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Zwei Opernneubauten setzen Zeichen – Hamburg und Düsseldorf gestalten ihre Bühnen neu

Rendering Opernhaus

Hamburgs Opernvision: Eine Bühne als öffentliche Landschaft

In Hamburg entsteht auf dem Baakenhöft in der HafenCity ein Opernhaus, das die Grenze zwischen Kulturbau und öffentlichem Raum neu definiert. Der Siegerentwurf des Architekturbüros Bjarke Ingels Group (BIG) aus Kopenhagen zeigt eine spiralförmige Architektur, über deren geschwungene Ebenen Besucherinnen und Besucher sich frei bewegen können. Begrünte Flächen und terrassenartige Plateaus formen eine begehbare Dachlandschaft, die den Bau unmittelbar mit seiner Umgebung verbindet.
Dieses Opernhaus ist als offener Stadtraum gedacht. Es lädt nicht nur zu Aufführungen ein, sondern soll auch ein Ort sein, der unabhängig vom Spielbetrieb genutzt wird.
Die Stadt Hamburg und die Kühne Stiftung teilen sich die Finanzierung, wobei der Stiftung ein großer Teil der Kosten obliegt. Die Stadt hat ihren Beitrag auf 147,5 Mio. Euro gedeckelt.
Die Stiftung wird sich erst in rund zwei Jahren, wenn die Planung so konkret ist, dass man den Preis hinreichend überblicken kann, abschließend entscheiden, ob sie den Neubau finanziert oder nicht.
Der Baubeginn ist derzeit für 2030 vorgesehen. Mit einer Fertigstellung Mitte der 2030er Jahre könnte Hamburg dann einen in Europa außergewöhnlichen Kulturbau erhalten, der über seine Funktion als Spielstätte hinaus Identität stiftet.

Düsseldorf entwickelt ein Opernhaus der Zukunft
Auch Düsseldorf hat sich für einen radikalen Neustart entschieden. Der Generalplanungswettbewerb brachte mehrere starke Entwürfe hervor – das norwegische Architekturbüro Snøhetta Oslo AS überzeugte mit einem Ensemble, das weit über ein klassisches Opernhaus hinausgeht.
Der Neubau am Standort “Am Wehrhahn“ vereint Oper, Musikschule und Musikbibliothek in einem kompakten, dreiteiligen Baukörper. Große Dachschrägen, klare Kanten und Panoramafenster verleihen dem Gebäude eine markante Präsenz. Gleichzeitig legt der Entwurf großen Wert auf Durchlässigkeit und Anbindung an die Umgebung.
Das Projekt soll mit einer Kostenobergrenze von nicht mehr als einer Milliarde Euro realisiert werden. Die politische Entscheidung pro Neubau zeigt, dass die Stadt bereit ist, den finanziellen und organisatorischen Kraftakt zu stemmen.


Interims- und Sanierungsprojekte im ganzen Land
Während Hamburg und Düsseldorf ihre Neubauten planen, stehen andere Städte vor komplexen Übergangs- und Sanierungsprozessen. Nürnberg etwa errichtet einen „Ergänzungsbau“, der als Interimsoper dienen soll und zugleich Teil eines umfangreicheren Kulturkonzepts wird. Der Standort im U-förmigen Bau der nie fertiggestellten Kongresshalle auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände bleibt umstritten, weil er einen sensiblen historischen Ort berührt. Der Entwurf von LRO zeigt ein vollständig begrüntes Aufführungshaus mit 800 Plätzen, angeschlossen über zwei filigrane Glaskorridore. Die reversible Konstruktion soll 25 Jahre nutzbar sein – ein Zeitraum, der signalisiert, wie groß die Herausforderungen der Hauptsanierung sind.
Noch deutlicher wird dieser Kraftaufwand in Mannheim. Dort wird das Nationaltheater seit 2022 generalsaniert. Der denkmalgeschützte Bau aus den 50er Jahren erhält neue Haustechnik, eine brandschutztechnische Ertüchtigung und ein umfangreich unterirdisch erweitertes Probenzentrum. Die Kosten waren früh Thema politischer Auseinandersetzungen und liegen inzwischen bei rund 330 Millionen Euro.
Parallel dazu läuft der Betrieb weiter – in Interimsspielstätten, die bereits selbst zu architektonischen Projekten geworden sind. Die Oper nutzt mit der OPAL eine Leichtbauhalle am Luisenpark, die nach der Nutzung wieder abgebaut werden kann. Das Schauspiel und der Tanz sind im umgebauten Franklin-Kino sowie weiteren Spielorten untergebracht. Trotz aller logistischen Einschränkungen demonstriert Mannheim, wie professionell ein komplexer Sanierungsprozess organisiert werden kann.
Auch die Komische Oper Berlin wird derzeit umfassend modernisiert. Für rund 477 Millionen Euro erhält das Haus moderne Bühnentechnik, zusätzliche Räume für Vermittlung, Proben und Verwaltung sowie einen Neubau mit Dachterrasse und Publikumseinrichtungen. Parallel wird der historische Zuschauerraum aufwendig restauriert. Ziel ist es, ein Haus zu schaffen, das zugleich Tradition bewahrt und stärker mit der Stadtgesellschaft interagiert.


Ein Kulturwandel mit architektonischer Konsequenz
Was alle Projekte verbindet, ist mehr als der Wunsch nach moderner Technik oder energetischer Erneuerung. Die aktuellen Neubauten und Sanierungen folgen einem gemeinsamen Paradigma: Opernhäuser sollen keine isolierten Kulturinseln mehr sein, sondern offene, vielfältig nutzbare Räume, die Stadt und Gesellschaft aktiv mitgestalten.
Hamburg und Düsseldorf zeigen dies mit visionären Neubauten, Nürnberg, Berlin und Mannheim mit flexiblen Übergangslösungen und tiefgreifenden Sanierungen. Gemeinsam zeichnen sie das Bild einer Opernlandschaft, die sich architektonisch, organisatorisch und kulturell neu positioniert.

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