil der Unternehmer naturgemäß rechtlich und finanziell auf eine baldige Abnahme aus ist. Zu den Aufgaben des Bauüberwachers gehört die Überprüfung der Richtigkeit der Bestandspläne, ihre Erstellung gehört dann auch zu den anrechenbaren Kosten.
3. Vereinbaren Sie Lph. 9, so gehört zu den Grundleistungen auch die "Systematische Zusammenstellung der zeichnerischen Darstellungen und rechnerischen Ergfebnisse des Objekts". In einem oder mehreren Ordnern lassen Sie sich nochmals alle wesentlichen erstellten Unterlagen des Architekten (s.o., auch Kostenberechnung, Kostenanschlag und Kostenfeststellung gehören hierher), der Fachingenieure (dto.), der Genehmigungsbehörde (Bescheide über Genehmigungen etc.), des Unternehmers (Eignungsuntersuchungen, Eigen- und Fremdüberwachungsergebnisse von Baustoffen und Bauteilen, ggf. Bestandspläne s.o., einschl. der geprüften Schlußrechnungen mit allen dazugehörigen Anlagen) und ggf. eingeschalteter Sonderfachleute (Gutachten, Kontrolluntersuchungen, öff.-rechtl. Bescheinigungen etc.) zusammenstellen und (geordnet, d.h. mit Register, Inhaltsverzeichnis und anständiger Beschriftung) übergeben.
4. Das Urheberrecht an allen Planungen liegt und bleibt i.d.R. immer beim jeweiligen Planer. Das hindert ihn jedoch nicht, Ihnen jeweils Belegexemplare der Unterlagen zu übergeben. Nur verwerten dürfen Sie diese (ausser für die eigene Dokumentation) in keiner Weise ohne Zustimmung des Urhebers. Also keine Pläne oder Bilder von Modellen an die Presse, keine Aufsätze in Publikationen aller Art, keine Präsentation des Projekts in Medien aller Art usw. ohne das OK des Planers (am besten schriftlich) einschl. einer Vereinbarung über eine evtl. Vergütung.
Fazit: die Überlegungen eines Bauherrn, in welchem Stadium des Projekts er welche Unterlagen in welcher Form zur Dokumentation benötigt, sind nicht unwesentlich. Ein guter Planer wird das meiste von dem oben Genannten sowieso als selbstverständliche Leistung ansehen und die Unterlagen spätestens ab der entsprechenden Bitte des Bauherren auch so zusammenstellen, wie der das braucht. Sehr gerne macht dies der Planer sicher, wenn Sie ihm auch das angemessene HOAI-Honorar und die Nebenkosten vergüten. Wer Billiganbieter mit Leistungen beauftragt, sollte auch nicht den vollen Leistungsumfang erwarten (nicht nur bei der Dokumentation!!) Sie wissen doch: "Wer billig plant, baut teuer. Und wer billig baut, betreibt teuer"
Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
HOAI-Sachverständiger
www.doellconsult.de
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Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
HOAI-Sachverständiger
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