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Bauphysik – Wissenschaftliche Grundlagen für energieeffizientes und nachhaltiges Bauen

Die Bauphysik ist ein interdisziplinäres Fachgebiet im Bauwesen, das sich mit den physikalischen Eigenschaften von Bauwerken und deren Wechselwirkungen mit der Umwelt befasst. Sie hat das Ziel, Komfort, Energieeffizienz, Schallschutz und Langlebigkeit von Gebäuden zu optimieren.

Die Bauphysik ist in der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) in Anlage 1 (zu § 3 Abs. 1) als Leistungsbild enthalten und umfasst verschiedene Teilbereiche. Hierzu zählen Wärmeschutz und Energiebilanzierung, Bauakustik (Schallschutz) und Raumakustik.

Ziele und Bedeutung der Bauphysik

  • Energieeinsparung und Nachhaltigkeit – Optimierung des Wärmeschutzes zur Reduktion des Energieverbrauchs.
  • Wohngesundheit und Komfort – Sicherstellung eines angenehmen Raumklimas durch kontrollierte Luftfeuchtigkeit und Temperaturen.
  • Schallschutz und Lärmminderung – Schutz vor Außenlärm und Schallübertragung innerhalb von Gebäuden.
  • Brandschutzmaßnahmen – Planung baulicher Maßnahmen zur Verzögerung der Brandausbreitung.
  • Vermeidung von Bauschäden – Sicherstellung der Langlebigkeit von Bauwerken durch konstruktiven Feuchte- und Wärmeschutz.

Teilbereiche der Bauphysik

1. Wärmeschutz und Energieeffizienz

  • Planung energieeffizienter Gebäude gemäß Gebäudeenergiegesetz (GEG).
  • Optimierung der Dämmstandards und Gebäudehülle (z. B. U-Werte von Bauteilen).
  • Berechnung des Wärmeverlusts und thermischer Brücken.
  • Einsatz erneuerbarer Energien (z. B. Solartechnik, Wärmepumpen).
  • Passivhaus- und Niedrigenergiehaus-Konzepte.

2. Feuchteschutz und Bauklimatik

  • Vermeidung von Schimmelbildung und Kondensatbildung.
  • Planung von Dampfsperren und diffusionsoffenen Konstruktionen.
  • Berechnung des Taupunkts zur Schimmelprävention.
  • Sicherstellung eines optimalen Raumklimas (Luftfeuchtigkeit, Luftwechselrate).

3. Schallschutz

  • Reduzierung von Luftschall und Trittschall gemäß DIN 4109.
  • Optimierung des Schutzes vor Außenlärm (z. B. bei Gebäuden an Verkehrsstraßen).
  • Planung von Schallschutzmaßnahmen innerhalb von Gebäuden (z. B. Trennwände in Mehrfamilienhäusern).
  • Berechnung der Schalldämmwerte von Bauteilen.

4. Brandschutz

  • Optimierung der Feuerwiderstandsklassen von Bauteilen.
  • Berechnung der Rauch- und Wärmeausbreitung in Gebäuden.
  • Planung von Brandschutzmaßnahmen wie Brandschotts, Brandwände und Fluchtwege.

5. Tageslichtnutzung und Beleuchtung

  • Berechnung der Tageslichtversorgung von Räumen zur Verbesserung des Wohnkomforts.
  • Optimierung von Fensterflächen und Verglasungen zur Reduzierung des Energiebedarfs für künstliche Beleuchtung.
  • Berücksichtigung von Blendschutzmaßnahmen und Sonneneinstrahlung.

Bauphysik in der HOAI – Leistungsbild nach Anlage 1 (zu § 3 Abs. 1)

Die HOAI definiert Bauphysik als ein eigenständiges Leistungsbild mit folgenden Leistungsphasen:

1. Grundlagenermittlung (LPH 1)

  • Klärung bauphysikalischer Anforderungen mit Bauherrn und Architekten.
  • Analyse von Normen und gesetzlichen Vorgaben.

2. Vorplanung (LPH 2)

  • Erste Konzepte für Wärme-, Feuchte-, Schallschutz.
  • Grobe Berechnungen von Energieeffizienz und Dämmstandards.

