HOAI-Forum
LP2 - Architekt möchte nur einen Entwurf/Variante entgeltfrei erstellen - zusätzliche Entlohnung für Alternativarianten
Liebes Forum,
ich habe eine Frage zur Vergütungspflicht bei Änderungswünschen zu dem erstmaligen Entwurf bzw. Vorentwurf eines Architekten. Wir haben einen Vertrag über die Leistungsphasen 1- 8 mit einem Architekten abgeschlossen.
Wir hatten zunächst ein Raumprogramm erarbeitet und dieses freigegeben. Verschiedene Punkte hierin waren näher beschrieben, wie z.B. die gewünschte Raumgröße. Andere Punkte hatten wir mit dem Architekten nicht im Einzelnen besprochen, wie etwa die räumliche Erschließung des Hauses über die Längs- oder Querachse, Ausrichtung der verschiendenen Räumlichkeiten nach Süden etc. Wir hatten ihm allerdings einen Entwurf Bauträgers vorgelegt, auf dessen Grundlage wir hatten bauen wollen.
Auf der Basis des Raumprogramms und einer Ortsbesichtigung (großes Grundstück am Waldrand, mit 2000 qm großer Rasenfläche nach Süden, im Nordosten Bäume) hat der Architekt uns den Entwurf eines Grundrisses im Maßstab 1:100 vorgelegt. Fenster sind nicht genau eingezeichnet, die Raummaße jedoch genau zu erkennen. Skizzen wurden vorher nicht besprochen oder gefertigt.
Leider sagt uns der Entwurf wenig zu, weil:
- der Hauswirtschaftraum außerhalb des Gebäudes in einem Nebenraum zur Garage verortet wurde, was so nie besprochen worden war. Dieser Raum würde ab im Bauantrag nicht so benannt werden, da dies so nicht erlaubt sei.
- Die Errichtung einer Garage ist für die Zukunft angedacht (derzeit fehlen die Mittel - deshalb beim Architekten nicht beauftragt), steht jedoch aktuell nicht zur Debatte. Ohne Garage würde das Haus nicht wirken, wurde uns dann gesagt.
- Das Wohnzimmer wurde nach Südosten verlegt, wodurch die Abendsonne nicht hineinscheinen kann. Unser Grundstück hat eine Gesamtgröße von 3.000 qm.
- Das Esszimmer (für einen Tisch mit 8 Personen) ist mit 18 qm um 2 qm kleiner als im Raumprogramm festgelegt und von diesen 18 qm dienen 3 qm als Sierchgangsweg (VF) zu Küche und Wohnzimmer, da hier der Flur gespart wurde. Den Stuhl am Kopfende kann man kaum benutzen, da sonst der Verkehrsweg ins Wohnzimmer durchkreuzt wird.
- Die Haustür befindet sich an der Längsachse des schmal geplanten Hauses
- Der Technikraum wurde in südwestlichsten Bereich des Hauses gesetzt (bei Grundstück mit optimaler Südwestausrichtung) und von 9 qm auf 6 qm verkleinert (Gastherme, Wasserspeicher und Klimaanlagen Splitgerät).
- Vom gewünschten Windfang gehen Gästebad und Technikraum ab, so dass uns dieser uns eher wie ein Vorflur erscheint.
Kurz: wir baten um Änderung des Entwurfs. Daraufhin wurde uns mitgeteilt, dass die Leistungsphase mit dem Entwurf abgeschlossen sei und Änderungen am Entwurf nach Stundensätzen zu vergüten seien. Wir sollten noch einmal überdenken, welche Punkte des Raumprogamms wir jetzt geändert haben möchten. Dies sei der Idealgrundriss. Die 2.000 qm Rasenfläche im Süden des Grundstücks wären ja nichts Besonderes und wichtiger sei es ja, die Terrassenfläche in die Nord/Ostseite mit Blick in den Wald auszurichten (dies war so nie besprochen und es ist die dunkelste Seite des Grundstücks).
Tatsächlich wünschen wir keine Änderungen am Raumprogramm, dieses stimmt nach wie vor - der Architekt ist lediglich hiervon häufiger 1 - 2 qm nach unten abgewichen. Aber bestimmte Dinge wie die Ausrichtung des Wohnzimmers, die räumliche Erschliessung des Hauses, HWR in der Garage waren vorher nicht besprochen worden. Raumgrößen aus dem Raumprogramm wurden ohne Absprache verändert. Aber bei Vororttermin wurde noch der Sonnenverlauf mit einer App analysiert und man hat die perfekte Südwestausrichtung des Grundstücks hervorgehoben - nun liegt der Technikraum perfekt im Südwesten.
