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Gesamtschuldnerische Haftung – Mehrere Schuldner, eine Verpflichtung

Die gesamtschuldnerische Haftung ist ein zentrales Prinzip des Zivilrechts, insbesondere im Vertrags- und Deliktsrecht. Sie bedeutet, dass mehrere Schuldner gemeinsam für eine Verpflichtung haften, wobei der Gläubiger das Recht hat, von jedem einzelnen die volle Leistung zu verlangen.

Die gesetzliche Grundlage findet sich in § 421 BGB, der bestimmt, dass ein Gläubiger jeden Gesamtschuldner nach seinem Belieben ganz, teilweise oder gleichzeitig mit anderen in Anspruch nehmen kann.

Rechtliche Grundlagen der gesamtschuldnerischen Haftung 

Gesetzliche Regelung: § 421 BGB

  • Mehrere Schuldner schulden dieselbe Leistung.
  • Der Gläubiger kann sich aussuchen, welchen Schuldner er in Anspruch nimmt.
  • Zahlung eines Schuldners befreit auch die anderen Schuldner.

Beispiel:

Ein Bauherr beauftragt eine Bau-Arbeitsgemeinschaft (ARGE) mit dem Bau eines Bürogebäudes. Falls das Bauunternehmen A und Bauunternehmen B auf Zahlung von Schadensersatz als Gesamtschuldner haften, kann der Bauherr von beiden oder nur von einem die gesamte Zahlung fordern. Wer zahlt, kann von den anderen einen internen Ausgleich verlangen.

Wann entsteht eine gesamtschuldnerische Haftung?

Die gesamtschuldnerische Haftung entsteht durch:

  • Gesetzliche Regelung (z. B. § 840 BGB – Haftung bei unerlaubten Handlungen)
  • Vertragliche Vereinbarung (z. B. bei Konsortien oder ARGE-Verträgen)
  • Gemeinsame Verantwortlichkeit für eine Pflichtverletzung

Beispiele für gesamtschuldnerische Haftung in der Praxis

1. Bauvertrag und ARGE (Arbeitsgemeinschaft)

  • Mehrere Bauunternehmen bilden eine ARGE und schließen gemeinsam einen Vertrag mit dem Bauherrn.
  • Der Bauherr kann einen einzelnen Partner für die gesamten Ansprüche aus dem Vertrag haftbar machen.
  • Intern müssen sich die Partner nach dem ARGE-Vertrag ausgleichen.

2. Mängelhaftung in der Bauausführung

  • Ein Architekt und ein Bauunternehmen sind gemeinsam wegen einem Ausführungsfehler und einem Überwachungsfehler für Baumängel verantwortlich.
  • Der Bauherr kann einen der beiden auf die vollen Ansprüche aus den Mängeln verklagen.

3. Deliktische Haftung bei Schäden

  • Zwei Handwerker verursachen gemeinsam einen Bauschaden.
  • Der Geschädigte kann einen der beiden in voller Höhe in Anspruch nehmen (§ 840 BGB).

Unterschied: Gesamtschuldnerische Haftung vs. Teilschuldnerische Haftung

Merkmal Gesamtschuldnerische Haftung (§ 421 BGB) Teilschuldnerische Haftung
Haftungssumme Jeder Schuldner haftet für die volle Summe Jeder Schuldner haftet nur für seinen Anteil
Gläubigerrechte Kann sich aussuchen, wen er in Anspruch nimmt Muss von jedem nur den jeweiligen Teil fordern
Interner Ausgleich Schuldner, der zahlt, kann von den anderen Ausgleich verlangen Kein interner Ausgleich erforderlich
Beispiel ARGE im Bauwesen, Schaden durch mehrere Verursacher Mehrere Subunternehmer, die nur für ihre eigenen Leistungen haften

Interner Ausgleich zwischen Gesamtschuldnern (§ 426 BGB)

Ein Schuldner, der für die gesamte Summe gezahlt hat, kann von den anderen internen Ausgleich verlangen.

  • Grundsatz: Jeder trägt seinen Anteil.
  • Falls vertraglich nicht anders geregelt, ist der Anteil zu gleichen Teilen zu übernehmen.
  • Falls ein Schuldner besonders verantwortlich ist, kann eine andere Verteilung angemessen sein.

Beispiel:

Ein Architekt und ein Bauunternehmen haften wegen Ausführungsfehlern und Bauüberwachungsfehlern gesamtschuldnerisch für Baumängel. Der Bauherr fordert den gesamten Betrag vom Architekten. Dieser kann anschließend das Bauunternehmen in Regress nehmen.

Herausforderungen und Risiken der gesamtschuldnerischen Haftung

  • Unklare Verträge: Falls keine klare Regelung besteht, kann einer der Schuldner übermäßig belastet werden.
  • Bonitätsrisiko: Wenn einer der Schuldner zahlungsunfähig ist, müssen die anderen die gesamte Summe tragen.
  • Nachträglicher Streit über die Verteilung: Ohne eindeutige Vereinbarung können interne Regressansprüche problematisch werden.

Fazit zur gesamtschuldnerischen Haftung

  • Die gesamtschuldnerische Haftung bedeutet, dass mehrere Schuldner für dieselbe Verpflichtung haften und der Gläubiger die gesamte Leistung von einem Schuldner verlangen kann.
  • Besonders in der Baubranche (ARGE, Planungsfehler, Mängelhaftung) ist sie von hoher praktischer Bedeutung.
  • Interne Ausgleichsansprüche zwischen den Gesamtschuldnern müssen gesondert geregelt werden.
  • Ohne klare vertragliche Vereinbarungen kann ein Schuldner unangemessen belastet werden.

Tipp für die Praxis: Vertragliche Regelungen sollten genau festlegen, wie die Haftung verteilt wird und wie der interne Ausgleich geregelt ist! 

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