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Baukosten und Abrechnung unfertiger Leistungsphase 3

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(@vielefragen)
Active Member
Beigetreten: Vor 2 Jahren
Beiträge: 3
Themenstarter  

Guten Tag,

ich habe aktuell ein Projekt und stecke mitten in der Vorplanung oder schon Entwurfsplanung fest. Es geht um ein Einfamilienhaus und es gibt einen Vertrag, in dem schriftlich nur die LP 1+2 sowie Mindestsatz und Honorarzone III vereinbart wurden. Mitlerweile ist es 5'te Enwurf und wir planen seit über 8 Monaten. Jetzt überlegen wir aufzuhören und haben eine Abschlagsrechnung für LP 1-3 erhalten.

Bei den letzten 3 Entwürfen haben wir eine Kostenschätzung erhalten. Dort wurden die Bruttobaukosten ausgewiesen und wenn ich diese durch 1,19 teile, lande ich bei der 1'ten und letzten Kostenschätzung bei ca. 450.000 € netto und nur bei der Vorletzten bei 501.000 € netto. Da hatten wir etwas ausprobiert und dann aufgrund der ernormen, nicht zu erwartenden, Mehrkosten verworfen.

Der Vertrag ist aus diesem Jahr und eigentlich ist die aktuellste HOAI zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vereinbart, in der Abschlagsrechnung steht aber HOAI 2013.

Können die 501.000 € trozdem als Berechnungsbasis verwendet werden?

Muss ich LP 3 überhaupt voll oder anteilig bezahlen, wenn diese nicht schriftlich vereinbart ist?

Danke vorab für die Antworten.

VG


   
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Schlagwörter für Thema
fdoell
(@fdoell)
Mitglied Moderator
Beigetreten: Vor 22 Jahren
Beiträge: 265
 

Wenn Sie jetzt Planungen auf dem Tisch liegen haben zu Kosten, die Sie nicht stemmen können, hat der Planer wohl verschiedenes falsch gemacht.

Nach § 650p BGB müsste er Ihnen bei Erteilung eines Planungsauftrags und noch nicht vereinbarten Planungszielen (wozu die Kosten gehören) zunächst einmal eine Planungsgrundlage und eine Kosteneinschätzung liefern. Liegt diese erstmals mit "Vorplanungsergebnissen" vor, haben Sie nach § 650r BGB ein Sonderkündigungsrecht innerhalb von 2 Wochen, nachdem Sie der Planer darauf hingewiesen hat. Das könnten Sie auch heute noch wahrnehmen. Alle Leistungen bis zur Kosteneinschätzung bezahlen Sie dem Planer z.B. nach Aufwand und sonst nichts. Baufachanwaltliche Hilfestellung ist ggf. angesagt.

Sollten Sie eine Kosteneinschätzung erhalten haben und das Planungsziel definiert worden sein, gehört dann aber das Abfragen des Budgets in Lph. 1 zu den Kardinalaufgaben des Planers (wenn es nicht zuvor schon mitgeteilt wurde). Ohne ein solches kann das Planungsziel des Auftraggebers ja gar nicht erreicht werden. Alle Planungen, die dieses Kostenziel überschreiten, sind für Sie überhaupt nicht verwertbar und i.d.R. nicht zu vergüten.

Vorplanungen sollen die möglichen Ergebnisse nach gleichen Anforderungen darstellen. Sind Ihre Anforderungen klar definiert und erfüllen die Pläne diese? Wenn ja, gehört zur vollständigen Vorplanung eine Kostenkontrolle, d.h. ein Vergleich mit den Budgetvorgaben des Auftraggebers. Zuletzt entscheidet der AG, ob auf dieser oder jener Basis ein Entwurf bearbeitet wird. Ist ein solcher bislang nicht beauftragt, ist das Vorgehen des Planers als nicht vergütungsfähiges Vorpreschen zu werten. Wenn Sie keine Lph. 3 beauftragt haben, hat der Planer idR keinen Vergütungsanspruch darauf.

Sollten Sie also nicht nach der Kosteneinschätzung kündigen, könnte evtl. maximal eine Vorplanung erarbeitet worden sein. Ob die vollständig ist, stellen Sie am besten mal durch Vergleich mit den Grundleistungen in Anlage 10.1 HOAI fest. Gab es Vorabstimmungen mit Behörden? Sind Leistungen der Fachplanung überhaupt schon beauftragt, so dass sie integriert und koordiniert sein könnten (Statik, Haustechnik, Vermessung, Baugrunduntersuchung etc.)? Wenn nicht, hat der Planer wohl nicht alles geleistet was er möglicherweise in Auftrag hatte (wenn er Lph. 1+2 zu bearbeiten hätte). Da brauchen Sie ebenfalls anwaltliche oder sachverständige Hilfe, die über dieses Forum hinausgeht, bzgl. der Rechnungsprüfung und bzgl. des weiteren Vorgehens.

Mit herzlichen Grüßen
Friedhelm Doell
ö.b.v. HOAI-Sachverständiger
doell@doellconsult.de


   
VieleFragen reacted
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(@vielefragen)
Active Member
Beigetreten: Vor 2 Jahren
Beiträge: 3
Themenstarter  

Vielen Dank für die detaillierte Antwort. Das bestätigt mich in meinen Annahmen.

 

 

 


   
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(@vielefragen)
Active Member
Beigetreten: Vor 2 Jahren
Beiträge: 3
Themenstarter  

@fdoell

Muss eigentlich auf "Besondere Leistungen" der jeweiligen LPH nach Stundenabrechnung hingewiesen werden? Oder könen diese einfach berechnet werden?