Frage:
a) Wenn wir es richtig gelesen haben, besteht eine Vergütungspflicht nicht bei Varianten eines Entwurfs (= gleiche Anforderungen), sondern nur bei Alternativen (=unterschiedliche Anforderungen). Stimmt das?
b) Wir wünschen (mit der Erschliessung des Hauses über die Querachse und der Neuanordnung der Räume) doch eine Variante und keine Alternative der Entwurfsplanung, oder? Stimmt das?
c) Kann er einfach die Größen der Räume um 1-2 qm reduzieren, eine Garage ans Haus setzen - obwohl er informiert wurde, dass wir die Mittel dazu nicht haben, den Hauswirtschaftsraum aus dem Gebäude streichen um ihn unentdeckt im Garagennebenraum verschwinden zu lassen (frei nach dem Motto ich schalte in walte vollkommen frei und der Kunde hat es zu akzeptieren)?
Sehr geehrter Waldmensch,
so wie sich Ihre Darstellung liest, sind Sie mit dem von Architekten vorgelegten Ergebnis der bisherigen Planung nicht einverstanden und haben diese auch nicht angenommen/abgenommen.
zu a) Ja. Sie wünschen ja keine Alternativplanung oder einen alternativen Vorschlag der planerischen Umsetzung, sondern lediglich die Umsetzung Ihrer Vorgaben und Berücksichtigung der Ihnen wichtigen Raumvorgaben und Aufteilungen.
zu b) Meiner Meinung nach, ja. Siehe a.
zu c) Nein. Der Architekt muss vor allem in der 1. LPH Ihre Vorgaben und die Bedarfsplanung klären. Wenn Sie kommuniziert haben, dass Sie kein Budget für die Garage haben und diese erst später realisiert werden soll und somit zunächst auch nicht mit geplant werden soll (wir reden nur von der Planung und nicht Umsetzung), dann ist die Garage auch nicht Bestandteil der Planung. Ebenso ist die Reduzierung der Raumfläche ohne Ihrer Zustimmung (oder zumindest der vorherigen Abstimmung mit Ihnen) nicht sinnvoll, da dies schließlich eine Vorgabe Ihrerseits ist, von der Sie wohl auch nicht abweichen möchten. Wenn es hierfür aber absolut keine planerische Lösung gibt, sollte dennoch mindestens ein aufklärungsgespräch erfolgen.
Es zeichnet sich aus, dass von Seiten des Architekten die Grundlagen für die Planung nicht ordentlich zusammengetragen bzw. abgefragt wurden. Hier fehlt es noch an Abstimmungen mit Ihnen und der Festlegung der „Eckpunkte“, die mit der Planung zwingend umzusetzen sind.
Allgemein ist in dem Zusammenhang fraglich, ob es sich bei der vorgelegten Planung aktuell tatsächlich um das Ergebnis des Vorentwurfes (LPH 2) oder der Entwurfsplanung (LPH 3) handelt. Ich würde eher sagen: LPH 2. Wobei nach Ihrer Schilderung der Entwurf schon in 1:100 = LPH 3 vorgelegt wurde.
FLEMING.CONSULTING.
Sachverständigenbüro für Honorare & Leistungen der Architekten und Ingenieure (HOAI)
Vergabeberater (VgV & UVgO)
Büro: 0212-23282378
Mobil: 0157-75703987
E-Mail: info@fleming-consulting.de
Web: www.fleming-consulting.de
Wenn da noch nicht mal Fenster genau eingezeichnet sind, handelt es sich garantiert nicht um einen Entwurf. Vielmehr sind Sie wohl gerade in der Phase der Umsetzung des Raumprogramms (benötigte bzw. gewünschte Flächen) in eine Raumanordnung, also mitten in de Erarbeitung der Vorplanung. Der Maßstab der Darstellung auf Papier ist dabei völlig unmaßgeblich, vor allem wenn man mit CAD arbeitet.
