HOAI-Forum
Rüstung
Sehr geehrte Damen und Herren,
ist die Erstellung einer Statik für eine komplexe Rüstung, wenn diese Rüstung Teil der anrechenbaren Kosten ist, eine Grundleistung des Tragwerksplaners (oder des Gebäudeplaners?)?
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Mitglied
Wenn nur die Statik des Gebäudes bzw. Ingenieurbauwerks beauftragt ist: nein.
§ 49 Abs. 2: Das Tragwerk bezeichnet das statische Gesamtsystem der miteinander verbundenen, lastabtragenden Konstruktionen, die für die Standsicherheit von Gebäuden, Ingenieurbauwerken und Traggerüsten bei Ingenieurbauwerken maßgeblich sind.
Damit sind vorgehängte Fassaden u.a.m. nicht von der Tragwerksplanung des Objekts umfasst.
Traggerüste bei Ingenieurbauwerken (z.B. im Brückenbau) kann man als eigenes Objekt der Tragwerksplanung beauftragen. Ansonsten sind Gerüstplanungen nicht von der HOAI umfasst.
Bei der Gebäude- bzw. Ingenieurbauwerksplanung gehört die Rüstung auch nicht zum Hauptobjekt. Die Objektplanung muss aber natürlich die äußeren Formen darstellen. Der ausführende Unternehmer liefert dann im Regelfall die Statik für eine solche Rüstung, wenn diese erforderlich ist.
Bei Bedarf kann man eine solche Planung natürlich auch bereits vor der Ausführung beauftragen, das ist dann aber ein separates honorartechnisches Objekt, bei der Objekt- wie bei der Tragwerksplanung.
Mit herzlichen Grüßen
Friedhelm Doell
ö.b.v. HOAI-Sachverständiger
doell@doellconsult.de
Vielen Dank, Herr Doell, für die Antwort.
Sehr geehrter Herr Doell, werte Forumsteilnehmer,
aufgrund Ihres Hinweises habe ich im HOAI-Kommentar Locher, Koeble, Frik zu § 49 recherchiert. Dort steht in Rdn. 3 "Zum Gebäude gehören auch Gerüste...". Damit werde ich dem Rechnungshof nicht erklären können, dass ich ein zusätzliches Honorar für die statische Berechnung der Rüstung vereinbare, obwohl das Gerüst in den anrechenbaren Kosten des Tragweksplaners ist.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Mitglied
Könnten Sie bitte mal den genauen Wortlaut zitieren und angeben, aus welcher Auflage hier in welchem Zusammenhang zitiert wird? Ich habe nämlich die 9. Auflage des Werkes nicht zur Hand.
In der HOAI 2013/2021 ist in § 49 Abs. 2 nur von Tragwerken in Bezug auf Gebäude, Ingenieurbauwerken und Traggerüsten bei Ingenieurbauwerken die Rede. Die HOAI gilt daher nicht für Bauhilfsmittel wie Schutz-, Arbeits- und Fanggerüste. Bei den anrechenbaren Kosten sind dagegen alle Herstellungskosten gemeint, wozu die der Gerüste mit gehören. Könnte hier eine Verwechselung der Leistungsinhalte mit den Rechenregeln für die Vergütung vorliegen? Für die Malerarbeiten macht nämlich der Statiker auch keine Berechnung, trotzdem sind die mit anrechenbar.
Mit herzlichen Grüßen
Friedhelm Doell
ö.b.v. HOAI-Sachverständiger
doell@doellconsult.de
Locher / Koeble / Frik, Kommentar zur HOAI, 12. Auflage 2014, Rdn. 2 und 3 zu § 49 HOAI:
2. Anwendungsbereich
Der Anwendungsbereich (Abs. 1) erstreckt sich nur auf zwei Objekte, nämlich auf Gebäude und
Ingenieurbauwerke. Der Gebäudebegriff ist zwar nicht mehr definiert, jedoch hat er einigermaßen
klare Konturen. Zu den Gebäuden gehören auf jeden Fall die »zugehörigen baulichen Anlagen«.
