fdoell
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Re: ca. Berechnung Honorare
Guten Tag WSArch,
zunächst einmal gilt die HOAI nur für Planer, die ihre Leistungen mit Bürositz in Deutschland und für Projekte in Deutschland erbringen. Sitzt der Planer im Ausland oder ist das Objekt im Ausland (immer von Deutschland aus betrachtet), ist die HOAI nicht zwingend anzuwenden. Sie dürfen also frei kalkulieren.
Sodann können nach § 4 (2) - für diejenigen, die in Deutschland für deutsche Projekte arbeiten, für die die HOAI also zwingend anzuwenden ist - die Mindestsätze in Ausnahmefällen unterschritten werden. Bei derart engen famliliären Verhältnissen dürfte dies gefahrlos möglich sein. Sie dürften also Ihrem Schwager - selbst wenn Sie ein Büro in Deutschland hätten, von dem aus Sie das Projekt bearbeiten - durchaus ein "familiäres" Honorarangebot unterbreiten.
Bitte beachten Sie, dass Sie in Deutschland eine Bauvorlageberechtigung haben müssen, um die Genehmigungsplanung einzureichen. Diese richtet sich nach Landesrecht (des jeweiligen dt. Bundeslandes) und ist in der jeweiligen Landesbauordnung geregelt. Evtl. empfiehlt sich wegen der Einhaltung der deutschen Bauvorschriften die Kooperation mit einem deutschen Architekturbüro, die dann auch gleich die Bauvorlageberechtigung mitbringen. Am besten aus der "Ecke" des Schwagers, dann geht es auch leichter mit der Bauüberwachung ...
Wenn Sie aber zum Vergleich einmal ermitteln möchten, was denn bei deutschen Planern so herauskäme bzw. was bei einem deutschen Statiker und Bauphysiker an Honorar zu bezahlen ist (aufgrund der evtl. unterschiedlichen Bemessungs- und Nachweisvorschriften in der Schweiz sollte ein mit dem deutschen Baurecht Vertrauter diese Berechnungen anstellen), folgender Anhalt:
Architektenhonorare werden nach Teil II HOAI berechnet. Basis sind die anrechenbaren Kosten ohne Umsatzsteuer (§9). Was zu den anrechenbaren Kosten alles gehört, steht in § 10.
Nächstes Kriterium für die Ermittlung des sogenannten Grundhonorars ist die Honorarzone. Nach §11 ist dies bei einfachen Wohnbauten i.d.R. Zone III und bei gehobenem Standard Zone IV. Die Zonen sind tatsächlich Zonen, d.h. sie haben Mindest- und Höchstsätze. Üblich ist, falls nichts Besonderes anliegt, der Mittelsatz (obwohl öffentliche Auftraggeber in Deutschland grundsätzlich nur den Mindestsatz bezahlen). Aus den anrechenbaren Kosten und der Honorarzone ermitteln Sie nach der Honorartafel zu § 16.1 das Grundhonorar. Abgerechnet werden verschiedene Leistungsphasen auf Basis verschiedener Kostenermittlungen, siehe § 10 (2).
Dritter Schritt sind die Teilleistungs-Prozentsätze für die zu erbringenden Grundleistungen nach § 15. Es gilt, dass das volle Honorar für eine Leistungsphase fällig ist, wenn ihr Leistungsziel erreicht wurde, es sei denn ein Dritter erbringt Teilleistungen einer Grundleistungsphase oder wesentliche Teilleistungen sind nicht zu erbringen.
Beispiel: 230.000 € brutto, ca. 193.000 € netto, Hz III Mitte, Grundhonorar ca. 23.500 €. Wenn Sie alle Grundleistungen erbringen, beträgt das Honorar 100% des Grundhonorars. Wenn Sie nur Teilleistungen erbringen, sind die Prozentsätze hierfür in § 15 (1) zu finden.
Das Honorar für die Tragwerksplanung und die Bauphysik können Sie per Angebot von 2 oder 3 Fachbüros erfragen (die Bauphysik wird oft auch von Tragwerksplanern mit geleistet, ist aber separat zu zahlen wie bei Vergabe an 2 Büros).
Wenn Sie selbst etwas ermitteln wollen: die anrechenbaren Kosten der Tragwerksplanung richten sich nach § 62 (4); sie betragen 55% der Rohbaukosten und 20% der Installationen. Die Honorarzone nach § 63 richtet sich nach dem Schwierigkeitsgrad des Tragwerks, bei EFH i.d.R. Hz II oder III. Beispiel: bei aK=100.000 € und Hz III min beträgt das Grundhonorar 9.761 €. Teilleistungen nach § 64, mit Schalplänen 100% des Grundhonorars, ohne Schalpläne 84%.
Die Thermische Bauphysik ist in §§ 77-79 geregelt. aK und Hz wie beim Gebäude, d.h. Hz III Mitte bei aK=193.000 € ergibt ein Grundhonorar von ca. 800 € (auch für aK < 255.000 €) und wird meist pauschal angeboten.
Zu beachten ist noch, dass nach HOAI die Technische Ausrüstung nach Teil IX zusätzlich zu vergüten ist. Bei EFH kommen regelmäßig zum Einsatz ff. Anlagengruppen nach § 68: Gruppe 1 (Wasser und Abwasser, ggf. Gas), Gruppe 2 (Heizung , ggf. Lüftung) und Gruppe 3 (Elektrotechnik, incl. Daten- und Fernmeldetechnik sowie Antennenleitungen und Blitzschutz). Die Honorarzonen finden Sie in § 72, das Grundhonorar in der Tafel zu § 74.1 und die Teilleistungen in § 73. Wie's geht, wissen Sie nun schon (geht alles mit Grundrechenarten, nur Mut!). Diese Fachplaner erbringen übrigens ihre eigene Fachbauleitung, werden aber vom Objektüberwacher koordiniert.
Dazu kommen auf alle Honoraren noch die Nebenkosten nach § 7. Üblich sind für Gebäude ca. 4-8 % des Honorars incl. aller Planfertigungen für Genehmigungen, Bauherrn und ausführende Firmen. Wenn Sie die Bauleitung von der Schweiz aus machen, vereinbaren Sie ggf. separate Honorare für die Anfahrt (empfehlen tue ich aber ein örtliches Büro, s.o.)
Alle vorgenannten Summen verstehen sich ohne Umsatzsteuer. Ob Sie einem Deutschen eine schweizerische Umsatzsteuer berechnen müssen, klären Sie bitte mit Ihrem Finanzamt.
So, und nun müssen Sie sich nur noch mit dem Schwager einig werden und die richtigen Partner zur Prohjektbearbeitung finden. Viel Spass bei der Arbeit dann!
Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
HOAI-Sachverständiger
www.doellconsult.de
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Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
HOAI-Sachverständiger
www.doellconsult.de
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