Als "Laie" kann man ja mitunter gar nicht wissen, wass Grundleistungen und Besondere Leistungen sind.

Vielen Dank im Voraus.

VG


   
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fdoell
(@fdoell)
Mitglied Moderator
Beigetreten: Vor 22 Jahren
Beiträge: 265
 

Grundsätzlich gilt: ohne Auftrag keine Vergütung. Es gibt jedoch Fälle, wo das nicht so explizit vereinbart wurde und Gerichte einem Planer trotzdem eine Vergütung zugesprochen haben, wenn die Leistung zwingend erforderlich war. Im Zweifelsfall würde ich aber als Planer den AG immer auf gesondert zu vergütende Leistungen hinweisen, damit es da später keine Missverständnisse gibt.

Mit herzlichen Grüßen
Friedhelm Doell
ö.b.v. HOAI-Sachverständiger
doell@doellconsult.de


   
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(@alexander-patzer)
Eminent Member
Beigetreten: Vor 4 Jahren
Beiträge: 16
 

Sehr geehrter Herr Doell,

vielen Dank für Ihre Ausführungen und an dieser Stelle möchte ich mal nachfragen.

Wir haben gerade die Situation, dass wir die LPH 2-4 als Leistungsstufe 1 an ein Büro beauftragt, mithin also die Grundlagenermittlung selbst als öffentlicher AG erbracht haben (dachten wir zumindest, dazu gleich mehr). Planungsgegenstand war die Planung und ggf. zukünftige Errichtung eines Bettenhauses im Klinikbereich.

Jetzt stehen wir vor dem Problem, dass sich nach Abschluss der LPH 1 die Anforderungen des Nutzers (hier Klinik) im Bereich des Bettenhauses in quantitativer wie qualitativer Hinsicht nach Beginn der LPH 2 bereits mehrfach verändert haben. Üblicherweise erfolgt bei uns die Übergabe an die AN (Büros) bspw. in Form eines bestätigten Raumbedarfes. Dort sind dann zumindest Anzahl von bestimmten Raumgrößen usw. benannt, also ob es sich um eine 2- oder 3-Bettbelegung handelt usw. Nachdem wir also den Auftrag vergeben hatten, kam es nun zu Änderungen, diese allerdings nicht zeitgleich, sondern immer wieder zeitlich versetzt während der laufenden Planung und den Abstimmungen in LPH 2:

  • Reduzierung der Bettenanzahl auf der Normalpflegestation, dafür zusätzlich weitere Betten auf eine speziellen Pflegestation (auch mit anderen Anforderungen bezgl. Lüftung usw.)
  • Änderung der Raumgrößen auf der Normalpflege – hier Reduzierung der 3-Bettzimmer und Vergrößerung der Anzahl an 2-Bettzimmern
  • Resultierend aus Abstimmungen mit der Stadt als Genehmigungsbehörde musste eine Pflegestation gänzlich entfallen, um die Gebäudehöhe einzuhalten
  • Streichung aller 3-Bettzimmer auf behördlicher Veranlassung und Änderung in 2-Bettzimmer (diese Änderung konnte nicht vorhergesehen werden, weil das LAGUS hier neue Anforderungen erhoben hat)
  • Vergrößerung der 2-Bettzimmer auf behördlicher Veranlassung hin – Änderung der qualitativen Anforderungen an die Zimmer aufgrund geänderter Raumnutzung als Hämatologie

Jetzt macht der Planer geltend, durch ständige „Eingriffe“ des AG in seiner Planungsleistung behindert worden zu sein und verlangt Mehraufwendungen für Änderungen an den jeweiligen Planungsständen. Wichtig sei zu erwähnen, dass die Vorplanung zu keinem Zeitpunkt im Wesentlichen bzw. gänzlich fertiggestellt gewesen ist und die Eingriffe sozusagen „zwischendrin“ erfolgten.

Haben Sie Empfehlungen für uns, wie wir nun mit der Anzeige des Planers umgehen?


   
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fdoell
(@fdoell)
Mitglied Moderator
Beigetreten: Vor 22 Jahren
Beiträge: 265
 

Ja: fair über den Mehraufwand reden, diesen vertraglich fixieren und vergüten. Änderungsanordnungen des Auftraggebers sind auch während der laufenden Bearbeitung innerhalb einer Leistungsphase vergütungspflichtig, § 650q Abs. 2 iVm §§ 650b und 650c BGB. 

Hinweis für alle Leser:

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) gilt in Deutschland immer, für alle Auftragnehmer und Auftraggeber, es muss dazu auch nicht eigens im Vertrag erwähnt werden. Seit 2018 gibt es im Titel 9 des BGB „Werkvertrag und ähnliche Verträge“ den Untertitel 2 „Architektenvertrag und Ingenieurvertrag“ (§§ 650p bis 650t), in dem teilweise auf andere Paragraphen verwiesen wird, die damit ebenfalls für solche Planungsverträge gelten (siehe Beispiel oben) - es gilt also nicht mehr wie bis 2017 nur reines Werkvertragsrecht für Planungsaufträge (aber auch danach waren Änderungsanordnungen schon vergütungspflichtig). 

Diese Reglungen zu kennen, ist für Auftraggeber (zumal für wiederkehrende AG wie z.B. öffentliche) und Planer essentiell. Sie helfen Streit zu vermeiden und Ansprüche (beiderseitig) zu sichern. Besonders zu Beginn eines jeden Planungsauftrags zu beachten: § 650p iVm § 650r BGB!

Diese r Beitrag wurde geändert Vor 2 Monaten 3 mal von fdoell

Mit herzlichen Grüßen
Friedhelm Doell
ö.b.v. HOAI-Sachverständiger
doell@doellconsult.de


   
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