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Bauen im Bestand – Planen, Modernisieren und Erweitern bestehender Bauwerke

Bauen im Bestand umfasst alle baulichen Maßnahmen an bestehenden Gebäuden oder baulichen Anlagen. Dazu gehören Umbau, Modernisierung, Erweiterung, Instandsetzung und Instandhaltung (vgl. die Begriffsdefinitionen in § 2 HOAI). Ziel ist es, bestehende Bausubstanz zu erhalten, zu verbessern oder neuen Nutzungen anzupassen, ohne das Gebäude vollständig abzureißen und neu zu errichten. Diese Art des Bauens, oft auch allgemein als “Sanierung” bezeichnet, stellt besondere technische, rechtliche und wirtschaftliche Herausforderungen, insbesondere im Hinblick auf Bestandsaufnahme, Bauphysik, Tragwerksplanung, Denkmalschutz und energetische Anforderungen.

Formen des Bauens im Bestand

  • Sanierung – Maßnahmen zur technischen und funktionalen Wiederherstellung eines Gebäudes, z. B. Dachsanierung oder Fassadensanierung.
  • Modernisierung – bauliche Maßnahmen zur nachhaltigen Erhöhung des Gebrauchswertes eines Objekts, z.B. durch Verbesserung der technischen Ausstattung und Energieeffizienz (, z. B. Einbau neuer Fenster oder Heizsysteme).
  • Umbau – Umgestaltungen eines vorhandenen Objekts mit wesentlichen Eingriffen in Konstruktion oder Bestand, z.B. durch Anpassung der Gebäudestruktur an neue Nutzungen (z. B. Ausbau von Dachgeschossen oder Umwandlung von Büro- in Wohnräume).
  • Erweiterung – Ergänzungen eines vorhandenen Objekts, z.B. Anbau oder Aufstockung zur Vergrößerung der Nutzfläche (z. B. Anbau eines Wintergartens oder Errichtung eines zusätzlichen Stockwerks).
  • Instandsetzung – Maßnahmen zur Wiederherstellung des zum bestimmungsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustandes (Soll-Zustandes), d.h. Wiederherstellung eines Bauwerks ohne Veränderung der Nutzung (z. B. Reparatur von Rissen oder Feuchtigkeitsschäden).
  • Denkmalschutzgerechte Sanierung – Maßnahmen zur Erhaltung und Anpassung historischer Gebäude unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes.

Besondere Herausforderungen beim Bauen im Bestand

1. Bauplanung und Bestandsaufnahme

  • Vor jedem Eingriff ist eine detaillierte Bestandsaufnahme erforderlich:
  • Tragwerk und Statik prüfen
  • Bauphysikalische Eigenschaften (Schallschutz, Wärmeschutz) analysieren
  • Schadstoffe im Gebäude erkennen (z. B. Asbest, PCB)
  • Häufig fehlen aktuelle Baupläne, sodass vorab eine digitale Erfassung (z. B. mittels 3D-Scanning oder BIM) nötig ist.

2. Baurechtliche Anforderungen

  • Genehmigungspflicht: Viele Umbaumaßnahmen erfordern eine Baugenehmigung, insbesondere wenn Tragwerke verändert oder Fassaden angepasst werden.
  • Denkmalschutz: Gebäude unter Denkmalschutz unterliegen besonderen Vorschriften. Änderungen müssen mit der Denkmalschutzbehörde abgestimmt werden.
  • Energetische Vorgaben: Modernisierungen müssen den Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) entsprechen, z. B. bei Dämmung oder Heizungserneuerung.

3. Technische Herausforderungen

  • Unklare Tragwerksstrukturen: Ältere Gebäude wurden nach früheren Bauvorschriften errichtet. Tragfähigkeit muss durch Tragwerksplanung geprüft werden.
  • Unvorhersehbare Schäden: Oft treten erst beim Rückbau verdeckte Mängel auf, z. B. morsche Balken oder fehlerhafte Verkabelungen.
  • Bestandsanpassung an neue Normen: Ältere Gebäude entsprechen oft nicht aktuellen Brandschutz- und Schallschutzanforderungen.

4. Wirtschaftliche Aspekte

  • Kostenkontrolle schwierig: Bauen im Bestand kann teurer sein als ein Neubau, da unvorhergesehene Probleme auftreten können.
  • Fördermöglichkeiten: Staatliche Förderprogramme unterstützen energetische Sanierungen (z. B. KfW-Förderung, BAFA-Zuschüsse).
  • Nutzungsausfälle: Bei gewerblichen oder bewohnten Gebäuden müssen Maßnahmen so geplant werden, dass Mieter oder Eigentümer möglichst wenig beeinträchtigt werden.

