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Bauhandwerkersicherheit nach Kündigung

BGH, Urteil vom 18. Januar 2024 - VII ZR 34/23

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Sachverhalt

Bauunternehmer und Auftraggeber schließen einen Generalübernehmervertrag für die schlüsselfertige Errichtung eines Gesundheitscampus mit Kindertagesstätte zu einem Pauschalfestpreis von 9.340.000 € brutto. 

Auf die erste Abschlagsrechnung über 520.000 € für Planungsleistungen und Projektentwicklung bezahlte der Auftraggeber einen Teilbetrag in Höhe von 270.000 €. 

Der Bauunternehmer verlangt unter Fristsetzung eine Bauhandwerkersicherung nach § 650f BGB in Höhe von 9.977.000 €. Nachdem die geforderte Sicherheit nicht gestellt wurde, kündigte der Bauunternehmer den Vertrag aus wichtigem Grund.

Der Bauunternehmer klagt auf Stellung einer Sicherheit gem. § 650f BGB. Der Höhe nach berechnet er den Anspruch nach § 650f BGB und macht 5% des vollen Pauschalfestpreises unter Abzug der Abschlagszahlung des Auftraggebers und zuzüglich einer Pauschale von 10% für Nebenforderungen.

Entscheidungsgründe

Der BGH bestätigt den Anspruch des Bauunternehmers auf Gewährung einer Sicherheit.

Der Höhe nach muss der Anspruch auf Sicherheit schlüssig dargelegt werden. Dazu gehört es, die erbrachten Leistungen von den noch nicht erbrachten Leistungen abzugrenzen und darzulegen, welche Kosten erspart und welcher anderweitiger Erwerb anzurechnen ist. 

Im vorliegenden Fall hat der Bauunternehmer einheitlich gem. § 650f Abs. 5 Satz 3 BGB insgesamt 5% aus dem vereinbarten Brutto-Pauschalpreis angesetzt. Bezogen auf die nicht ausgeführte Restleistung entspricht das ohnehin der im Gesetz vermuteten Pauschale. Soweit für die bereits ausgeführten Arbeiten nicht die darauf entfallende volle Vergütung, sondern lediglich ein 5%-iger Anteil geltend gemacht wird, ist das schlüssig. Dem Auftraggeber erwächst dadurch auch kein Nachteil, weil der Bauunternehmer mit seiner Forderung hinter dem zurückbleibt, was er als Vergütung für die ausgeführten Arbeiten tatsächlich fordern könnte. 

Für den Teil der Vergütung, der auf die noch nicht erbrachte Restleistung entfällt, darf keine Umsatzsteuer berechnet werden. Da der Bauunternehmer mit der hier gewählten Methode die Höhe der auf die erbrachten Arbeiten zu zahlende Umsatzsteuer nicht schlüssig darlegt, hat er insoweit keinen Anspruch auf Sicherheit.

Die Kernaussagen des BGH können wie folgt zusammengefasst werden:

1.) Auch wenn der Unternehmer einen Bauvertrag nach § 650f Abs. 5 BGB kündigte, weil der Besteller seinem berechtigten (ersten) Verlangen nach einer Sicherheit gem. § 650f BGB nicht nachkam, kann der Unternehmer unverändert eine Sicherheit verlangen. Allerdings kann der Unternehmer nach Kündigung des Bauvertrags eine Sicherheit nicht mehr bezogen auf die ursprünglich vertraglich vereinbarte Vergütung gem. § 631 Abs. 1 BGB, sondern nur noch bezogen auf die Vergütung in der Höhe verlangen, die er als Rechtsfolge der wirksam erfolgten außerordentlichen Kündigung für sich reklamiert. Er muss daher die Höhe des Sicherheitsverlangens anpassen.

2.) Das Gericht führt zu strittigen Tatsachen in einem Sicherheitenprozess keine Beweisaufnahme durch; der Geltendmachung von etwaigen Gegenforderungen des Bestellers steht § 650f Abs. 1 Satz 4 BGB entgegen.

3.) Der Vorlage einer Schlussrechnung oder weiterer Angaben des Unternehmers bedarf es nicht, wenn sich die Höhe des Sicherungsverlangens ohne Weiteres aus dem Gesetz und der vertraglich vereinbarten Pauschalfestpreisvergütung ergibt.

4.) Kündigte ein Unternehmer nach Erbringung einer Teilleistung den Bauvertrag nach fruchtlosem Ablauf einer zur Stellung einer Sicherheit gem. § 650f BGB gesetzten Frist, bemisst sich die Höhe des sicherbaren Anspruchs des Unternehmers nach § 650f Abs. 5 Satz 2 und 3 BGB. 

5.) Den nach Kündigung zu sichernden Vergütungsanspruch legt der Unternehmer schlüssig dar, wenn er insgesamt 5% des mit dem Besteller vereinbarten Nettopauschalpreises ansetzt.

Auswirkungen auf die Praxis

➡️ Der BGH hat mit seinem Urteil vom 18.01.2024 wichtige Grundsätze zur Kündigung nach § 650f Abs. 5 BGB und zur Berechnung der Höhe der Sicherheit nach der Kündigung aufgestellt.

➡️ Nach einer Kündigung nach § 650f Abs. 5 Satz 1 Fall 2 BGB hat eine zeitlich danach ausgesprochene Auftraggeberkündigung keine Rechtswirkungen, da das Vertragsverhältnis durch die vorherige Kündigung des Unternehmers bereits anderweitig umgestaltet wurde.

➡️ Die Anforderungen an die schlüssige Darlegung der Kündigungsvergütung sind nach der BGH-Rechtsprechung nicht hoch. Es bedarf keiner (in der Praxis schwierigen) Abgrenzung zwischen erbrachten und nicht erbrachten Leistungen, wenn einheitlich aus dem Gesamtvertrag auf die gesetzliche Vermutung von 5% zurückgegriffen wird.

➡️ Gerade wenn die Kündigung eines Bauvertrages in einem sehr frühen Stadium des Vertragsverhältnisses erfolgt, ist diese Berechnungsmethodik für Auftragnehmer interessant, um schnell und einfach der Höhe nach einen schlüssigen Klageanspruch für die Sicherheit begründen zu können.

➡️ Für Architekten und Ingenieure dürfte diese Entscheidung weniger Bedeutung haben, weil deren Anspruch auf Vergütung für nicht erbrachte Leistungen regelmäßig erheblich größer ausfällt, als die 5% aus der gesetzlichen Vermutung in § 650f Abs. 5 BGB (und auch in § 648 BGB).

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