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Sicherheitseinbehalt – Finanzielle Absicherung im Bauwesen

Der Sicherheitseinbehalt ist eine vertraglich vereinbarte finanzielle Rücklage, die der Auftraggeber einbehält, um sich gegen mögliche Vertragsverletzungen oder Mängel des Auftragnehmers abzusichern. Er dient dazu, Mängelansprüche, Fertigstellungsrisiken oder andere finanzielle Forderungen abzusichern.

Sicherheitseinbehalte werden häufig in Bauverträgen nach BGB oder VOB/B geregelt und können durch Bürgschaften oder Kautionen ersetzt werden.

Ziele des Sicherheitseinbehalts

  • Absicherung gegen Baumängel – Falls Mängel auftreten, kann der Auftraggeber auf die einbehaltene Summe zugreifen.
  • Schutz vor Insolvenz des Auftragnehmers – Sicherstellung, dass offene Verpflichtungen erfüllt werden.
  • Erhöhung der Verhandlungsposition – Druckmittel für fristgerechte und mangelfreie Leistungserbringung.
  • Absicherung der Vertragserfüllung oder Gewährleistungsansprüche – Finanzielle Sicherheit über die Bauphase hinaus.

Arten von Sicherheitseinbehalten

1. Vertragserfüllungseinbehalt

  • Dient zur Absicherung der Bauausführung.
  • Typischerweise 5 – 10 % der Auftragssumme.
  • Wird nach Abnahme freigegeben oder in eine Gewährleistungsbürgschaft umgewandelt.

2. Gewährleistungseinbehalt

  • Sicherung von Mängelansprüchen in der Gewährleistungsfrist (z. B. 5 Jahre nach BGB oder 4 Jahre nach VOB/B).
  • Üblich sind 3 – 5 % der Auftragssumme.
  • Wird nach Ablauf der Gewährleistungsfrist freigegeben, wenn keine Mängel vorliegen.

Rechtliche Grundlagen des Sicherheitseinbehalts

Regelungen im BGB (Bürgerliches Gesetzbuch)

  • § 632a BGB regelt Abschlagszahlungen, die einen Sicherheitseinbehalt zulassen.  
  • Auftragnehmer haben grundsätzlich einen Anspruch auf Abschlagszahlungen für erbrachte Leistungen.
  • Ein Sicherheitseinbehalt kann bei Abschlagszahlungen nur dann vorgenommen werden, wenn er vertraglich vereinbart wurde.
  • Ohne vertragliche Regelung darf der Auftraggeber keinen willkürlichen Einbehalt vornehmen.

Sicherheitseinbehalt nach VOB/B (Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen)

  • § 17 VOB/B erlaubt Sicherheiten für die Vertragserfüllung und Gewährleistung.
  • Die Sicherheit darf maximal 10 % der Auftragssumme betragen.
  • Nach Abnahme des Bauwerks wird die Vertragserfüllungssicherheit freigegeben und kann in eine Gewährleistungsbürgschaft umgewandelt werden.

Alternativen zum Sicherheitseinbehalt

1. Bürgschaft (Bankbürgschaft oder Versicherung)

  • Auftragnehmer kann den Einbehalt durch eine Bürgschaft ersetzen.
  • Vorteil: Erhält die Liquidität des Auftragnehmers.

2. Kautionsversicherung

  • Eine Versicherung übernimmt das Sicherungsrisiko gegen eine Gebühr.
  • Vorteil: Flexible Lösung ohne Belastung der Kreditlinie.

3. Hinterlegung eines Sicherungsbetrags

  • Der Auftragnehmer kann eine Barkaution hinterlegen.
  • Nachteil: Bindet Kapital.

Beispiel für einen Sicherheitseinbehalt

Neubau eines Bürogebäudes – Auftragssumme: 2.000.000 €

  • Vertraglich vereinbart: 5 % Sicherheitseinbehalt für die Gewährleistung.
  • Einbehalt: 100.000 € für 5 Jahre nach der Abnahme der Arbeiten.
  • Nach 5 Jahren ohne Mängel wird der Betrag an den Auftragnehmer zurückgezahlt.

Alternative: Der Auftragnehmer stellt stattdessen eine Bürgschaft über 100.000 € und erhält die volle Auftragssumme ausgezahlt.

Vor- und Nachteile für Auftraggeber und Auftragnehmer

Aspekt Auftraggeber (Bauherr) Auftragnehmer (Bauunternehmen)
Vorteile Schutz vor Mängeln und Insolvenz Vermeidung von Liquiditätsengpässen
Nachteile Verwaltungskosten, Streitigkeiten möglich Kapitalbindung, Nachverhandlungen nötig

Herausforderungen und Streitigkeiten bei Sicherheitseinbehalten

  • Einbehalte werden nicht fristgerecht ausgezahlt – Auftraggeber behalten Gelder zu lange zurück.
  • Unklare Vertragsklauseln – Sicherheitseinbehalte müssen vertraglich genau geregelt sein.
  • Bauunternehmen fordern Bürgschaften, aber Auftraggeber akzeptieren diese nicht.
  • Missbrauch von Sicherheitseinbehalten – Auftraggeber nutzen den Einbehalt als Druckmittel.

Fazit zum Sicherheitseinbehalt

Der Sicherheitseinbehalt ist ein wichtiges Instrument, um Auftraggeber vor Baumängeln und finanziellen Risiken zu schützen. Auftragnehmer sollten jedoch prüfen, ob eine Bürgschaft oder Versicherung als Alternative möglich ist, um die eigene Liquidität zu erhalten. Ein gut geregelter Sicherheitseinbehalt im BGB- oder VOB/B-Vertrag sorgt für Vertragssicherheit, reduziert finanzielle Risiken und sichert Mängelansprüche während der Gewährleistungszeit.

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