Rechtliche Rahmenbedingungen und Normen

  • Baugesetzbuch (BauGB) umfasst Vorgaben für Umnutzung und Erweiterung bestehender Gebäude.
  • Landesbauordnungen (LBOs) enthalten Vorschriften für Umbauten, Abstandsflächen und Brandschutz.
  • Gebäudeenergiegesetz (GEG) regelt Anforderungen an energetische Sanierungen.
  • Denkmalschutzgesetze umfassen besondere Anforderungen bei denkmalgeschützten Gebäuden.
  • DIN-Normen für Bauen im Bestand:
    • DIN 4108 (Wärmeschutz)
    • DIN 4109 (Schallschutz)
    • DIN 18040 (Barrierefreies Bauen)

Bauen im Bestand nach HOAI – Besondere Leistungsanforderungen

Die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) erkennt die besonderen Anforderungen des Bauens im Bestand an und erlaubt Zuschläge für erhöhte Planungsaufwände (Umbau- und Modernisierungszuschlag, z.B. bei Gebäuden bis 33%, § 36 HOAI). Zudem sieht die HOAI vor, dass die mitzuverarbeitende Bausubstanz bei den anrechenbaren Kosten angemessen berücksichtigt wird. (§ 4 Abs. 3 HOAI).

Besondere Planungsleistungen gemäß HOAI:

  • Bestandsaufnahme und Dokumentation (fehlende Pläne, Bausubstanzprüfung)
  • Detaillierte Variantenuntersuchung für Sanierungskonzepte
  • Bauphysikalische Nachweise für energetische Sanierung
  • Erhöhte Koordinationsaufwände bei der Integration neuer Technik

Beispielprojekte im Bereich Bauen im Bestand

1. Altbau-Sanierung mit energetischer Modernisierung

  • Gebäude: Mehrfamilienhaus, Baujahr 1965
  • Maßnahmen: Austausch der Fenster, Fassadendämmung, neue Heizungsanlage
  • Herausforderungen: Berücksichtigung der Statik, Vermeidung von Wärmebrücken
  • Ergebnis: Energieverbrauch gesenkt, Fördermittel der KfW genutzt

2. Umnutzung einer Lagerhalle zu Büroflächen

  • Gebäude: Alte Industriehalle aus den 1950er Jahren
  • Maßnahmen: Einbau neuer Geschossdecken, Brandschutzertüchtigung, Fassadensanierung
  • Herausforderungen: Anpassung der Tragstruktur an neue Anforderungen
  • Ergebnis: Neue Büroflächen ohne Neubau, nachhaltige Nutzung vorhandener Bausubstanz

3. Aufstockung eines Wohngebäudes

  • Gebäude: 3-geschossiges Wohnhaus, Baujahr 1978
  • Maßnahmen: Aufstockung um ein weiteres Geschoss
  • Herausforderungen: Verstärkung der bestehenden Fundamente und Decken
  • Ergebnis: Zusätzlicher Wohnraum ohne Flächenverbrauch

Herausforderungen und Risiken beim Bauen im Bestand

  • Unklare Bestandspläne – oft fehlen verlässliche Baupläne älterer Gebäude.
  • Schadstoffe (z. B. Asbest, PCB) – Sanierungen können aufwändiger und kostenintensiver sein.
  • Unvorhergesehene Schäden – beim Rückbau können zusätzliche Mängel entdeckt werden.
  • Baurechtliche Einschränkungen – z. B. Denkmalschutz oder fehlende Nachrüstungsmöglichkeiten für Brandschutz.
  • Lärmschutzprobleme – ältere Gebäude erfüllen oft nicht die heutigen Anforderungen.

Fazit zum Thema Bauen im Bestand

  • Bauen im Bestand ist technisch und wirtschaftlich anspruchsvoll, aber oft nachhaltiger als ein Neubau.
  • Es erfordert eine präzise Planung, eine detaillierte Bestandsaufnahme und eine enge Abstimmung mit Bauherren und Behörden.
  • Rechtliche Vorschriften (Bauordnungen, GEG, Denkmalschutz) müssen genau geprüft werden.
  • Fördermittel (KfW, BAFA) können Sanierungsmaßnahmen finanziell attraktiver machen.

Tipp für die Praxis: Frühzeitige Bestandsaufnahme und gründliche Planung minimieren Risiken und ermöglichen wirtschaftlich tragfähige Lösungen!

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