3. Entwurfsplanung (LPH 3)

  • Detaillierte Berechnung der bauphysikalischen Anforderungen.
  • Erstellung von Schallschutz-, Wärmeschutz- und Feuchteschutzkonzepten.

4. Genehmigungsplanung (LPH 4)

  • Erstellung der Nachweise für Energieeffizienz, Schallschutz und Brandschutz.
  • Einhaltung von GEG, DIN 4109 (Schallschutz) und DIN 4108 (Wärmeschutz).

5. Ausführungsplanung (LPH 5)

  • Detailplanung für Dämmstoffe, Lüftungskonzepte, Schallschutzmaßnahmen.
  • Abstimmung mit TGA-Planung und Tragwerksplanung.

6. Vorbereitung der Vergabe (LPH 6) & Mitwirkung bei der Vergabe (LPH 7)

  • Erstellung von Leistungsverzeichnissen für Dämmung, Fenster, Lüftung.
  • Prüfung von Angeboten hinsichtlich bauphysikalischer Anforderungen.

7. Bauüberwachung (LPH 8)

  • Kontrolle der bauphysikalischen Maßnahmen auf der Baustelle.
  • Sicherstellung der richtigen Ausführung von Dämmung, Luftdichtheit, Schallschutzmaßnahmen.

8. Objektbetreuung und Dokumentation (LPH 9)

  • Kontrolle der Bauphysik während der Nutzungsphase.
  • Analyse von möglichen Baufehlern (Schimmel, Lärmprobleme, Wärmeverluste).

Praktische Anwendung der Bauphysik

Beispiel 1: Energieeffizientes Wohngebäude

  • Planung eines Passivhauses mit hochgedämmter Gebäudehülle.
  • Simulation des Energieverbrauchs und CO₂-Ausstoßes.
  • Optimierung der Sonneneinstrahlung zur Reduzierung des Heizbedarfs.

Beispiel 2: Schallschutz in einem Mehrfamilienhaus

  • Berechnung der Trittschalldämmung für Geschossdecken.
  • Optimierung der Schalldämmwerte von Wohnungstrennwänden.
  • Einsatz von Schallentkopplungen für Rohrleitungen und Treppenhäuser.

Beispiel 3: Brandschutzkonzept für ein Bürogebäude

  • Ermittlung der Feuerwiderstandsklassen für tragende Bauteile.
  • Planung von Brandabschnitten und Rauchabzugsanlagen.
  • Berücksichtigung der Flucht- und Rettungswege gemäß Bauordnung.

Wichtige Normen und Vorschriften der Bauphysik

Wärmeschutz und Energieeffizienz:

  • Gebäudeenergiegesetz (GEG) – Anforderungen an den Energiebedarf von Gebäuden.
  • DIN 4108 – Wärmeschutz und Energieeinsparung.
  • ENEV (ehemals gültig, nun im GEG integriert).

Feuchteschutz:

  • DIN 4108-2 – Mindestanforderungen an den Feuchteschutz.
  • DIN 18533 – Abdichtung von erdberührten Bauteilen.

Schallschutz:

  • DIN 4109 – Mindestanforderungen an den Schallschutz.
  • VDI 4100 – Erhöhter Schallschutz für Wohngebäude.

Brandschutz:

  • DIN 4102 – Baustoffe und Bauteile im Brandschutz.
  • MLAR (Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie) – Brandschutz in Gebäuden.

Das Thema Bauphysik im Fazit

Die Bauphysik ist essenziell für die Energieeffizienz, den Schallschutz, den Feuchteschutz und den Brandschutz eines Bauwerks. Sie beeinflusst maßgeblich die Qualität, Nachhaltigkeit und den Wohnkomfort von Gebäuden.

In der HOAI ist die Bauphysik als Leistungsbild enthalten, sodass Bauphysiker und Ingenieure als eigenständige Fachplaner in Neubau- und Sanierungsprojekten eingebunden werden können.

Durch präzise Berechnungen, moderne Simulationstechniken und digitale Methoden wie BIM wird die Bauphysik zunehmend effizienter und leistungsfähiger.

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