Nicht erwähnt sind die Innenräume. Dennoch dürften auch sie vom Gegenstand her erfasst sein,
weil sie zu den Gebäuden gehören. Dagegen sind Leistungen der Tragwerksplanung für
Verkehrsanlagen und Freianlagen nicht von der HOAI erfasst. Werden sie neben Leistungen der
Objektplanung für Gebäude oder Ingenieurbauwerke erbracht, handelt es sich um Besondere
Leistungen. Werden sie isoliert erbracht, fallen sie gar nicht unter die HOAI. In beiden Fällen ist das
Honorar frei vereinbar. Diese Vereinbarung kann auch mündlich getroffen werden. Ohne
Honorarvereinbarung steht dem Auftragnehmer die übliche Vergütung für seine Leistungen zu.
Erfasst von der HOAI sind auch mit dem Gebäude verbundene Stützmauern, unterirdische
Anlagen, Schwimmbecken, kleinere, dem Verkehr indirekt dienende Bauwerke im Bereich der
Freianlagen, soweit sie mit dem Gebäude zusammenhängen. Aus der HOAI ergibt sich das Honorar
auch für Bauteile, die in direktem Zusammenhang mit Installationen, mit Anlagen der Technischen
Ausrüstung des Gebäudes und auch mit Werbeanlagen und Behelfsbauten stehen. Zum Gebäude
gehören auch Gerüste, Baugruben, Absteifungen, Gebäudeabsprießungen und Betonschalungen.
Allerdings sind Geländer, nicht tragende Bauteile, lose mit dem Gebäude verbundene Anlagen nicht
dem Geltungsbereich der HOAI unterworfen.
Selbst wenn hier nur die anrechenbaren Kosten gemeint sein sollten(was für mich nicht so explizit ist), erhält der Tragwerksplaner ja trotzdem mehr Honorar, wenn ein Gerüst vorhanden ist.
Ah, sorry wg des Kommentars, ich hatte LKF gelesen und KMV gedacht (Korbion/Mantscheff/Vygen). Die 12. Auflage LKF habe ich natürlich.
Der Kommentar scheint mit den einzelnen Randnotizen nicht ganz sauber den §§ 49 und 50 zugeordnet zu sein. In Rn. 1 zu § 49 stehen Objekte, die grundsätzlich nach HOAI zu vergüten sind. Der Satz "Zum Gebäude gehören auch Gerüste, Baugruben, Absteifungen, Gebäudeabsprießungen und Betonschalungen." ist aber bzgl. seines Bedeutungsgehaltes nicht klar, insbesondere ob er sich auf Leistungen oder anrechenbare Kosten bezieht.
Denn bzgl. der Gerüste steht die Aussage, wenn sie sich denn auf Leistungen beziehen sollte, im Widerspruch sowohl zur Tragwerksdefinition in § 49 Abs. 1 HOAI als auch zum Kommentar bzgl. § 50 Besondere Grundlagen, dort unter 4. "nicht von der HOAI erfasste Tragwerke" (Rn. 8): "nach der früheren amtlichen Begründung zu § 67 sind auch ... Baubehelfe bei Gebäuden von der Anwendung der HOAI ausgeschlossen." Diese Regelung hätte ggf. zu § 49 "Anwendungsbereich" gehört.
In der 13. Auflage dieses Kommentars wird ergänzt (Rn. 8 zu § 50): "Erfasst sind nach der Formulierung in § 49 Abs. 2 lastabtragende Traggerüste. Nicht erfasst davon sind verschiebbare Traggerüste und Arbeits- und Schutzgerüste, soweit es sich nicht um eigenständige Ingenieurbauwerke handelt (Verweis auf den Kommentar von Fuchs/Berger/Seifert).".
Nach DIN 18451 Gerüstarbeiten Punkt 4.2.8 sind statische Berechnungen von Gerüsten Besondere Leistungen des ausführenden Unternehmers; sie werden deshalb idR auch gar nicht vom Tragwerksplaner des AGs berechnet.
Hat ein Gerüst, das nicht endgültig im Bauwerk verbleibt und damit nicht zu dem "Gegenstand" der Tragwerksplanung nach § 49 Abs. 1 HOAI gehört, einen Bedarf an statischer Berechnung von Seiten des Bauherrn, ist eine solche Berechnung als Baubehelf nicht im Rahmen der HOAI-Leistungen für das Gebäude oder Ingenieurbauwerk geschuldet. Sie ist als Besondere Leistung oder (falls ein Ingenieurbauwerk vorliegt) als Ingenieurbauwerk für ein separates Objekt zu vergüten.
Mit herzlichen Grüßen
Friedhelm Doell
ö.b.v. HOAI-Sachverständiger
doell@doellconsult.de
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