Ehemann
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HOAI – ein Witz, oder schlimmer?
HOAI – ein Witz, oder schlimmer?
Ich möchte mal die Sache von der anderen Seite betrachten: Ich bin mit einer angestellten Statikerin verheiratet. Sie arbeitet seit 15 Jahren in einem recht namhaften Berliner-Ingenieurbüro.
Wenn ich das „gejammer“ von Bauherren hier lese kommt mir der Sonntags-Kaffee hoch. Hat sich schon mal jemand die Mühe gemacht, mal ansatzweise nach zu denken, wieviel hochqualifizierte Arbeit und Zeit in Planungsunterlagen für ihren Bau steckt?
Bestimmt nicht!
Statik fertig, prima. Ach nein, da soll z.B. beim EFH mal schnell `ne Tür in einer tragenden Wand doch woanders hin, oder gar die Wand versetzt werden, Deckenlast erhöht usw. – das müssen sie aber machen und zwar fix, aber den Mehraufwand bezahlen – kein Stück. Lieber renne ich zum Anwalt, den bezahle ich ja gern nach seiner Gebührenordnung und da habe ich ja was für mein Geld. Das betrifft ja nicht nur EFH, sondern auch „richtig große Projekte“, also die gesamte Baubranche ohne Ausnahme.
Wie kommen die Ingenieurbüros an ihre Arbeit? Sie „prügeln“ (Entschuldigung, wegen des Ausdrucks) sich um die Ausschreibungen und unterbieten sich gegenseitig in Größenordnungen. Die HOAI, welche ja so etwas verhindern und das Fortbestehen qualifizierter und qualitativ hochwertiger Arbeit in Deutschland u.a. sichern soll, bleibt völlig auf der Strecke, wenn Leistungen für z.T. 30% der HOAI angeboten und realisiert werden. Aber nicht nur private Bauherren/große Baufirmen drücken die Preise, nein, nein auch die öffentliche Hand hält da quasi die Hand auf und macht bei der Preisdrückerei kräftig mit.
Auf Grund der geringen Bezahlung haben die Büros auch kaum noch die Zeit, richtig arbeiten zu können. Es wird fix erledigt, Hauptsache fertig und der Prüfer nickt. Ob die Arbeit selbst gut, oder schlecht ist, interessiert keinen. Hauptsache BILLIG, denn GEIZ ist ja bekanntlich ....... .
Kein Mensch würde ernsthaft auf die Idee kommen, Ärzte, Anwälte, Steuerberater, oder gar die öffentliche Verwaltung so über den Tisch ziehen zu wollen, oder gar nicht zu bezahlen. Hier völlig normal und gehört zum „Guten Ton“.
Was läuft da in der Baubranche? Dank Globalisierung werden die Rohbausummen immer geringer, allerdings die Qualität auch (bei „groß“ und „klein“). An die Bausummen ist aber der Berechnungswert der HOAI, also u.a. der „Lohn für die Statik“ gekoppelt.
Wenn dann noch einmal diese Summen heftig gedrückt werden – tolle Sache .
Für mich sind Bauingenieure sehr intelligente und kreative Menschen und ich kann mir ganz ehrlich nicht erklären, warum diese kleine Gruppe sich gegenseitig so kaputt macht, statt sich mal einig zu sein und wenigstens auf die Einhaltung der HOAI zu bestehen.
Reich will bestimmt keiner werden, aber wenn hier in der aufschwungsschwangeren Bundeshauptstadt die Ingenieure auf z.T 30 Wochenstunden gedrückt werden, dafür unbezahlte Überstunden (in Mengen) machen „dürfen“ und dann als Diplomingenieur/in mit reichlich und guter Berufserfahrung mit 1000€ im Monat nach Hause gehen ist in dem ganzen System grundlegend etwas völlig krank und absolut falsch!
Was ich geschrieben habe ist keine Ausnahme, ganz sicher die Regel.
ARMES DEUTSCHLAND – wir waren mal ein Land von Ingenieuren, Forschern und nun machen wir uns kaputt!
Ehemann
[Edited by Ehemann on 16.12.2007 at 12:58 Uhr]
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