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Nachträge – Änderungen und Zusatzleistungen im Bauvertrag

Im Bauwesen bezeichnet der Begriff Nachträge Änderungen oder Ergänzungen eines bestehenden Bauvertrags. Diese Anpassungen können zu zusätzlichen Kosten, geänderten Mengen oder einem erweiterten Leistungsumfang führen. Nachträge treten häufig in Bauprojekten auf, da sich während der Bauausführung oft neue Anforderungen, technische Änderungen oder unerwartete Gegebenheiten ergeben.

Die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/B) sowie das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) enthalten spezifische Regelungen zur Handhabung von Nachträgen, insbesondere zu deren Vergütung, Prüfung und Anerkennung.

Arten von Nachträgen

Es gibt verschiedene Arten von Nachträgen, die sich nach ihrer Ursache unterscheiden:

1. Mengenänderungen (Nachträge wegen geänderter Massen)

  • Die ursprünglich vereinbarten Mengen weichen von den tatsächlichen Mengen ab.
  • Beispiel: Statt 500 m² Pflasterfläche werden 600 m² ausgeführt.

2. Geänderte Leistungen

  • Der Auftraggeber ändert die vertraglich vereinbarte Leistung.
  • Beispiel: Statt eines Mauerwerks aus Kalksandstein wird ein Mauerwerk aus Ziegelstein gefordert.

3. Zusätzliche Leistungen

  • Leistungen, die im ursprünglichen Vertrag nicht enthalten waren, aber für die Fertigstellung erforderlich sind.
  • Beispiel: Nachträglicher Einbau einer zusätzlichen Tür, die ursprünglich nicht geplant war.

4. Störungen im Bauablauf (Behinderungsnachträge)

  • Verzögerungen oder Unterbrechungen, die Mehrkosten verursachen (z. B. längere Standzeiten, Materialpreissteigerungen).
  • Beispiel: Witterungsbedingte Verzögerungen oder verspätete Vorleistungen des Auftraggebers.

5. Nachträge aufgrund von Baugrundrisiken

  • Wenn sich unerwartete Baugrundverhältnisse ergeben, die zusätzliche Maßnahmen erfordern.
  • Beispiel: Plötzlich entdeckte Altlasten oder schwierige Bodenverhältnisse.

H2: Rechtliche Grundlagen von Nachträgen

1. Nachträge nach VOB/B

Die VOB/B (Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen) regelt Nachträge in § 1 Abs. 3 und 4 VOB/B sowie in § 2 Abs. 5 und 6 VOB/B:

  • § 1 Abs. 3 VOB/B: Der Auftragnehmer muss geänderte Leistungen ausführen, wenn sie dem ursprünglichen Vertrag ähneln und technisch erforderlich sind.
  • § 1 Abs. 4 VOB/B: Auch zusätzliche Leistungen müssen erbracht werden, wenn sie zur Vertragserfüllung notwendig sind.
  • § 2 Abs. 5 VOB/B: Für geänderte Leistungen muss eine neue Vergütung vereinbart werden, die sich an der ursprünglichen Preisgestaltung orientiert.
  • § 2 Abs. 6 VOB/B: Bei zusätzlichen Leistungen muss ebenfalls eine Vergütungsanpassung erfolgen.

2. Nachträge nach BGB

Nach dem Werkvertragsrecht des BGB (§ 650 b BGB) ist der Auftraggeber berechtigt, einseitige Änderungsanordnungen zu erteilen. Der Auftragnehmer kann für diese Änderungen eine zusätzliche Vergütung verlangen. Falls keine Einigung erzielt wird, sieht das BGB vor, dass sich die Vergütung nach den tatsächlich erforderlichen Kosten mit angemessenen Zuschlägen für allgemeine Geschäftskosten, Wagnis und Gewinn richtet.

H2: Ablauf eines Nachtragsverfahrens

Ein professionelles Nachtragsmanagement ist essenziell, um Streitigkeiten zu vermeiden. Der typische Ablauf eines Nachtrags ist:

1. Erkennen eines Nachtrags

  • Prüfung der Baupläne, Vertragsunterlagen und Leistungsbeschreibungen.
  • Feststellen, ob die Änderung eine Mengenänderung, eine geänderte oder zusätzliche Leistung ist.

2. Meldung an den Auftraggeber

  • Der Auftragnehmer muss den Nachtrag schriftlich anzeigen und begründen.
  • Wichtig: Der Nachtrag sollte vor der Ausführung angezeigt werden, da sonst der Vergütungsanspruch gefährdet ist.

3. Prüfung und Verhandlung

  • Der Auftraggeber prüft den Nachtragsanspruch und verhandelt über die Vergütung.
  • Grundlage für die Vergütung können Einheitspreise aus dem Vertrag oder eine neue Kalkulation sein.

4. Freigabe und Umsetzung

  • Nach Zustimmung des Auftraggebers wird die geänderte oder zusätzliche Leistung erbracht.
  • Die Ausführung sollte sorgfältig dokumentiert werden.

5. Abrechnung des Nachtrags

  • Die erbrachten Leistungen werden im Aufmaß festgehalten und abgerechnet.

Tipps für ein erfolgreiches Nachtragsmanagement

1. Vertrag und Leistungsverzeichnis genau prüfen

  • Viele Nachtragsstreitigkeiten entstehen durch unklare Leistungsbeschreibungen.
  • Auftragnehmer sollten sich frühzeitig über Nachtragsregelungen informieren.

2. Nachträge immer schriftlich anzeigen

  • Mündliche Nachträge sind schwer durchsetzbar.
  • Eine schriftliche Bestätigung vom Auftraggeber ist essenziell.

3. Nachweise führen

  • Dokumentation der tatsächlich erbrachten Leistungen durch Fotos, Aufmaße und Bautagebuch.

4. Vergütungsanpassung rechtzeitig klären

  • Vor der Ausführung muss eine Einigung über die Mehrvergütung erzielt werden, um Streitigkeiten zu vermeiden.

5. Technische und wirtschaftliche Auswirkungen berücksichtigen

  • Manche Nachträge haben Folgekosten (z. B. Änderungen in der Statik). Diese müssen von Anfang an mit einbezogen werden.

Beispiel für einen Nachtrag in der Praxis

Nachtrag wegen zusätzlicher Leistungen

Ein Bauunternehmen errichtet ein Bürogebäude. Im Vertrag ist eine Betondecke mit Standarddämmung vereinbart. Während der Bauphase entscheidet der Bauherr, dass eine bessere Dämmung erforderlich ist.

  1. Der Auftragnehmer meldet den Nachtrag schriftlich und beschreibt die Mehrkosten.
  2. Der Auftraggeber prüft den Nachtrag und erteilt die Zustimmung.
  3. Der Nachtrag wird ausgeführt, und die Mehrkosten werden auf Basis der neuen Dämmleistung berechnet.
  4. Die zusätzliche Vergütung wird abgerechnet, und die Änderungen werden dokumentiert.

Fazit zum Thema Nachträge

Nachträge sind ein fester Bestandteil von Bauprojekten und treten häufig aufgrund geänderter Anforderungen, unvorhergesehener Baugrundverhältnisse oder neuer technischer Vorgaben auf. Die VOB/B und das BGB regeln die Durchführung und Vergütung von Nachträgen, um eine faire und nachvollziehbare Abrechnung sicherzustellen.

Ein professionelles Nachtragsmanagement ist entscheidend, um wirtschaftliche Nachteile zu vermeiden. Wichtige Grundsätze sind eine rechtzeitige Anzeige, eine detaillierte Dokumentation und eine klare vertragliche Regelung der Vergütungsanpassung.

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