Stadt am Strom: Wie der Deutzer Hafen Köln neu definiert
Ein Hafen wandelt sich
Der Deutzer Hafen im Kölner Süden ist seit Jahrzehnten ein Ort des Übergangs – von der industriellen Nutzung zur Zukunftsstadt. Nach Jahren der Planung nimmt die Umgestaltung nun konkrete Formen an. Das 35 Hektar große Areal, das lange als wichtiger Güterumschlagplatz diente, wird zu einem neuen urbanen Stadtquartier entwickelt. Ziel ist es, Wohnen, Arbeiten, Freizeit und Kultur in einer lebendigen Nachbarschaft zu vereinen – direkt am Wasser und mit einer markanten Silhouette aus Alt und Neu.
Der Masterplan sieht rund 3.000 neue Wohnungen und 6.000 Arbeitsplätze vor. Etwa ein Drittel der Fläche wird für den öffentlichen Raum reserviert, darunter Promenaden, Parks und Sport- und Wasserflächen. Wo früher Container gestapelt wurden, soll bald das Leben am Fluss pulsieren – ein neues Stück Köln, das nicht nur architektonisch, sondern auch sozial Maßstäbe setzen will.
Bürgerbeteiligung als Leitmotiv
Die Stadt Köln setzte bei der Entwicklung des Deutzer Hafens auf Partizipation. In den Jahren 2016 bis 2018 gab es breit angelegte Verfahren zur Bürgerbeteiligung, bei der Interessierte Ideen, Wünsche und Kritik einbringen konnten. Über Workshops, Online-Plattformen und Dialogveranstaltungen wurden Themen wie Mobilität, Grünflächen, Energieversorgung und sozialer Wohnraum diskutiert.
„Der Deutzer Hafen gehört allen Kölnerinnen und Kölnern“, betont Baudezernent Markus Greitemann. Die Menschen können ihre Vorstellungen aktiv einbringen können.“ Die Ergebnisse fließen in die nächste Planungsphase ein.
Der erste Baustein: Baufeld 05
Ein besonderer Meilenstein ist die Entscheidung über den Siegerentwurf für Baufeld 05, die im September bekannt gegeben wurde. Das Berliner Architektenbüro &MICA überzeugte die Jury mit einem Entwurf, der industrielle Robustheit mit urbaner Leichtigkeit verbindet. Ihr Konzept sieht eine Blockrandbebauung mit großzügigen Innenhöfen, begrünten Fassaden und flexiblen Nutzungszonen vor – Wohnen, Arbeiten und Gewerbe sollen hier nahtlos ineinandergreifen.
Die Architekt:innen greifen dabei gestalterische Elemente der historischen Hafenarchitektur auf: Backstein, Beton, Stahl und Glas prägen das Erscheinungsbild, während die neuen Bauten durch klare Linien und offene Erdgeschosszonen eine einladende Atmosphäre schaffen. Geplant sind etwa 250 Wohnungen, davon ein erheblicher Anteil geförderter Wohnraum, sowie Gewerbe, Gastronomie und soziale Einrichtungen.
Das Baufeld wird zusammen mit einem Partner von der moderne stadt GmbH entwickelt – die Kölner Stadtentwicklungsgesellschaft, die u.a. auch für die Umsetzung des Kölner Rheinauhafens und weiterer Stadtquartiere maßgeblich verantwortlich war. moderne stadt sieht im Deutzer Hafen eine „einmalige Gelegenheit, ein Kölner „Veedel“ neu zu definieren“. Der Baustart für das Baufeld 05 ist für 2028 vorgesehen, die Umsetzung der Freianlagen und Parks beginnt bereits im Jahr 2026 vorgesehen, die Fertigstellung des Quartiers für Anfang bis Mitte der 2030er Jahre.
Architektur zwischen Geschichte und Zukunft
Der Deutzer Hafen steht für eine architektonische Herausforderung, die über reine Flächenentwicklung hinausgeht: Wie lässt sich industrielle Geschichte bewahren und zugleich ein lebenswertes, zukunftsfähiges Stadtquartier schaffen?
Viele der alten Silos, Kräne und Gleisanlagen sollen erhalten bleiben und in die neue Struktur integriert werden. So wird das Hafenbecken künftig flankiert von den ehemaligen Mühlen, die z.B. Raum für Büros und Hotels, sowie Ateliers, Start-ups und Werkstätten in belebten Erdgeschossen bieten. Die Mischung aus denkmalgeschützten Bauten und Neubauten soll eine eigenständige Identität schaffen – ein Stück Stadt, das bewusst Brüche zeigt und gerade dadurch Authentizität gewinnt.
Nachhaltigkeit spielt eine zentrale Rolle: Geplant sind energieeffiziente Gebäude, ein klimaneutrales Energiekonzept, Regenwassermanagement und autofreie Quartierszonen. Statt auf großflächige Versiegelung setzt man auf klimaresiliente Innenhöfe, Dachgärten und begrünte Fassaden, die zur Kühlung beitragen, Lebensraum für Insekten bieten und auf ein zukunftsfähiges Wassermanagement. Die Planungen des Deutzer Hafen Köln wurden außerdem mit dem höchstmöglichen Zertifikat der Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) in Platin zertifiziert, das zur nachhaltigen Umsetzung verpflichtet.
Ein neuer Stadtteil für alle
Der Deutzer Hafen wird nicht nur ein Ort des Bauens, sondern ein Ort des Miteinanders. Soziale und funktionale Durchmischung, kulturelle Vielfalt. Urbanität und Klimaresilienz sind Kernprinzipien des Projekts. Vorgesehen sind z.B. auch Mobilitäts-Hubs die mit Carsharing-Angeboten und Fahrradstationen die Knotenpunkte von Bus und Bahn verbinden sowie Uferpromenaden und einer hohen Durchlässigkeit für Fußgänger und Fahrradfahrer. Die Vision: Ein Quartier, das offen, lebendig und enkelfähig ist – ein Modell für die Stadtentwicklung des 21. Jahrhunderts. „Wir schaffen ein Stück Köln, das den Charakter der Stadt bewahrt und gleichzeitig in die Zukunft führt“, so Andreas Röhrig, Geschäftsführer der Stadtentwicklungsgesellschaft moderne stadt GmbH.
Zukunftsaussicht
Mit dem Deutzer Hafen entsteht ein Stadtquartier, das weit über Köln hinausstrahlt. Die Verbindung aus industrieller Geschichte, moderner Architektur und bürgernaher Planung macht das Projekt zu einem der spannendsten städtebaulichen Experimente Deutschlands. Für Architekten, Ingenieure und Stadtplaner bietet es wertvolle Einblicke in die Transformation urbaner Räume – und zeigt, wie aus einer Industriebrache ein neuer Lebensraum werden kann.
Den neuen HOAI-Kommentar können Sie direkt hier bestellen:
Diesen Artikel teilen:
