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Schlussanträge des Generalanwalts beim EuGH liegen vor!

Neuigkeiten aus Luxemburg zum Preisrecht der alten HOAI-Fassungen: Schlussanträge des Generalanwalts beim EuGH liegen vor!

Mit Urteil vom 04.07.2019 (Rechtssache C-377/17) hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) zwar die verbindlichen Mindest- und Höchstsätze der HOAI für europarechtswidrig erklärt. Er hat jedoch nicht über die Frage entschieden, was dies für alle zu diesem Zeitpunkt (04.07.2019) schon bestehenden und noch bis zum 31.12.2020 (bis zum Inkrafttreten der HOAI 2021) abgeschlossenen Verträge (sog. „Altverträge“) bedeutet. Seit dem, also seit fast genau 2 Jahren, besteht eine erhebliche Rechtsunsicherheit, die nur durch die Rechtsprechung geklärt werden kann.

 

Der Bundesgerichtshof hat diese Frage in seinem Beschluss vom 14.05.2020 (Az.: VII ZR 174/19) ebenfalls nicht entschieden, sondern hat das Verfahren ausgesetzt und in einem Vorabentscheidungsersuchen die Sache dem EuGH (Rechtssache C‑261/20) mit einer konkreten Fragestellung vorgelegt. In seinem Beschluss vom 14.05.2020 hat der BGH seine eigene Meinung geäußert. Er neigt dazu, bei dem vorliegenden Sachverhalt keine unmittelbare Wirkung der Dienstleistungsrichtlinie anzunehmen, mit der Folge, dass § 7 HOAI in laufenden Gerichtsverfahren zwischen Privatpersonen weiterhin anwendbar wäre. Das Preisrecht der HOAI wäre also nach der Auffassung des BGH für die Altverträge weiterhin anwendbar.

 

Der Generalanwalt beim EuGH, Herr Maciej Szpunar, sieht dies anders als der BGH. Er hat in seinen Schlussanträgen vom 15.07.2021 dem EuGH vorgeschlagen, die vom BGH vorgelegten Fragen wie folgt zu beantworten:

 

Ein nationales Gericht, das mit einem Rechtsstreit zwischen Privatpersonen über einen Anspruch befasst ist, der auf eine nationale Regelung gestützt ist, die Mindestsätze für Dienstleistungserbringer in einer Weise festlegt, die gegen Art. 15 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. g und Abs. 3 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt verstößt, muss diese nationale Regelung unangewendet lassen. Diese Verpflichtung trifft das nationale Gericht gemäß

 

  • 15 Abs. 2 Buchst. g und Abs. 3 der Richtlinie 2006/123 als Bestimmungen zur Konkretisierung der sich aus Art. 49 AEUV ergebenden Niederlassungsfreiheit und

 

  • 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union.

 

Der Generalanwalt begründet seinen Vorschlag damit, dass das Preisrecht der alten HOAI-Fassungen die im EU-Vertrag verankerte und in den Bestimmungen der Dienstleistungsrichtlinie konkretisierte Niederlassungsfreiheit beeinträchtigt und auch gegen das in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union garantierte Grundrecht der Vertragsfreiheit verstößt.

 

Sollte der EuGH dem vorstehend wiedergegebenen Vorschlag des Generalanwalts folgen, was als sehr wahrscheinlich angesehen werden muss, dann würde dies bedeuten, dass das Preisrecht der bisherigen HOAI-Fassungen für alle Altverträge (also für alle bis zum 31.12.2020 abgeschlossenen Architekten- und Ingenieurverträge) keine Anwendung mehr findet. Damit bestünde zumindest in diesem Punkt Rechtsklarheit.

 

Jedoch bleibt damit immer noch die Frage offen, wie mit formunwirksamen, also entweder nicht schriftlich (§ 126 BGB) oder nicht bei Auftragserteilung getroffenen Honorarvereinbarungen in Altverträgen umzugehen ist. Nach herrschender Meinung führen nämlich formunwirksame Honorarvereinbarungen in Altverträgen (über § 7 Abs. 5 HOAI 2013) im Ergebnis immer noch dazu, dass dann noch der Mindestsatz der HOAI gilt.

 

Für „neue Verträge“ im Anwendungsbereich der HOAI 2021 (also für alle ab 01.01.2021 abgeschlossenen Verträge) ist das verbindliche Preisrecht kein Thema mehr. Denn die HOAI 2021 stellt nur noch eine Honorarorientierung dar. Allerdings gilt hier der Basishonorarsatz, wenn keine Honorarvereinbarung in Textform vorliegt (§ 7 Abs. 1 S. 2 HOAI 2021).

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