Wenn Sie HOAI-Grundleistungen nach Anlage 10.1 beauftragt haben (ich hoffe, Sie haben den HOAI-Text zur Hand!), verlangen Sie doch erstmal die schriftliche Zusammenfassung der Lph. 1 (Dokumentation der Ergebnisse). Dort müsste das Thema Hauswirtschaftsraum (Soll: im Gebäude) und Garage (derzeit nicht vorgesehen, d.h. das Haus muss auch ohne Garage "gut aussehen") aufgeführt sein.
Erst wenn dort alles so steht, wie Sie es gerne haben möchten, geht es weiter mit Lph. 2. In der Vorplanung sind natürlich die Vorgaben aus Lph. 1 komplett zu berücksichtigen. Sofern das nicht der Fall ist, muss der Planer nacharbeiten. Insbesondere diskutieren Sie bitte Themen wie Terrassenlage, Hausanschlussraum da wo die Sonne hin scheint (statt Aufenhaltsräumen mit Ausblick) usw. usw.
Empfehlung: informieren Sie sich, was alles zu einer Vorplanung gehört (die ebenfalls erstmal fertigzustellen, zu erläutern und zu dokumentieren ist, bevor es an die Entwurfsplanung geht) und sorgen Sie dafür, dass das alles auch geleistet wird. Die Ausarbeitung einer Entwurfsplanung macht ja auch inhaltlich erst dann Sinn, wenn die Raumanordnung grundsätzlich geklärt ist. Sie beinhaltet dann auch viel mehr konstruktive Angaben als eine Vorplanung: Entwurf heißt vollständige Konstruktion, für die dann auch eine Statik gerechnet werden kann, die nach der Ausführungsplanung nicht mehr geändert werden muss. Der Entwurf muss also sämtliche tragende Bauteile und ihre Eigenschaften darstellen, von bauphysikalischen Themen wie Wärmemanagement, Lüftung usw. einmal ganz zu schweigen.
Weiterhin ist zu beachten, dass nach der Systematik der HOAI die Erstellung einer Vorplanung und einer Entwurfsplanung nicht nur die Gebäudeplanung an sich umfasst, sondern jeweils auch die Koordination und Integration der technischen Ausrüstung. Dabei geht die HOAI davon aus, dass die TA-Leistungsphasen und auch die der Tragwerksplanung, die jeweils die gleiche Nummerierung tragen (und auch gleich heißen), zeitgleich erbracht werden. Ohne integrierte TA-Planung ist also weder eine Vorplanung noch eine Entwurfsplanung vollständig und damit mangelhaft, wenn Sie die Grundleistungen nach der HOAI beauftragt haben. Hinweisen muss Sie der Planer darauf eigentlich schon in in Lph. 1 c) "Beraten zum gesamten Leistungs- und Untersuchungsbedarf".
Und: kaufen Sie sich eine DIN 276-1:2008 und lesen Sie, was eine Kostenschätzung und was eine Kostenberechnung ist. Kosten je m³ umbautem Raum sind nur ein Teil einer Kostenschätzung und niemals ausreichend für eine Kostenberechnung!
Nach Ihrer Schilderung macht es sich Ihr Planer - wenn Sie die Grundleistungen nach der HOAI beauftragt haben - viel zu einfach und arbeitet damit mangelhaft, wenn er unter Entwurfsplanung lediglich ein paar Grundrisse, Schnitten und Ansichten versteht, die noch nicht einmal Ihre Anforderungen erfüllt. Wenn er das nicht einsieht, konsultieren Sie einen Baufachanwalt und überlegen Sie, ob Sie dem Planer nicht sofort kündigen und ihm nur das vergüten, was er nachweislich (vgl. Sie mit den HOAI-Grundleistungen!) erbracht hat und was dabei auch Ihren Vorgaben entspricht, d.h. für Sie verwertbar ist. Oder wollen Sie mit so einem Filou auch bauen?
Tipp für alle Leser:
Wenn HOAI-Grundleistungen beauftragt sind, ist die HOAI keine bloße Auslegungshilfe, sondern die Erfüllung der Grundleistungen die Folge einer Beschaffenheitsvereinbarung des Planungswerks i.S.d. § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB. Nicht erbrachte Grundleistungen führen also zu Mängelansprüchen des Bestellers.
Mit herzlichen Grüßen
Friedhelm Doell
ö.b.v. HOAI-Sachverständiger
doell@doellconsult.de
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